| # taz.de -- Streit um Skulptur an der Uni Flensburg: Frauenbild vs. Kunstfreihe… | |
| > An der Uni Flensburg ist die Skulptur einer Nackten entfernt worden, weil | |
| > sie Frauen aufs Gebären reduziere. Der Asta fordert die | |
| > Wiederaufstellung. | |
| Bild: Viel Wind gab's schon mal: Haupteingang der Uni Flensburg nach Schäden d… | |
| Hamburg taz | Die Bronzeplastik einer nackten Frau des Künstlers Fritz | |
| During ist aus dem [1][Foyer der Europa-Universität Flensburg (EUF)] | |
| entfernt worden. Beantragt hatte das der Gleichstellungs- und | |
| Diversitätsausschuss der Hochschule. Inzwischen steht auf dem Marmorsockel | |
| ein regenbogenfarbenes Fragezeichen aus dem 3-D-Drucker. Die Angelegenheit | |
| hat eine Kontroverse um Kunstfreiheit, Wokeness und Entscheidungsabläufe an | |
| der Uni ausgelöst. | |
| Gegen das Abräumen an sich wie auch gegen die Vorgehensweise der | |
| Hochschulgremien hat jetzt der Allgemeine Studierenden-Ausschuss (Asta) | |
| protestiert. Zuvor hatte der stellvertretende Asta-Vorsitzende Janko Koch | |
| eine Petition gestartet mit der Forderung, die „Primavera“ bis auf Weiteres | |
| wieder aufzustellen – so lange, bis eine öffentliche Debatte und ein | |
| Beschluss des Akademischen Senats über ihre Zukunft entschieden haben. Mehr | |
| als 2.000 Menschen haben sie schon unterzeichnet. „Kunst darf nicht einfach | |
| so verschwinden“, findet Koch. | |
| Die Bronzeplastik war bis Ende Februar im Eingangsbereich des | |
| Uni-Hauptgebäudes, im Haus Oslo, aufgestellt. Sie zeigt eine abstrahierte | |
| Frauenfigur mit nach vorn versetztem Bein und hinter dem Kopf verschränkten | |
| Armen. Es habe Studentinnen und Wissenschaftlerinnen gegeben, die sich beim | |
| Anblick der „Primavera“ unwohl fühlten, sagte die | |
| Gleichstellungsbeauftragte der Uni, Martina Spirgatis, dem | |
| Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag (SHZ). Der taz gegenüber wollte | |
| sich Spirgatis nicht äußern und verwies wegen der Dynamik, die das Thema | |
| entfaltet hat, an die Pressestelle. | |
| Spirgatis und dem Uni-Präsidium ist es wichtig festzuhalten, dass es nicht | |
| um die Plastik an sich gehe, sondern um den Zusammenhang von Figur und Ort | |
| – sprich die Frage, „ob die Gartenplastik als figürliche Darstellung eines | |
| Frauenkörpers an einem so prominenten Ort der Universität richtig platziert | |
| sei“. | |
| Spirgatis verwies darauf, dass sich die Plastik [2][an dem gleichnamigen | |
| Gemälde des Renaissance-Künstlers Sandro Boticelli orientiere]. Das Wort | |
| „Primavera“ – übersetzt „Frühling“ – stehe unter anderem für „… | |
| Gebären“. Die Figur, die ein ausgeprägtes Becken hat, lasse „nicht einen | |
| Hauch von Intellektualität zu“, sagte Spirgatis dem SHZ. Sie symbolisiere | |
| ein „überkommenes Frauenbild, das nicht geeignet ist, an so zentraler | |
| Stelle einer Universität als Empfangsdame“ zu stehen. | |
| „Dass die Darstellung von Weiblichkeit an unserer Universität vollständig | |
| von der Interpretation des [3][Gleichstellungs- und Diversitätsausschusses] | |
| abhängig ist, ist katastrophal“, kritisiert die stellvertretende | |
| Asta-Vorsitzende Alina Jacobs. Das Gremium hat sich mit der Petition zum | |
| Schutz der Kunstfreiheit ihres Co-Vorsitzenden Koch solidarisiert. | |
| Der Asta-Vorsitzende Frank Ellenberger sagt zwar: „Die Bedenken, die | |
| insbesondere Teile der weiblichen Mitglieder der Universität hinsichtlich | |
| der Statue geäußert haben, sind selbstverständlich ernst zu nehmen.“ | |
| Gleiches gelte aber auch für diejenigen, die in der Entfernung der Statue | |
| einen [4][Angriff auf die Kunstfreiheit] sehen, obendrein ohne öffentliche | |
| Diskussion. | |
| Nicht hinnehmbar sei, dass der Akademische Senat, in dem auch Studenten | |
| vertreten sind, bei der Entscheidung übergangen worden sei. Am Ende werde | |
| eine Interessen- und Güterabwägung „auch und insbesondere im Lichte des | |
| Grundrechts auf Kunstfreiheit“ getroffen werden müssen. Dazu brauche es | |
| einen freien Diskurs. Dieser müsse „in einer (eigentlich) öffentlichen | |
| Senatssitzung stattfinden“, findet der Asta-Vorsitzende Ellenberger. | |
| Inzwischen hat auch die Universität reagiert. Zur Frage, wie mit der | |
| „Primavera“ umzugehen sei, habe das Präsidium das Fach Kunst um | |
| Stellungnahme gebeten. Dieses habe empfohlen, „die Plastik (eine solide | |
| künstlerische Arbeit ihrer Zeit und ihres Entstehungskontextes) zwar | |
| weiterhin auf dem Gelände der EUF auszustellen, aber einen weniger | |
| zentralen Ort dafür zu wählen“. | |
| Ihr Schöpfer, Fritz During, Jahrgang 1910, war ein Schüler des von den | |
| Nazis als „entarteter Künstler“ verfemten Bildhauers und Glasmalers Ludwig | |
| Gies. Sichtbar sind Durings Werke vor allem in Schleswig-Holstein, wo viele | |
| von ihnen im Rahmen der Kunst-am-Bau-Programme der 1950er- und 1960er-Jahre | |
| entstanden. Durings Nachlass wird seit knapp 30 Jahren in Form einer | |
| Stiftung vom Kreis Plön verwaltet und in Ausstellungen zugänglich gemacht. | |
| Das Hochschulpräsidium bedauert in einer Stellungnahme, dass Durings | |
| Plastik „entfernt wurde, ohne dass im Vorfeld ein entsprechender Diskurs | |
| stattgefunden hat“. Das Fragezeichen, das jetzt den Platz auf dem | |
| Marmorsockel von Durings „Primavera“ einnimmt, sei von einer unbekannten | |
| Person aufgestellt worden, teilt die Universität mit. Es stelle aus ihrer | |
| Sicht keinen Ersatz dar. | |
| Nach der Sommerpause will das Präsidium die Gelegenheit für eine „breit zu | |
| führende öffentliche Diskussion“ schaffen. Der Akademische Senat und der | |
| Gleichstellungsausschuss sollen sich über das weitere Verfahren einigen. Im | |
| Herbst soll auch Durings Bronzeplastik wieder öffentlich zugänglich gemacht | |
| werden. Zurzeit steht sie im Büro des Hausmeisters der Universität. | |
| 28 Jul 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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