| # taz.de -- CDU-Landrat über Zusammenarbeit mit der AfD: „Krawallig, schrill… | |
| > Die AfD hat kommunalpolitisch wenig zu bieten, sagt der Eichsfelder | |
| > CDU-Landrat Werner Henning. Die Frage nach der Brandmauer stellt sich ihm | |
| > nicht. | |
| Bild: Werner Henning in Bornhagen, Landkreis Eichsfeld | |
| taz: Herr Henning, steht die Brandmauer der CDU gegen die AfD noch? | |
| Werner Henning: Da bin ich der falsche Ansprechpartner, weil ich nicht die | |
| CDU bin. Ich bin Mitglied der CDU, ich heiße Werner Henning, und ich bin | |
| Landrat im Landkreis Eichsfeld. | |
| Friedrich Merz [1][hat im Sommerinterview mit dem ZDF gesagt], dass auf | |
| kommunaler Ebene eine Zusammenarbeit mit der AfD möglich sein muss. | |
| Ich würde Herrn Merz dergestalt verstehen, dass er eine Realität anerkannt | |
| hat, die es immer gegeben hat, und diese Realität heißt kommunale | |
| Selbstverwaltung: Ein Kreistag ist kein Parlament. Parteipolitik steht | |
| nicht im Vordergrund, sondern bestenfalls im Hintergrund. Im vergangenen | |
| Jahr haben sich die Parteien auf Bundesebene viel zu sehr mit der Frage | |
| befasst, für wen sie eine Brandmauer auf kommunaler Ebene aufbauen können. | |
| Das steht ihnen aber nicht zu. Das ist übergriffig. Herr Merz hat im | |
| Interview die kommunale Selbstverwaltung auf der Gemeindeebene unterstützt, | |
| und dafür danke ich ihm außerordentlich. | |
| Ein Kreistag ist kein Parlament – aber da sitzen doch | |
| Parteivertreter*innen? | |
| Nein, da sitzen Personen, die Mitglieder von Parteien sind wie auch ich | |
| Mitglied der CDU bin. Aber ich bin zuerst dem Amt verpflichtet, dann erst | |
| der Partei. | |
| Aber die AfD versucht sicherlich, ihre Themen einzubringen? | |
| Wenn zum Beispiel der Herr [2][Höcke], der sitzt auch in meinem Kreistag, | |
| anfängt mit Themen, die die Bundes- oder die Landespolitik berühren, | |
| untersage ich ihm förmlich die weitere Rede, weil das Themen sind, die | |
| außerhalb unseres Wirkungskreises liegen. Damit bin ich bisher immer gut | |
| gefahren. | |
| Es gibt bei Ihnen keine Diskussionen um – beispielsweise – | |
| Flüchtlingsunterbringung? | |
| Es gibt schon Fragen zu Flüchtlingen, die wir im Landkreis haben. Ich mache | |
| zuallererst deutlich, dass das nicht in der Kompetenz des Kreistages liegt, | |
| sondern in meiner. Da bin ich quasi Dienstleister für den Staat, der Staat | |
| ist mein Auftraggeber, und er befindet darüber, ob ich seinen Auftrag | |
| richtig oder falsch ausübe. De facto weiß ich aber, dass es ein | |
| nachvollziehbares allgemeines Interesse auch im Kreistag gibt, und ich | |
| antworte, so gut ich kann. Aber ich unterwerfe meine Berichterstattung | |
| nicht dem Votum des Kreistages. | |
| Wie laufen Abstimmungen ab? | |
| Zuerst einmal wird in den Ausschüssen und im Kreistag diskutiert. Da | |
| stellen sich Fragen: Wie finanziert man das? Wie geht man technisch damit | |
| um? Wenn diese Antworten alle erbringbar sind, dann freue ich mich als | |
| Vorsitzender des Kreistages, wenn alle im Kreistag einstimmig zustimmen, | |
| und dann lobe ich die AfD genauso und bedanke mich genauso für ihr | |
| positives Votum für diesen Vorschlag. Wenn jemand von der SPD einen Antrag | |
| einbringt oder die Linken oder eine der anderen Fraktionen, ist das total | |
| unproblematisch. In der Regel wird es problematisch, wenn die AfD etwas | |
| einbringt, auch wenn sie etwas Gutes einbringt, dann spüren Sie doch | |
| Ladehemmungen bei den übrigen Kreistagsmitgliedern. | |
| Für Sie macht es keinen Unterschied, ob ein Antrag von der SPD oder der AfD | |
| kommt? | |
| Sofern er anständig ist, nachvollziehbar und in der Zuständigkeit des | |
| Kreises liegt. Aber ich habe in meiner Zeit noch nicht gesehen, dass die | |
| AfD etwas in unserer Zuständigkeit Liegendes mit hoher Kompetenz | |
| eingebracht hätte. Die AfD kommt immer mit Themen, die uns nichts angehen. | |
| Es ist mir meistens zu krawallig, zu inkompetent, zu schrill. Ich will | |
| Substanz haben, ich will humanistische Grundlagen erspüren, ich will | |
| ingenieurtechnische Sachkompetenz verspüren. Ich möchte nicht dieses | |
| billige Ideologisieren, egal von wem. | |
| Sie hatten sich kürzlich in der taz bereits [3][zum neuen AfD-Landrat in | |
| Sonneberg geäußert] und eine Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen. | |
| Was ist mit dieser „Zusammenarbeit“ denn gemeint, von der immer alle | |
| sprechen? Ich habe ein Verständnis dafür, wie Landräte miteinander zu | |
| kommunizieren haben. Ich nehme zur Kenntnis, dass es [4][in der Gemeinde | |
| Kreis Sonneberg nun einen neuen Gemeindevorsteher] gibt. Ich kritisiere, | |
| dass er sich schon am Abend seiner Wahl zu sehr in die Fänge einer Partei | |
| begeben hat und sich mit seiner Partei-Obrigkeit umgeben hat. Das ist ein | |
| Widerspruch zu seinem Amt als Landrat, und der Herr Sesselmann hat an dem | |
| Abend dem Amt einen bösen Dienst erwiesen. | |
| Aus ihrer Sicht sollte es zumindest keinen Unterschied machen, ob der | |
| Landrat von der AfD oder von irgendeiner anderen Partei ist? | |
| Es macht überhaupt keinen Unterschied! Natürlich werbe ich dafür, dass der | |
| Wähler möglichst jemanden wählen möge, der auf einer humanistischen | |
| Grundlage steht, die da heißt: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg | |
| auch keinem anderen zu. Wenn Herr Sesselmann für diese humanistische | |
| Grundlage steht und als Landrat in dem Sinne für seine Gemeinde eintreten | |
| will, dann muss er überlegen, ob er Mitglied der AfD sein kann. | |
| 24 Jul 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Johanna Treblin | |
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