# taz.de -- Wahlkampf von Friedrich Merz: Kein Herz für Merz in Hessens CDU | |
> Die hessische CDU grenzt sich von Friedrich Merz's Aussage zur AfD ab. | |
> Die Unterstützung für seine Kanzlerkandidatur bröckelt. | |
Bild: Neu im Amt, der hessische Ministerpräsident Boris Rhein | |
WIESBADEN-BIEBRICH taz | Wegen der dunklen Gewitterwolken ist die | |
Gesellschaft kurzfristig von der Terrasse in die „gute Stube“ der Nassauer | |
Herzöge umgezogen. Im Biebricher Schloss, unter mächtigen, barocken | |
Marmorsäulen, will der CDU-Landesvorsitzende, Ministerpräsident Boris | |
Rhein, Funktionäre, Abgeordnete und kommunale Führungskräfte der Hessen-CDU | |
auf den Wahlkampf einschwören. | |
Vor einem Jahr hat der 52-Jährige die Führungsämter von Volker Bouffier | |
übernommen, nach internem Machtkampf, aber ohne öffentlichen Streit. | |
Gewählt hat ihn der hessische Landtag mit der knappen Einstimmenmehrheit | |
von CDU und Grünen. Bei der Landtagswahl am 8. Oktober soll nun die | |
Bestätigung an den Wahlurnen folgen. Doch Parteichef Friedrich Merz hat für | |
Irritationen gesorgt. | |
Eigentlich hatte Rhein im ZDF Morgenmagazin seine jüngste [1][Attacke auf | |
die SPD-Spitzenkandidatin Nancy Faeser] erläutern wollen, die ihm sein Amt | |
streitig machen und Ministerpräsidentin werden will. Er hatte die | |
Bundesinnenministerin in einem Interview aufgefordert, mit Grenzkontrollen | |
der Bundespolizei gegen die illegale Einwanderung vorzugehen. Doch der | |
Fernsehmoderator stellt ihm Fragen zu den Lockerungsübungen von Parteichef | |
Merz gegenüber der AfD. „[2][Die Brandmauer zur AfD steht“], ist Rheins | |
Antwort, er schließe jede Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten aus, das | |
gelte auch für die kommunale Ebene. | |
Am Abend im Schloss legt er zur AfD nach: „Diese Partei wird vom | |
Verfassungsschutz als Verdachtsfall geführt, ihre Jugendorganisation gilt | |
als gesichert rechtsextremistisch, damit wollen wir nichts zu tun haben“, | |
versichert Rhein; abfällig spricht er von „diesen Leuten“. „Von uns sehen | |
sie keinen auf Empfängen von Putinfreunden herumstehen, wir sind die | |
Europapartei“, betont er, es gebe einen „tiefen Graben“ zwischen CDU und | |
AfD. [3][Rhein grenzt sich von Merz ab], ohne dessen Namen zu nennen: „Wir | |
müssen endlich aufhören, fortlaufend über die AfD zu reden, du liebe Güte, | |
was ist das für eine Truppe, wo ist denn irgendein Thema, für das sie eine | |
Lösung anbieten?“, ruft Rhein den Parteifreunden zu. | |
## CDU-Politik pur in Hessen | |
Auf dem Podium verfolgt [4][Carsten Linnemann] Rheins Auftritt. „Seit | |
diesem Montag weiß ich, dass ich CDU-Generalsekretär bin“, spielt er auf | |
das turbulente Wochenende an. Doch der Parteigeneral verliert kein Wort | |
über die irritierenden Signale, die er für seinen Chef am Sonntagabend | |
hatte abräumen müssen. Vielmehr lobt er den „lieben Boris“ für das, was … | |
„das hessische Modell“ nennt. „Wir müssen uns auf das besinnen, was uns | |
ausmacht!“, sagt Linnemann und lobt die Regierungsarbeit in Hessen. | |
„CDU-Politik pur“ lebe die Union mit Ministerpräsident Rhein. Als Rezept | |
gegen Proteststimmen rechts und links müsse die „Unterscheidbarkeit“ der | |
Parteien herausgearbeitet werden, sagt Linnemann, ganz wie Rheins | |
Wahlkampfslogan. Dann listet er auf, was die Regierung in Hessen alles | |
richtig gemacht hat. | |
Nicht ein Wort verlieren Rhein und Linnemann zum Koalitionspartner in | |
Wiesbaden. Seit fast zehn Jahren regiert die CDU dort mit den Grünen, die | |
Merz doch zum „Hauptgegner“ erklärt hat. Bislang gingen die meisten Akteure | |
in Wiesbaden von einer Fortsetzung dieser Koalition aus. Doch nach den | |
aktuellen Umfragen, dem Absturz der Grünen, könnte es knapp werden. | |
Rechnerisch möglich wäre danach eher Schwarz-Rot oder eine SPD-geführte | |
Ampel, ohne die CDU als der nach wie vor stärksten Kraft im Landtag. | |
Solchen Sorgen tritt der Parteigeneral zuversichtlich entgegen: „Die CDU | |
sorgt dafür, dass Hessen ampelfrei bleibt“, so Linnemann. | |
## Merz als Kanzlerkandidat wackelt | |
Bei dem anschließenden Stehempfang auf der Schlossterrasse – die dunklen | |
Wolken haben sich verzogen – überwiegt Zuversicht auch bei den | |
Führungskräften der hessischen CDU. Vernehmbar ist allerdings der Ärger | |
über den Parteivorsitzenden Merz. „Mittlerweile muss man vor jedem | |
Sommerinterview zittern, weil man nicht weiß, was am Ende dabei | |
herauskommt“, dieser Stoßseufzer des früheren saarländischen | |
CDU-Ministerpräsidenten Tobias Hans hat auch in Wiesbaden die Runde | |
gemacht. | |
Ein hessischer Landtagsabgeordneter mit guter Chance auf Wiederwahl unkt | |
beim Smalltalk im Schlossgarten über die nächste Bundestagswahl: „Sicher | |
nicht mit Merz als Kanzlerkandidat!“ Schon vor zwei Jahren, als die | |
Entscheidung über den Parteivorsitz zwischen Merz und Armin Laschet | |
anstand, hatte sich die Hessen-CDU mehrheitlich gegen Merz gestellt. | |
Aktualisiert am 26.07.2023 um 09:25 Uhr. d. R. | |
25 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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