# taz.de -- Kooperation mit der AfD: Breite Kritik an Merz-Vorstoß | |
> CDU-Chef Merz öffnet die Tür für eine Zusammenarbeit mit der AfD auf | |
> kommunaler Ebene. Auch aus der eigenen Partei gibt es dafür Gegenwind. | |
Bild: Versetzt diesmal auch die CDU in Aufruhr: Parteichef Friedrich Merz | |
BERLIN taz | [1][CDU-Parteichef Friedrich Merz] ist mit seinen Äußerungen | |
zu einem möglichen gemeinsamen Vorgehen mit der AfD auf kommunaler Ebene | |
auf heftige Kritik in der eigenen Partei gestoßen. [2][Berlins Regierender | |
Bürgermeister Kai Wegner] schrieb auf Twitter: „Die AfD kennt nur Dagegen | |
und Spaltung. Wo soll es da ZUSAMMENarbeit geben? Die CDU kann, will und | |
wird nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, | |
Spaltung und Ausgrenzung ist.“ Die AfD dagegen sieht die Merz-Äußerungen | |
positiv und will mit der CDU künftig Zusammenarbeit möglich machen. | |
Merz hatte im ZDF-Sommerinterview am Sonntag erneut bekräftigt, dass die | |
Union nicht mit der AfD kooperieren werde. Er beschränkte dies nun aber auf | |
„gesetzgebende Körperschaften“, etwa auf europäischer, Bundes- oder | |
Landesebene. Wenn in Thüringen ein Landrat und in Sachsen-Anhalt ein | |
Bürgermeister von der AfD gewählt worden sei, dann seien das demokratische | |
Wahlen, meinte Merz. „Das haben wir doch zu akzeptieren. Und natürlich muss | |
in den Kommunalparlamenten dann auch nach Wegen gesucht werden, wie man | |
gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet.“ Was er damit genau | |
meint, blieb in dem Interview jedoch offen. | |
Die Vizepräsidentin des Bundestages, Yvonne Magwas, die auch dem | |
CDU-Präsidium angehört, schrieb auf Twitter: „Ob Ortschaftsrat oder | |
Bundestag, rechtsradikal bleibt rechtsradikal. Für Christdemokraten sind | |
Rechtsradikale IMMER Feind!“ Die Bundesvorsitzende der Frauen Union, | |
Annette Widmann-Mauz (CDU), meinte mit Blick auf die AfD: „Die Partei u. | |
ihre menschenverachtenden & demokratiefeindlichen Inhalte bleiben die | |
gleichen, egal auf welcher Ebene.“ Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen | |
betonte, seine Partei habe ein Kooperationsverbot mit der AfD beschlossen. | |
„Jeder, der das ändern will, muss dafür auf einem Bundesparteitag der #CDU | |
eine Mehrheit finden.“ | |
Der CDU-Politiker und ehemalige saarländische Ministerpräsident Tobias Hans | |
schrieb auf Twitter zu den Aussagen von Merz: „Der Parteitagsbeschluss | |
besagt, dass jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen ist. Das | |
hier ist die schleichende Verwässerung von Parteitagsbeschlüssen nach | |
Wahlerfolgen der extremen Rechten.“ | |
## Parteibeschluss schließt Kooperation aus | |
Ähnlich empört reagierte CDU-Bundesvorstandsmitglied Serap Güler: „Keine | |
Zusammenarbeit mit der #AfD heißt: keine Zusammenarbeit mit der AfD. Auf | |
keiner Ebene. Ganz einfach. Jetzt nicht und auch in Zukunft nicht.“ | |
Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak schrieb auf | |
Twitter, die AfD bedrohe den liberalen Rechtsstaat und die freiheitliche | |
Gesellschaftsordnung – auch in den Kommunen. „Der | |
#Unvereinbarkeitsbeschluss der @cdu ist eindeutig.“ | |
In dem Beschluss heißt es unter anderem: „Jeder, der in der CDU für eine | |
Annäherung oder gar Zusammenarbeit mit der AfD plädiert, muss wissen, dass | |
er sich einer Partei annähert, die rechtsextremes Gedankengut, | |
Antisemitismus und Rassismus in ihren Reihen bewusst duldet. (…). Die CDU | |
lehnt jegliche Koalitionen oder ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit der | |
AfD ab.“ | |
Christoph Heubner, der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz | |
Komitees, teilte in Berlin mit, die „realitätsfernen und fahrlässigen | |
Äußerungen von Friedrich Merz machen deutlich, dass er die | |
Zerstörungsstrategien der AfD noch immer nicht realisiert hat“. Diese AfD | |
habe nicht das Gemeinwohl aller Bürgerinnen und Bürger und die Gestaltung | |
der Demokratie im Sinn. „All denen aus seiner Partei und den anderen | |
demokratischen Parteien, die ihm entschieden widersprechen, gebührt Respekt | |
und Unterstützung.“ | |
## Die AfD frohlockt | |
Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla schrieb zu der Debatte auf Twitter: „Nun | |
fallen erste Steine aus der schwarz-grünen Brandmauer. In Ländern und Bund | |
werden wir die Mauer gemeinsam niederreißen. Gewinner werden die Bürger | |
sein, die Wohlstand, Freiheit und Sicherheit durch interessengeleitete | |
Politik wiedergewinnen.“ | |
Kritik an Merz übte auch die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang in der ARD: | |
„Erst reduziert er diese Partei auf eine bessere Alternative für | |
Deutschland und jetzt baut er die Brandmauer – die ja selbst von der Union | |
immer wieder beschworen wurde – ein kleines Stück ab.“ | |
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann schrieb: „Die | |
Kommunalpolitik ist die Wiege unserer Demokratie. Gerade hier darf die | |
Brandmauer zur antidemokratischen AfD nicht fallen. Denn sonst fällt sie in | |
den „gesetzgebenden Ebenen“ erst recht.“ | |
## CDU-Generalsekretär Linnemann schaltet sich ein | |
Der neue [3][CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann] verteidigte Merz | |
dagegen: Für die CDU sei klar, dass es „keine Zusammenarbeit mit der AfD“ | |
gebe, „egal auf welcher Ebene“, sagte Linnemann der Bild (Montag). „Das | |
sieht auch Friedrich Merz so, wenngleich er zu Recht auf die schwierige | |
Umsetzung vor Ort hinweist. Denn wenn es im Kommunalparlament etwa um eine | |
neue Kita geht, können wir nicht nur deshalb dagegen stimmen, weil die AfD | |
mitstimmt. Wir machen uns von Rechtsradikalen nicht abhängig.“ | |
Merz hatte in der vergangenen Woche bei der [4][Klausur der | |
CSU-Landesgruppe] die Union als „Alternative für Deutschland mit Substanz“ | |
bezeichnet. Dafür erntete er ebenfalls Kritik. Zu Beginn seiner Amtszeit | |
als Parteivorsitzender hatte er „eine Brandmauer zur AfD“ versprochen. Das | |
Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD im März 2021 als | |
rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Ein Verbot der Partei | |
lehnte Merz in dem ZDF-Interview ab: „Parteiverbote haben noch nie dazu | |
geführt, dass man ein politisches Problem löst.“ | |
Die AfD liegt in einer Insa-Umfrage bundesweit bei 22 Prozent und damit nur | |
noch vier Prozentpunkte hinter der Union. Damit legte die AfD in der | |
wöchentlichen Umfrage im Auftrag der Bild am Sonntag um zwei Punkte zu. In | |
den Erhebungen anderer Meinungsforschungsinstitute hatte die AfD zuletzt | |
ebenfalls bei 20 Prozent gelegen. CDU/CSU kommen bei Insa auf 26 Prozent | |
(minus 1 Punkt). | |
Zuletzt wurde im Landkreis Sonneberg (Thüringen) der [5][AfD-Politiker | |
Robert Sesselmann zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt]. In | |
Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt wurde ein AfD-Politiker zum hauptamtlichen | |
Bürgermeister bestimmt. | |
24 Jul 2023 | |
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