| # taz.de -- Debatte zum Asylrecht in der CDU: Geistiger Spagat | |
| > Unions-Fraktionsgeschäftsführer Frei bekräftigt den Vorstoß zur | |
| > Abschaffung des individuellen Asylrechts. Ein Praktiker sieht in der Idee | |
| > nichts Gutes. | |
| Bild: Thorsten Frei und Friedrich Merz | |
| Berlin taz | Die CDU demonstriert derzeit eindrücklich, wie sie bei | |
| Migrationsfragen den Diskurs verschieben will. „Ich habe in ein Wespennest | |
| gestochen, und diese Debatte muss dringend geführt werden“, erklärte der | |
| Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktionen, Thorsten Frei, am | |
| Donnerstag mit Blick auf seinen Debattenbeitrag zur Abschaffung des | |
| individuellen Rechts auf Asyl. | |
| [1][Bei der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im oberbayerischen Andechs] | |
| hatte CDU-Chef Friedrich Merz demgegenüber betont, ein Positionspapier, mit | |
| dem sich die Unionsfraktionen zum Grundrecht auf Asyl bekennen, gelte | |
| weiterhin. | |
| Der geistige Spagat, den die Unionsspitze in der Frage nach der | |
| Asylgesetzgebung demonstriert, scheint dabei durchaus so gewollt. Frei | |
| erklärte gegenüber der taz, auch er stehe „selbstverständlich“ hinter dem | |
| Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion aus diesem Frühjahr. In dem Dokument | |
| mit dem Titel [2][„Für Humanität und Ordnung in der Asyl- und | |
| Flüchtlingspolitik“ heißt es], „die CDU/CSU-Bundestagsfraktion steht zum | |
| Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte und zu den völkerrechtlichen | |
| Verpflichtungen gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention“. Parteichef Merz | |
| hatte am Mittwoch gesagt, diese Haltung sei in der Union „unverändert | |
| gültig“. | |
| Frei will in seinem Debattenbeitrag, [3][den er am Dienstag in der | |
| Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) veröffentlicht hatte], keinen | |
| Widerspruch zum Positionspapier der Unionsfraktionen sehen. Darin hatte | |
| Frei eine Abschaffung des individuellen Rechts auf Asyl gefordert. Laut | |
| seinem Vorschlag sollte die EU stattdessen ein Kontingent von jährlich bis | |
| zu 400.000 Geflüchteten direkt aus dem Ausland aufnehmen und in den | |
| Mitgliedsstaaten verteilen. „Eine Antragstellung auf europäischem Boden | |
| wäre nicht länger möglich, der Bezug von Sozialleistungen und | |
| Arbeitsmöglichkeiten umfassend ausgeschlossen.“ | |
| ## „Verballhornung des Asylgesetzes“ | |
| Frei sagte der taz, das Fraktionspapier setze sich mit „eher kurz- und | |
| mittelfristig wirkenden Maßnahmen“ im bestehenden Rechtsrahmen auseinander. | |
| „Ein perspektivischer Debattenbeitrag sollte dagegen zu einer grundlegenden | |
| und langfristigen Reform des europäischen Asylsystems führen.“ Frei | |
| bekannte sich erneut zur Genfer Flüchtlingskonvention und verwies darauf, | |
| dass sich daraus kein individueller Anspruch auf Asyl ergebe. „Eine | |
| Kontingentlösung ist damit vereinbar.“ | |
| Für Seenotretter Axel Steier von der Organisation Mission Lifeline ist die | |
| Stoßrichtung von Freis Vorschlag klar. „Indem man eine Zahl in den Raum | |
| wirft, tut man so, als würde man etwas Gutes damit wollen. Kontingente | |
| werden aber sowieso nie umgesetzt“, sagte er der taz. Das sehe man heute | |
| bereits an der fehlenden Bereitschaft, Menschen aufzunehmen, die im | |
| Mittelmeer gerettet würden und die auf die EU-Staaten verteilt werden | |
| sollen. Für Steier ist Freis Vorstoß eine „Verballhornung des | |
| Asylgesetzes“. „Die CDU versucht, das Recht weiter auszuhöhlen, damit | |
| weniger Menschen kommen, aber damit hilft man ja nicht den Menschen auf der | |
| Flucht.“ | |
| 20 Jul 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /CSU-Klausurtagung-in-Andechs/!5945189 | |
| [2] https://table.media/berlin/wp-content/uploads/sites/21/2023/03/Positionspap… | |
| [3] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/cdu-will-individuelles-recht-auf… | |
| ## AUTOREN | |
| Cem-Odos Güler | |
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