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# taz.de -- Asylrecht des Einzelnen infrage gestellt: CDU dreht frei
> Der parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei, kritisiert
> das Individualrecht auf Asyl. Aus seiner Partei kommt viel Zuspruch.
Bild: Rückt die CDU-Position zum Asylrecht mit seinem Debattenbeitrag nach rec…
Berlin taz | Es ist ein Debattenbeitrag, mit dem die CDU ihr Profil in
Migrationsfragen scharf nach rechts rückt: Der Erste Parlamentarische
Geschäftsführer der Unionsfraktionen im Bundestag, Thorsten Frei, hat am
Dienstag ein Ende des Rechts des Einzelnen auf Asyl in den Ländern der
Europäischen Union gefordert. „Aus dem Individualrecht auf Asyl muss eine
Institutsgarantie werden. Eine Antragstellung auf europäischem Boden wäre
nicht länger möglich, der Bezug von Sozialleistungen und
Arbeitsmöglichkeiten umfassend ausgeschlossen“, [1][schrieb der Politiker
in einem Debattenbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).]
Frei erhielt von Kolleginnen und Kollegen aus seiner Partei Zuspruch, aus
den anderen Lagern wurde er scharf kritisiert.
Frei meinte, das europäische Asylrecht und damit auch die deutsche
Asylpraxis gründeten auf einer „Lüge“. „Wir gestalten unser Asylrecht a…
Individualrecht aus und sind zugleich nicht bereit, den Anspruch in
unbegrenztem Umfang einzulösen, der daraus resultiert.“ Der CDU-Politiker
aus Baden-Württemberg schlug vor, dass die Europäische Union stattdessen
jährlich ein Kontingent von 300.000 oder 400.000 Schutzbedürftigen direkt
aus dem Ausland aufnehmen und in den teilnehmenden Staaten verteilen solle.
Die Organisation Pro Asyl kritisierte, Frei lege mit seinem Vorstoß „die
Axt an den internationalen Flüchtlings- und Menschenrechtsschutz“. Die
Pläne bedeuteten „den Ausstieg aus der Genfer Flüchtlingskonvention, der
Europäischen Menschenrechtskonvention sowie der EU-Grundrechtecharta“,
sagte Pro-Asyl-Sprecher Karl Kopp. „Es ist bitter, dass die Union damit die
Positionen der Rechtsextremen übernimmt.“
Aus der CDU erhielt der Parlamentarische Geschäftsführer viel Zuspruch. Die
gesellschaftlich liberal gesinnte Kultusministerin aus Schleswig-Holstein,
Karin Prien (CDU), bezeichnete den Beitrag Freis bei Twitter als
„diskussionswürdig“. Sie sprach sich dort zwar für ein „Recht auf
politisches Asyl“ aus, bezeichnete aber die gegenwärtige Rechtskonstruktion
im Grundgesetz als „in der Praxis dysfunktional“. Der stellvertretende
Unionsfraktionsvorsitzende Jens Spahn stimmte bei Twitter mit der
Diskussionslogik Freis überein.
## Die Bundesregierung kritisiert den Vorstoß
Doch Frei erntete auch harten Widerspruch aus den eigenen Reihen. „Unser
Asylrecht gründet nicht, wie Thorsten Frei meint, auf einer Lüge, sondern
auf dem christlichen Menschenbild und der Genfer Flüchtlingskonvention“,
sagte Christian Bäumler, stellvertretender Bundesvorsitzende der
Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) der taz.
Die Umwandlung des Asylrechts ginge nur über eine Abschaffung der
europäischen Grundrechte-Charta. „Die Politik sollte nicht den Ast absägen,
auf dem wir alle sitzen“, so Bäumler. „Die Abschaffung des Asylrechts wür…
zudem keinen einzigen Menschen davon abhalten, nach Europa zu flüchten.“
Auch aus allen drei Regierungsparteien und der Linkspartei kam Kritik an
Freis Vorstoß. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese bezeichnete den Vorschlag als
„realitätsfremd“, da er illegale Migration nicht stoppen werde. „Warum es
unmenschlich sein soll, dass jemand erst mal vorträgt, warum er Schutz
braucht, das geht mir nicht in den Kopf“, sagte der Grünen-Vorsitzende Omid
Nouripour. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai verwies gegenüber dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland auf die Reform des gemeinsamen Europäischen
Asylsystems. „Es wäre gut, wenn die CDU mit Ernsthaftigkeit diese
Bemühungen unterstützen würde.“
18 Jul 2023
## LINKS
[1] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/fluechtlingspolitik-cdu-will-ind…
## AUTOREN
Cem-Odos Güler
## TAGS
Asylrecht
CDU
Menschenrechte
CDU/CSU
Friedrich Merz
Geschäftsführer
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Carsten Linnemann
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