# taz.de -- CDU-Vorstoß gegen Asylrecht: Union schürt Vorurteile | |
> Unions-Geschäftsführer Thorsten Frei schlägt vor, das individuelle Recht | |
> auf Asyl durch Kontingente zu ersetzen. Seine Idee beruht auf zwei groben | |
> Denkfehlern. | |
Bild: Unterkünfte für ankommende Migrant:innen, wie hier in Dresden, sind rar… | |
Thorsten Frei verspricht das Blaue vom Himmel. Endlich sollen in Europa die | |
wirklich Hilfsbedürftigen Zuflucht bekommen, die illegale Migration wäre | |
unterbunden und den Rechtspopulist:innen der Boden entzogen. Dies | |
alles will der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion | |
erreichen, indem das individuelle Asylrecht abgeschafft und durch | |
Kontingente ersetzt wird. | |
Er hat damit sofort eine veritable Debatte ausgelöst und viel Kritik | |
erfahren. Viele sehen etwa das Grundrecht auf Asyl in Gefahr. Diese | |
Kritiker:innen haben allerdings vergessen, dass das deutsche Grundrecht | |
auf Asyl [1][bereits 1993 weitgehend abgeschafft wurde]. Unser Asylrecht | |
beruht heute auf EU-Recht. | |
Thorsten Frei weiß das, er fordert die Abschaffung des Individualrechts auf | |
Asyl in der EU. Die Hürde hierzu ist zwar hoch. Denn die | |
EU-Grundrechte-Charta müsste einstimmig geändert werden. Aber wenn es gegen | |
Flüchtlinge geht, ist das inzwischen leider nicht undenkbar. | |
Frei hat auch einen bedenkenswerten Punkt: Solange die EU zwar einen | |
Individualanspruch auf Asyl gewährt, aber gleichzeitig den Zugang | |
erschwert, kommen vor allem starke und zahlungskräftige Flüchtlinge nach | |
Europa, so Frei. Wer zu schwach oder arm ist, sei chancenlos. Die EU solle | |
deshalb pro Jahr bis zu 400.000 wirklich hilfsbedürftige Flüchtlinge | |
aufnehmen. | |
## Die liquiden Flüchtlinge kommen trotzdem | |
Der Vorschlag beruht auf zwei groben Denkfehlern. Auch wenn sich die EU für | |
eine Kontingentlösung entscheidet, kommen die starken und zahlungskräftigen | |
Flüchtlinge und Migrant:innen dennoch illegal nach Europa. Sie erhielten | |
nach Freis Lösung nur keine Unterstützung mehr und dürften auch nicht | |
arbeiten. Das macht Europa wohl nicht sicherer. | |
Auch die Zahl an Kontingentflüchtlingen pro Jahr ist völlig illusorisch. | |
Wer die Aufnahmebereitschaft der EU-Staaten kennt, würde schon 30.000 bis | |
40.000 Personen als Erfolg betrachten. Humanitär wäre das nicht der | |
versprochene Fortschritt. | |
Doch ist der Status quo wirklich so problematisch? Die meisten Flüchtlinge | |
kommen immer noch [2][aus Syrien und Afghanistan]. Nur 20 Prozent der | |
Asylanträge werden aus inhaltlichen Gründen abgelehnt. Der Anteil von | |
Frauen und Kindern unter den Asylantragstellenden beträgt 43,6 Prozent. | |
Dazu befinden wir uns in einer Phase zunehmender | |
[3][Arbeitskräfteknappheit]. | |
Der Vorwurf, dass das EU-Asylrecht die Falschen schütze, ist vor allem | |
geeignet, Vorurteile gegenüber den hier lebenden Flüchtlingen zu | |
legitimieren. Indem man Hilfe für andere Flüchtlinge fordert, kann man | |
guten Gewissens Stimmung gegen die real hier lebenden Flüchtlinge machen. | |
19 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Der-Asylkompromiss-von-1993/!5853601 | |
[2] /Rassismus-auf-der-Flucht/!5856677 | |
[3] /Studie-zu-Einwanderung-nach-Deutschland/!5945834 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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