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# taz.de -- Zukunft des Kirchenasyls: Schrumpfende Spielräume
> In NRW hat die Polizei ein irakisches Paar aus dem Kirchenasyl geholt.
> Neue EU-Regeln schränken diese letzte Zuflucht künftig noch stärker ein.
Bild: Szenen in einem Amtsgericht
Just in jener Woche, in der Teile der Union laut über ein Ende des
individuellen [1][Rechts auf Asyl] nachdenken, holt die Polizei in NRW ein
kurdisches Paar aus einer Kirche, in der es Zuflucht gefunden hatte. Es
soll nach Polen abgeschoben werden – wo ihm erneut die Abschiebung droht.
Kirche und Staat hatten sich lange darauf geeinigt, dass das Kirchenasyl
als Ultima Ratio für Härtefälle respektiert wird. Seit Jahren gibt es dazu
eine formelle Vereinbarung, die das Nähere regelt. Doch der
dahinterstehende Konsens bröckelt immer weiter. Zu sehen war das unter
anderem an der Serie von Kriminalisierungsversuchen gegen Geistliche in den
vergangenen Jahren, die teils bis zu fünf Strafverfahren laufen hatten,
weil ihre Gemeinden Kirchenasyl gewährten.
Faktisch steht das Kirchenasyl fast nur noch sogenannten Dublin-Fällen
offen, die in einen anderen EU-Staat abgeschoben werden sollen, in
Deutschland aber Aussicht auf Anerkennung hätten.
Schon bisher sind diese Geflüchteten darauf angewiesen, eine Gemeinde zu
finden, die für mindestens sechs Monate bereit ist, die Verantwortung für
sie zu übernehmen. Und das heißt, neben Alltäglichem wie Einkaufen vor
allem auch den zwischenmenschlichen Kontakt aufrecht zu erhalten. Ohne
diesen können für die oft stark vorbelasteten Geflüchteten sechs Monate
sehr lang werden. Erstaunlich genug, dass sich dafür immer wieder viele
Engagierte in den Gemeinden finden – selbst wenn ihnen dafür juristischer
Ärger droht.
Künftig dürften es deutlich weniger Engagierte sein. Denn die derzeit auf
[2][EU-Ebene verhandelten Änderungen] beim sogenannten Dublin-System laufen
darauf hinaus, dass die EU-Staaten künftig 24 statt 6 Monate Zeit haben,
die sogenannten Dublin-Fälle zurückzuschicken. Das ist ein Zeitraum, den
nur die wenigsten Härtefälle und Kirchengemeinden durchstehen können.
Die bisher verbleibende Möglichkeit, Menschen wie dem kurdischen Paar eine
letzte Zuflucht zu bieten, mögliche Fehlentscheidungen der Asylbehörden zu
korrigieren – sie schrumpft rasend schnell.
20 Jul 2023
## LINKS
[1] /CDU-Vorstoss-gegen-Asylrecht/!5945164
[2] /Zaehes-Ringen-um-neues-Asyl-System/!5939573
## AUTOREN
Christian Jakob
## TAGS
Asylrecht
Schwerpunkt Flucht
Abschiebung
Dublin-System
Kirchenasyl
NRW
Abschiebung
Asyl
Schwerpunkt Rassismus
Asyl
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