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# taz.de -- Landtagswahl in Thüringen: Björn Höcke sucht Asyl in Greiz
> Thüringens AfD-Vorsitzender tritt zur Landtagswahl nicht in seinem
> bisherigen Wahlkreis an. Dort wäre ein Sieg über die CDU wohl zu
> unsicher.
Bild: Hat Sorge, in seinem heimischen Wahlkreis nicht gewählt zu werden: der R…
Dresden taz | Der AfD-Politiker Björn Höcke flieht aus seinem eigenen
Wahlkreis. Bei der Landtagswahl am 1. September will er nicht wieder im
[1][Eichsfeld im nordwestlichsten Zipfel Thüringens antreten]. Stattdessen
hofft der Rechtsextreme auf das Direktmandat im Luftlinie rund 175
Kilometer entfernten Greiz, das zum sächsisch-thüringischen Vogtland zählt.
Das hat politisches Kalkül. AfD-Landessprecher Torben Braga spricht selbst
von wahltaktischen Überlegungen: Es sei nun einmal schwer, im Eichsfeld ein
Direktmandat zu erringen. Bei der Landtagswahl 2019 holte Björn Höcke im
Eichsfelder Wahlkreis nur 21 Prozent der Erststimmen. Sieger blieb der
CDU-Aufsteiger Thadäus König mit 49 Prozent.
Das strukturkonservative katholische Eichsfeld zeigt sich seit jeher
renitent gegen Verführer und Ideologen jeglicher Couleur. Schon die NSDAP
hatte es schwerer als anderswo, sich hier gegen die christliche
Zentrumspartei durchzusetzen. Auch zu DDR-Zeiten herrschte in vielen
Dörfern nach wie vor der Pfarrer, auch über die wenigen SED-Genossen.
Trotz des AfD-Umfragehochs kneift nun ihr Thüringer Spitzenkandidat vor
dieser immer noch wahrscheinlichen regionalen CDU-Übermacht. Zwar führt
Höcke auch die AfD-Landesliste an. Es könnte aber durchaus passieren, dass
diese gar nicht ziehen wird: Dann nämlich, wenn die Partei deutlich mehr
als die bisherigen elf Direktmandate gewinnt. Dann müsste ein Abgeordneter
für Höcke zurückziehen, um ihm eine Peinlichkeit zu ersparen.
## Auch in Greiz kein Selbstläufer
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) [2][spottete denn auch
auf der Plattform „X“]: Wie schon bei der Ministerpräsidentenwahl 2020
kneife Höcke in Bewährungssituationen. „Der Ungewählte – nun bekommt der
Begriff einen Sinn!“, so Ramelow. Er sei ein „wahrhaft teutonischer Held“,
legte Innenminister Georg Maier nach.„Höcke sucht sich schwächere Gegner“,
titelte die Nachrichtenplattform T-Online.
Mehrere AfD-Kreisverbände hatten Höcke „Asyl“ angeboten, darunter der
Saale-Orla-Kreis und das Altenburger Land. Warum die Wahl auf die
20.000-Einwohner-Stadt Greiz und den dortigen Wahlkreis Greiz II fiel,
begründet die AfD nicht.
Zwar hatte sie 2019 dort gegenüber der CDU aufgeholt, der AfD-Bewerber lag
nur noch fünf Prozent hinter dem jetzt erneut antretenden Unionskandidaten
Christian Tischner. 2021 holte bei der Bundestagswahl der stellvertretende
AfD-Bundessprecher Stephan Brandner im Wahlkreis Gera-Greiz-Altenburger
Land mit 29 Prozent das Direktmandat. Tischner aber führt das auf die
geringe Popularität des damaligen CDU-Spitzenkandidaten Armin Laschet im
Osten zurück.
„Schwarz“ sei Greiz seit 1990 immer gewesen, erinnert Tischner. Seither
amtiert [3][Deutschlands dienstälteste Landrätin Martina Schweinsburg
hier]. Nur darf sie mit 65 Jahren nicht erneut bei der Kommunalwahl Ende
Mai antreten. Stattdessen will die bekannt streitlustige und
erzkonservative CDU-Kandidatin am 1. September nun im Nachbarwahlkreis
Greiz I das Direktmandat für den Landtag erringen.
## Rechte Szene
Doch verbessert Björn Höcke mit der Kandidatur im Wahlkreis Greiz II seine
Chancen auf ein Direktmandat wirklich entscheidend? Extremistische
Spießgesellen findet er in der Region sicherlich. Die taz hatte [4][nach
Aufdeckung der geplanten Reichsbürger-Verschwörung Ende 2022] schon über
Verstrickungen der Region im ehemaligen Fürstentum Reußen recherchiert. Ein
[5][Frank Haußner beispielsweise] gilt als führender Kopf der „Patrioten
Ostthüringen“ und der Gruppe „Freies Thüringen“.
Auch Holger Steiniger, stellvertretender Vorsitzender der Linken im
Kreisverband Greiz, spricht von einem „starken rechten Milieu“. Jeden
Sonnabend schwappe eine Gruppe junger Trommler aus dem sächsischen Plauen
herüber. Bekannt ist seit Jahrzehnten der 2014 noch von der AfD zur NPD
gewechselte und dann parteilose [6][ehemalige Kreisrat und Kameradschafter
David Köckert].
Sowohl Steiniger als auch Tischner rechnen jedoch auch mit
„Protestwahlverhalten“ zu Gunsten Höckes. Sie beide nennen, jeder aus
seiner Sicht, eine „große Unzufriedenheit“ als Auslöser dafür. Der Linke
macht auch die rigide CDU-Politik gegen Flüchtlinge verantwortlich, der
CDU-Mann das „ostdeutsche Sozialgefüge“ mit Altersarmut und
Nachwende-Enttäuschungen, aber auch Gefühle der Gängelei bei den Bürgern,
namentlich durch die Berliner Ampel.
## Abschreckung unwahrscheinlich
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Höcke zur ostthüringischen Mentalität
einen guten Zugang hat“, sagt Tischner. Er spricht von Bauernschläue der
Vogtländer. „Wir merken schon, wenn wir instrumentalisiert werden.“
Aufgetreten ist der AfD-Chefideologe in Greiz noch nicht. Manche in Greiz
hoffen, seine Radikalität könnte potenzielle AfD-Wähler noch abschrecken.
Tischner ist da weniger optimistisch und fürchtet, dass die Hetze Höckes
ihre Wirkung auf Bürger leider nicht verfehlen werde.
Einig sind der Linke Steiniger und der CDUler Tischner sich darin, einen
Prestigeerfolg der Höcke-AfD verhindern zu wollen. Ein Bündnis „Alle gegen
die AfD“ wird es aber nicht geben. Tischner lässt durchblicken, dass jedes
Kreuz auf dem Wahlzettel, das nicht bei ihm gesetzt werde, aus seiner Sicht
eine indirekte Stimme für Höcke sei. „Jeder aus seiner Position“, sagt au…
Holger Steiniger. Man könne nicht von allen Linken-Genossen offene
Unterstützung für den CDU-Kandidaten Tischner erwarten.
12 Mar 2024
## LINKS
[1] /CDU-Landrat-ueber-Zusammenarbeit-mit-der-AfD/!5946272
[2] https://twitter.com/bodoramelow/status/1764181404286406698
[3] /Bezahlkarte-fuer-Gefluechtete-in-Thueringen/!5997072
[4] /Groesstes-Terrorverfahren-aller-Zeiten/!5980122
[5] /Die-AfD-und-die-Identitaeren/!5955016
[6] /Neonazi-David-Koeckert-festgenommen/!5546595
## AUTOREN
Michael Bartsch
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