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# taz.de -- Schlagabtausch zwischen Höcke und Voigt: TV-Duell mit einem Faschi…
> Thüringens CDU-Chef Mario Voigt wollte Höcke beim TV-Duell am Donnerstag
> stellen. Immerhin: Die Katastrophe blieb aus. Aber gut ist das noch lange
> nicht.
Bild: Björn Höcke (AfD, l) und Mario Voigt (CDU, r), Spitzenkandidaten für d…
Berlin taz | Ganz am Ende, als die Sendezeit schon weit überzogen ist,
bringt [1][Mario Voigt] seine Nachricht noch einmal auf den Punkt. „Sie
sind nicht bürgerlich, Sie sind völkisch; wir sind demokratisch, Sie sind
autoritär“, sagt er kampfeslustig in Richtung [2][Björn Höcke], der im
Studio von WeltTV am Redepult neben ihm steht. Voigt, Thüringer Landeschef
der CDU und Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahlen im
September, will Ministerpräsident [3][Bodo Ramelow] von den Linken ablösen.
Für den CDU-Mann hätte der Abend schlechter verlaufen können. Er braucht im
TV-Duell mit seinem Gegenkandidaten von der AfD, dem Rechtsextremisten
Höcke, zwar eine Weile, bis er seinen Gesprächsmodus gefunden hat. Zunächst
landet er mit staatsmännischem Ton ausgerechnet beim Thema Wirtschaft in
der Defensive. Höcke wirft ihm vor, dass doch die CDU als langjährige
Regierungspartei mitverantwortlich für die Probleme im Land sei.
Immerhin: Die Katastrophe bleibt aus. Voigt verliert den Zweikampf nicht.
Doch gut ist damit noch lange nichts.
Dem CDU-Mann allerdings könnte das schon reichen. Denn schließlich geht es
für ihn an diesem Abend strategisch um zweierlei: Mit dem Duell seine
Bekanntheit zu steigern – denn viele Thüringer*innen, deren
Ministerpräsident er werden will, kennen ihn gar nicht. Und Amtsinhaber
Ramelow, der weiterhin beliebte Mann von den Linken, als Hauptgegner
abzuräumen. Die AfD liegt in den Umfragen zwar vorn, aber da niemand mit
ihr koalieren will, wird der Kampf um das Amt des Ministerpräsidenten wohl
zwischen CDU und Linken ausgetragen. Ein öffentlicher Schlagabtausch
zwischen Voigt und Ramelow läge auf der Hand. Eigentlich.
## Podium für den Faschisten
Voigt aber will Ramelow von der Bildfläche schieben – und die
[4][Landtagswahl in Thüringen zu einem Duell zwischen CDU und AfD] machen.
Wer den Rechtsextremisten Höcke verhindern will, muss für die CDU stimmen,
das soll die Message an die Wähler*innen sein. Das Fernsehduell zur
besten Sendezeit ist der Auftakt dafür.
„Es ist einfach, ihn einen Faschisten zu nennen. Das muss ich nicht machen,
das hat ein Gericht schon gemacht“, sagt Voigt irgendwann im Duell. Nur:
Voigt – und der Springer-Verlag – bieten diesem Faschisten gerade ein
bundesweites Podium, das ihn als ganz normalen politischen Mitbewerber
erscheinen lässt und Rechtsextremismus so normalisiert. Ausgerechnet
übrigens am Jahrestag der Befreiung des Thüringer Konzentrationslagers
Buchenwald. Dafür hatte es im Vorfeld kräftige Kritik gehagelt.
Aber auch Lob für Voigts Mut. Der hatte angekündigt, die AfD inhaltlich zu
stellen, Höcke „ins Licht ziehen“ zu wollen. Dabei sind Höckes Positionen
bereits ausgeleuchtet.
Das etwas chaotische Duell dauert am Ende 71 statt der angesetzten 45
Minuten. Mitunter ist nichts zu verstehen, weil nicht nur die beiden
Diskutanten, sondern auch die beiden Moderator*innen
durcheinanderreden. Dass Letztere mehrfach einen Faktencheck ankündigen,
aber erst für den Folgetag, macht die Sache nicht besser. Höcke kommt mit
Falschaussagen etwa zu den Ausgaben für Entwicklungshilfe und Kosten
illegaler Migration durch. Er kann behaupten, dass es den Briten nach dem
Brexit besser gehe, und er darf gegen Muslime hetzen. Niemand greift ein.
Um Thüringen geht es in der Debatte nicht, wenn man von einem etwas
skurrilen Disput darüber absieht, ob rohes Hackfleisch auf einem Brötchen
nun Mett oder Gehacktes heißt. Voigt, der Höcke korrigiert, will damit
deutlich machen, dass er wirklich Thüringer, Höcke aber nur ein zugezogener
Wessi ist. Ansonsten wird über Europa und Migration, Erinnerungskultur und
den Krieg in der Ukraine debattiert.
## Manchmal in der Defensive
Dabei gibt es auch Momente, in denen Höcke in die Defensive gerät. Etwa als
der Moderator und auch Voigt [5][zum Thema „Remigration“] nachfragen,
worunter Rechtsextremisten die millionenfache Ausweisung von Menschen
verstehen, auch solcher mit deutschem Pass. Höcke hatte in seinem Buch
darüber geschrieben.
Jetzt aber, nach mehrfachen Nachfragen, bietet er eine ganz neue
Definition: dass es darum gehe, Deutsche zurückzuholen, die ins Ausland
abgewandert seien. „Ich hätte erwartet, dass Sie mehr Mumm hätten, zu ihren
Positionen zu stehen“, schiebt Voigt da ein. Dem einen oder der anderen
AfD-Fan dürfte das nicht gefallen.
Oder als sich Höcke partout nicht mehr an seine Aussagen über die heutige
Bundestagsvizepräsidentin [6][Aydan Özoğuz] erinnern kann. Über sie hatte
er gesagt, dass sie in Deutschland nichts verloren habe, weil bei ihr außer
der Sprache „keine spezifisch deutsche Kultur“ zu erkennen sei. Die
SPD-Politikerin hat türkische Wurzeln. In diesem Moment stellt sich das
Gefühl ein, dass Höcke ins Schlingern gerät.
Nur: Selbstverharmlosung – also der Versuch, die eigene Agenda weniger
radikal erscheinen zu lassen – ist eben auch eine rechtsextreme Strategie.
Die AfD soll wie eine normale Partei erscheinen. Der Schlagabtausch zur
Primetime mit dem Landeschef der CDU dürfte dabei eher geholfen haben.
Höcke hat das Duell zwar nicht gewonnen. Aber ein Erfolg war es für ihn
allemal.
12 Apr 2024
## LINKS
[1] /Thueringer-CDU-und-AfD/!5993531
[2] /Faschistischer-AfDler-aus-Thueringen/!6002372
[3] /Linke-und-BSW-tagen-in-Thueringen/!5996098
[4] /Landtagswahl-in-Thueringen/!5994897
[5] /Hintergrund-des-Begriffs-Remigration/!5987412
[6] /Integrationsbeauftragte-im-Bund/!5459450
## AUTOREN
Sabine am Orde
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