# taz.de -- CO₂-Bilanz des Heizungsgesetzes: „Ein großes Fragezeichen“ | |
> Das Gebäudeenergiegesetz der Ampel-Regierung soll Deutschlands Heizungen | |
> CO₂-ärmer machen. Ob das klappen wird? Experten sind skeptisch. | |
Bild: Heizkörper | |
BERLIN taz | Eigentlich sollte das neue Heizungsgesetz das im Sinne des | |
Klimaschutzes verhindern: Es wird auch im kommenden Jahr für viele Menschen | |
möglich bleiben, neue Gasheizungen einzubauen. Darauf [1][haben sich die | |
Ampel-Parteien geeinigt], wie es aus Regierungskreisen heißt. | |
Zwar gilt das nicht für jede Art von Gasheizung – „H2-ready“ muss sie se… | |
also potenziell wasserstofftauglich. Und auch das soll nur gehen, wenn die | |
Kommune sich verbindlich entschlossen hat, überhaupt ein Wasserstoffnetz | |
aufzubauen. Wie viele das tun werden, ist ungewiss. Schließlich gilt | |
(grüner) Wasserstoff als knappes und teures Gut, das etwa in der Industrie | |
dringender gebraucht wird als beim Heizen. | |
Das Aber: Bevor eine Kommune überhaupt eine Wärmeplanung hat, in der sie | |
sich auf ein Wasserstoffnetz festlegen könnte oder eben nicht, darf man | |
sich auch einfach so wieder für eine Gasheizung entscheiden. Man muss nur | |
vorher an einer Energieberatung teilnehmen und darf dann losbauen. | |
Neu ist allerdings, dass die Ampel diese Option weniger attraktiv machen | |
will: Entscheidet sich die Kommune in ihrer Wärmeplanung später gegen ein | |
Wasserstoffnetz, muss die Heizung nämlich wieder ausgetauscht oder nach und | |
nach mit Biogas betrieben werden. | |
## Gasheizung wird teurer | |
Ab 2029 gilt eine Quote von 15 Prozent, zu denen das Heizgas | |
pflanzenbasiert statt fossil sein muss. Ab 2035 sollen es 30 Prozent sein, | |
ab 2040 dann 60 Prozent. Das wird den Betrieb von Gasheizungen absehbar | |
sehr teuer machen. | |
Deutschland will 2045 klimaneutral sein. Bis dahin müssen die Emissionen | |
nach und nach sinken. Das bedeutet, dass alle Wirtschafts- und | |
Lebensbereiche sich von der Nutzung fossiler Energien verabschieden müssen | |
– so auch das Heizen. Statt mit Öl und Gas müssen die Gebäude also mit | |
erneuerbaren Optionen aufgewärmt werden, zum Beispiel mit Wärmepumpen, | |
Solar- oder Geothermie. | |
Bislang geht es dabei aber kaum voran: Noch im ersten Quartal dieses Jahres | |
waren laut des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie mehr als die | |
Hälfte der verkauften Heizungen gasbetrieben. Ganz grundsätzlich sieht das | |
neue Heizungsgesetz nun vor, dass neue Heizungen ab dem kommenden Jahr | |
mindestens zu 65 Prozent erneuerbar betrieben werden. Durch Ausnahmen wie | |
die bei wasserstofftauglichen Gasheizungen soll das aber nur noch | |
eingeschränkt gelten. | |
## Viele Kritikpunkte bei den Details | |
„Es gibt ein paar Verbesserungen“, sagt Barbara Metz von der Deutschen | |
Umwelthilfe. „Wenn Gasheizungen, die als H2-ready gelten, wenigstens nicht | |
mehr gefördert werden, ist das ein Fortschritt.“ Erlaubt ja, öffentlich | |
gefördert nein? So sehen das immerhin die Grünen. Die FDP hingegen geht | |
davon aus, dass auch wasserstofftaugliche Gasheizungen Fördergeld bekommen | |
sollen. Die neue Einigung der Ampel-Regierung hat also wieder nicht alle | |
Streitpunkte geklärt. | |
„Die Klimaziele sind damit nicht zu erreichen“, kritisiert Metz. Es seien | |
zudem Chancen vertan worden. „Beispielsweise bei der Pflichtberatung für | |
Menschen, die noch eine Gasheizung einbauen wollen: Wenn man schon mal mit | |
einem Experten im Heizungskeller steht, müsste sich diese Beratung auch auf | |
die sonstige Gebäudesanierung beziehen“, so die Expertin. „Das hätte man | |
besser verknüpfen müssen.“ | |
Andree Boehling von Greenpeace ist froh, dass [2][das Gesetz nun überhaupt | |
kommt]. „Das stellt meines Erachtens wirklich einen großen Schritt zum | |
Ausstieg aus der fossilen Wärme dar“, sagt er. Zumindest im Vergleich zum | |
Status quo: „Wenn man sich anguckt, wie vorherige Regierungen die | |
Wärmewende verschleppt haben, ist das ein Fortschritt“, sagt er. „Völlig | |
klar ist aber auch, dass die klimapolitische Wirkung des Gesetzes | |
abgeschwächt wurde.“ H2-ready-Gasheizungen seien klimapolitisch „höchst | |
fragwürdig“ und seien außerdem eine Kostenfalle für Verbraucher:innen, so | |
Boehling. „Da steht ein großes Fragezeichen.“ | |
Bei den Details gebe es viele Kritikpunkte. Wie Metz ist sich auch Boehling | |
sicher: „Die Ziele im Klimaschutzgesetz können so nicht erreicht werden, da | |
muss sehr wahrscheinlich nachgesteuert werden.“ Er sorgt sich auch um den | |
Tonfall in der Ampel-Regierung. „Da ist man natürlich alarmiert, was den | |
Stil der Regierung angeht – denn die hat das zu einem Konfrontationsthema | |
in der Gesellschaft gemacht.“ | |
29 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Heizungsgesetz-der-Ampel/!5932829 | |
[2] /Gebaeudeenergiegesetz-der-Ampel-Koalition/!5943009 | |
## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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