# taz.de -- Fleischkonsum 2022 auf Rekordtief: Weckruf für die Bauern | |
> Dass der Fleischverzehr auf ein Rekordtief gefallen ist, muss die | |
> Landwirte wachrütteln. Sie sollten aufhören, mehr Tierschutz zu | |
> blockieren. | |
Bild: Jungputen in einem Maststall in Brandenburg | |
Dieser Tage hat uns eine erfreuliche Nachricht erreicht: Die Menschen in | |
Deutschland haben 2022 so wenig Fleisch gegessen wie seit Beginn der | |
Verzehrsberechnung vor mehr als 30 Jahren nicht. Nun fiel der Konsum im | |
Vergleich zum Vorjahr um 7,4 Prozent auf 52 Kilogramm pro Kopf. Das zeigen | |
vorläufige Angaben des [1][Bundesinformationszentrums Landwirtschaft]. | |
Die Zahlen sind ein Weckruf für die deutschen Bauern, die von der | |
Tierhaltung leben. Sie sollten endlich verstehen, dass sie langfristig | |
nicht mehr so stark auf die Massen-Fleischproduktion setzen können wie | |
bisher. Denn der aktuelle Konsumrückgang ist nur in seiner Höhe durch die | |
gerade grassierende Inflation bedingt, die irgendwann wieder abklingen | |
wird. Die Menschen in Deutschland verbrauchen aber schon seit Jahren | |
zusehends weniger Fleisch, und dieser Trend wird wohl anhalten. | |
Schließlich erkennen immer mehr VerbraucherInnen, dass der derzeitige | |
durchschnittliche Fleischkonsum der Gesundheit schadet, von den Schäden für | |
das Klima ganz zu schweigen. Mit Getreide ließen sich auch viel mehr | |
Menschen ernähren, wenn es direkt gegessen statt erst an Tiere verfüttert | |
würde. | |
Außerdem hat sich das Mensch-Tier-Verhältnis grundlegend geändert. | |
Zunehmend setzt sich die Auffassung durch, dass Tiere nicht so stark leiden | |
sollten, wenn wir uns auch mit weniger oder gar keinem Fleisch gut ernähren | |
können. | |
Nur Qualität sichert Überleben | |
Deshalb müssen die Bauern ihren Widerstand aufgeben gegen die Pläne von | |
Bundesagrarminister [2][Cem Özdemir] für den Umbau der Tierhaltung zu | |
weniger Vieh und höheren Haltungsstandards. Genau das will der | |
Grünen-Politiker mit einer verpflichtenden Kennzeichnung der | |
Haltungsbedingungen erreichen. Sie soll VerbraucherInnen helfen, | |
Schweinefleisch aus engen Ställen und ohne Auslauf von Produkten aus | |
Ställen mit Zugang ins Freie und mehr Platz zu unterscheiden. Dafür würden | |
die Bauern dann auch höhere Preise erhalten. Zudem will Özdemir Landwirte, | |
die ihre Ställe für mehr Tierschutz umbauen, stärker bezuschussen. Das ist | |
bei weitem nicht ausreichend, etwa weil der Mehrwert für den Tierschutz | |
teils zu gering ist. Aber Özdemirs Vorschläge sind ein Anfang, die Richtung | |
stimmt. | |
Statt sie mit aller Kraft zu unterstützen, wirft der Bauernverband Özdemir | |
vor, er wolle die Tierhaltung in Deutschland abschaffen. Die Landwirte | |
schießen damit gegen neue Wettbewerbsvorteile für sich. Denn nichts anderes | |
wären Subventionen für den tierfreundlicheren Stallumbau und eine | |
staatliche Haltungskennzeichnung. Diese Blockade könnte zu ihrem Untergang | |
beitragen. Nur mit artgerechter erzeugtem Fleisch haben Tierhalter | |
langfristig eine Chance. | |
8 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ble.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/230403_Fleischverz… | |
[2] /Cem-Oezdemir/!t5007735 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Landwirtschaft | |
Fleischkonsum | |
Tierschutz | |
Fleisch | |
Cem Özdemir | |
GNS | |
Bauernprotest | |
Landwirtschaft | |
SOKO Tierschutz | |
konventionelle Tierhaltung | |
Fleischersatz | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Milchkühe | |
Erntehelfer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Zukunft der Landwirte: Weniger Acker, mehr Geld | |
Durch eine Landreform wird Arbeit auf dem Acker zum Traumjob. Dann gibt es | |
16 Hektar verstaatlichten Boden für alle Bauern und ein neues Schulfach. | |
Neues Label für Schweinefleisch: Mehr, als Merkel geschafft hat | |
Das Pflichtsiegel für Schweinefleisch kommt. Die Reform hat Lücken, aber | |
mehr Tierschutz auf einmal ist in dieser Koalition nicht möglich. | |
Datenbank zu Tierschutzfällen: Tierquälerei ist Alltag | |
Vier Tierrechtsorganisationen haben eine Datenbank mit landwirtschaftlichen | |
Tierschutzfällen veröffentlicht. Wer sie aufruft, braucht starke Nerven. | |
Umweltbelastung durch Tierhaltung: Ferkel sind keine Billigware | |
Die Umweltkosten bei konventioneller Tierhaltung liegen bei 22 Milliarden | |
Euro im Jahr. Organisationen fordern daher höhere Mehrwertsteuern. | |
Markt für Fleischersatz gewachsen: Mehr Tofu, weniger Fleisch | |
2022 wurde in Deutschland 6,5 Prozent mehr Fleischersatz als im Vorjahr | |
produziert. Regulierung dürfe diesen Trend nicht behindern, so Greenpeace. | |
Polen für Zölle auf Ukraine-Agrarimporte: Nicht das Opfer schwächen | |
Polen sollte nicht weiter Zölle auf Getreide aus der Ukraine fordern. Denn | |
diese braucht für ihre Verteidigung so viel Exporteinnahmen wie möglich. | |
Rechtsgutachten zu Tierschutz: Kuhhaltung oft illegal | |
Milchvieh leide häufig so stark, dass das Tierschutzrecht verletzt wird, | |
kritisiert ein Greenpeace-Gutachten. Agrarminister Özdemir müsse | |
einschreiten. | |
Streit um faire Löhne: Erntehelfende erreichen Vergleich | |
Sie wurden offenbar weit unter Mindestlohn bezahlt. Nun erhalten 18 | |
Erntehelfer:innen aus Georgien in einem Vergleich 100 bis 400 Euro | |
mehr. |