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# taz.de -- Chinas neue Außenpolitik: Peking auf Konfrontationskurs
> Chinas neuer Außenminister verschärft bei seiner ersten Pressekonferenz
> den Ton gegenüber den USA. Für Russland hat er nur freundliche Worte.
Bild: Knallharte Rhetorik gegen die USA: Chinas Außenminster Qin Gang bei der …
Peking taz | Qin Gangs erste Pressekonferenz als neuer Außenminister dürfte
wohl noch lange nachhallen. Denn die fast zweistündige Veranstaltung
markiert möglicherweise einen Wendepunkt, an dem die Volksrepublik eine
zentrale Grundsatzentscheidung nun endgültig gefällt hat: Peking geht im
Umgang mit dem Westen unmissverständlich auf [1][Konfrontationskurs] – und
verschärft den Tonfall deutlich.
Die alljährliche Pressekonferenz des Außenministers gehört zum Ritual des
[2][Nationalen Volkskongresses], der seit Sonntag in der chinesischen
Hauptstadt stattfindet. Und natürlich sind die Journalisten im Raum, ja
auch die gestellten Fragen längst im Vorhinein von der Regierung selektiert
worden. Nichts soll bei diesem bis zur letzten Silbe durchchoreografierten
Polit-Schauspiel dem Zufall überlassen werden. Und dennoch bot die
zweistündige Veranstaltung am Dienstagmorgen tiefe Einblicke in den
diplomatischen Kurs des Landes.
Zumindest kann nun kein internationaler Beobachter mehr behaupten, nicht im
Vorhinein gewarnt worden zu sein. Denn mit einer völligen Nonchalance
machte der 56-jährige Qin Gang, vormals chinesischer Botschafter in den
USA, deutlich, dass man bei der sogenannten Taiwan-Frage auch nicht vor
einer militärischen Eskalation zurückschrecken werde – ja sogar per
Verfassung dazu gezwungen sei, diese notfalls zu forcieren.
Zwar arbeite man auf eine friedliche Wiedervereinigung hin, sagte Qin Gang,
doch man behalte sich den Einsatz sämtlicher Mittel vor. „Tatsächlich macht
Chinas Antisezessionsgesetz diesen Punkt deutlich. Falls das Gesetz
verletzt wird, müssen wir in Übereinstimmung mit der Verfassung handeln“,
sagte der Diplomat in trockenem Tonfall. Niemand solle die feste
Entschlossenheit der chinesischen Regierung unterschätzen, die nationale
Souveränität des Landes zu wahren.
## Scharf gegen die USA, freundlich zu Russland
Und auch gegenüber den [3][Vereinigten Staaten] hat Qin Gang ebenfalls eine
indirekte Warnung ausgesprochen. Wenn die US-Regierung nämlich ihren
„falschen Kurs“ gegenüber China nicht bremsen werde, dann könnten auch
„noch so viele Leitplanken“ keine „Entgleisung“ verhindern. Die Folge w…
klar: „Konflikt und Konfrontation“. Wie diese ausschauen werden, ließ Qin
Gang offen.
Die Wolfskrieger-Rhetorik der Chinesen scheint wieder zurückgekehrt zu
sein. Nachdem der scheidende Premierminister [4][Li Keqiang] am Sonntag
eine eher bescheidene Rede hielt, legt Qin Gang nun eine rhetorische
Angriffslust vor. Seine scharfen Worte gegenüber den USA stechen auch
deshalb so deutlich hervor, weil er nur wenige Minuten zuvor die Beziehung
zu Russland in den höchsten Tonen lobte. Das [5][Verhältnis gegenüber
Moskau] sei ein „Modell für neue internationale Beziehungen“. Und: „Je
turbulenter die Welt ist, umso beständiger sollten die
russisch-chinesischen Beziehungen voranschreiten“.
Angesichts dessen dürfte auch nicht weiter überraschen, dass sich Qin Gang
nach wie vor weigert, die „Ukraine-Krise“ überhaupt als Krieg zu
bezeichnen. Diese sei laut Chinas Außenminister das „Resultat europäischer
Sicherheitsarchitektur“ – Russland hingegen wird weder als Aggressor
benannt, noch überhaupt mit einer einzigen Silbe kritisiert.
Zur Überraschung vieler Beobachter hat Qin Gang zwei Themen verglichen, die
eigentlich in der chinesischen Propaganda rein gar nichts miteinander zu
tun haben: die Situation in Taiwan und der Ukraine. „Warum sprechen die USA
so viel von der Achtung der territorialen Integrität in der Ukraine,
respektieren aber nicht die territoriale Integrität Chinas bei der
Taiwan-Frage? Warum haben die USA [6][Waffen an Taiwan] verkauft und
fordern gleichzeitig, dass China keine Waffen an Russland liefert?“, fragte
Qin Gang rhetorisch.
## Botschaft aus Peking an den Globalen Süden
Im Westen werden solche Aussagen wohl auf wenig Verständnis stoßen. Die
Konfrontation mit den USA, deren [7][China-Politik] als zunehmend feindlich
wahrgenommen wird, scheint man in Peking bewusst in Kauf zu nehmen.
Doch gleichzeitig hofft man weiterhin, in [8][Europa] mit einem Aufruf zur
Emanzipation auf fruchtbaren Boden zu stoßen: „Wir hoffen, dass Europa, das
das Leiden durch den Krieg in der Ukraine durchgemacht hat, von seinem
Schmerz lernt und wirklich strategische Autonomie und langfristige
Stabilität erreicht“, sagt Qin Gang.
Vor allem aber dürfte seine Botschaft in vielen Teilen des [9][globalen
Südens] verfangen. Denn Qin Gang hat es geschickt geschafft, dass
„chinesische Modell“ als Alternative zum Westen zu präsentieren: Die
Volksrepublik gibt sich als Verfechter der Entwicklungsländer, die genug
haben von der scheinbaren Bevormundung und moralischen Arroganz westlicher
Eliten.
Natürlich entbehren solche Aussagen nicht einer gewissen Scheinheiligkeit,
schließlich ist es die Führung der kommunistischen Partei selbst, die nach
wie vor ihre Zöglinge scharenweise an US-Universitäten schickt und mit
westlichen Pässen versorgt, während sie die eigene Bevölkerung von
sämtlichen kritischen Informationen abschirmt.
7 Mar 2023
## LINKS
[1] /Chinas-Beziehung-zu-den-USA/!5920729
[2] /Chinas-Nationaler-Volkskongress-tagt/!5919772
[3] /Ballon-Konfrontation-von-China-und-USA/!5910619
[4] /Chinas-Nationaler-Volkskongress-tagt/!5919772
[5] /China-Aussenpolitiker-Wang-in-Moskau/!5917833
[6] /USA-unterstuetzt-Taiwan/!5877562
[7] /Nach-Spionageballon-ueber-USA/!5913451
[8] /Olaf-Scholz-in-China/!5890137
[9] /UN-Resolution-zum-Ukrainekrieg/!5918069
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
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