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# taz.de -- Kritik an EU-Strommarktreform: Ökostrombranche bangt um Profite
> Die EU-Kommission will Höchstpreise für Strom einführen, der mit
> staatlicher Förderung entsteht. Experten finden das richtig,
> Lobbyverbände falsch.
Bild: Solarpanel fürs Dach: Die EU-Kommission will, dass sich Nachbarn eine An…
Berlin taz | Die Erneuerbare-Energien-Branche macht Stimmung gegen die
[1][Vorschläge der EU-Kommission für die Reform des Strommarkts]. „Die
EU-Vorschläge gehen zu weit und greifen massiv in die Systematiken der
Mitgliedstaaten ein“, kritisiert Simone Peter, Präsidentin des
Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE). Stimmt nicht, sagt dagegen Felix
Matthes, Forschungskoordinator Energie- und Klimapolitik am Öko-Institut.
Die Vorschläge der Kommission seien „minimalinvasiv“ und weitgehend
richtig. „Die Branche fürchtet um ihre hohen Profite“, sagt er.
Als [2][Reaktion auf die Energiepreiskrise] im vergangenen Jahr hat die
EU-Kommission die Reform des Strommarktes angekündigt. Für
Verbraucher:innen sind einige Neuerungen vorgesehen. Sie sollen etwa
künftig Verträge mit mehreren Anbietern gleichzeitig schließen können, etwa
einen mit festen Preisen für den Grundbedarf und einen flexiblen, etwa um
günstige Zeiten für das Laden des E-Autos zu nutzen. Außerdem sollen sie
sich erneuerbare Energien teilen können, Nachbar:innen also die
Solaranlage auf dem Haus nebenan mitnutzen können.
Auf massive Kritik der Erneuerbaren-Branche stoßen die Regelungen für die
Großhandelsmärkte. Hier sieht die Kommission zwei Instrumente vor: Erstens
Langzeitverträge zwischen privaten Erzeugern und Abnehmern, die stabile
Preise gewährleisten sollen. Zweitens sogenannte Differenzverträge, wenn
eine staatliche Förderung im Spiel ist. Das soll künftig nur noch mit
diesen Verträgen möglich sein, und zwar für erneuerbare Energien und für
Atomkraft. Diese Verträge sehen sowohl einen Mindest- als auch einen
Höchstpreis vor, entweder in Form eines Preiskorridors oder eines
Festpreises. Damit haben etwa Windparkbetreiber garantierte Einnahmen.
Explodieren die Preise, profitieren sie aber nur bis zu einer bestimmten
Grenze davon. Diese Grenze soll im Rahmen von Ausschreibungsverfahren
festgelegt werden. Profite darüber soll der Staat abschöpfen.
Diese Differenzverträge lehnt der BEE ab. Für den deutschen Strommarkt sei
die Reform in der jetzt vorgesehenen Form ein Nachteil, sagt Peter. Der
Hintergrund: Heute gibt es für die Erzeuger erneuerbarer Energien in
Deutschland einen Mindestpreis, der durch die sogenannte Einspeisevergütung
gesetzt ist. Eine Obergrenze gibt es nicht, was zu immensen Gewinnen der
Branche führte – die die Bundesregierung nun teilweise abschöpft. Die
Differenzverträge würden die Einspeisevergütung ersetzen. Das käme der
Rückkehr zu einem Festpreissystem gleich, das „ein marktdienliches
Verhalten der Erzeuger nicht anreize“, sagt ein BEE-Sprecher. Würden die
Vorschläge der Kommission realisiert, würden Erzeuger kontinuierlich Strom
ins Netz speisen, weil es keinen Anreiz für eine flexible Produktion gäbe,
sagt er. Der Bundesverband Windenergie schließt sich auf Anfrage dieser
Position „vollumfänglich“ an.
## Kritik an Atomförderung
Energieexperte Matthes hält solche Argumente für vorgeschoben. Es sei
richtig, das bei staatlicher Förderung einer Anlage auch eine
Preisobergrenze gezogen wird und nicht – wie heute – nur ein garantierter
Mindestpreis. „Wir hatten bislang eine Asymmetrie“, sagt er. „Ist das
Risiko für die Anbieter niedrig, ist es aber geboten, die Profite zu
begrenzen.“ Wer mit Hilfe staatlicher Förderung investiere, müsse
hinnehmen, dass Steuerzahlende sich einen Teil des Gelds zurückholen. Dafür
eine dauerhafte Regel einzuführen hält er für sinnvoller als die
Ad-hoc-Abschöpfung, [3][die im vergangenen Jahr für Stromhersteller
beschlossen] wurde. „Wer so toll ist, dass er keine staatliche Förderung
braucht, kann ja auf den privaten Markt gehen“, sagt Matthes. Angewendet
werden Differenzverträge bereits in einigen Ländern, etwa in
Großbritannien. „Das funktioniert“, betont er.
Dass Differenzverträge auch für Atomkraft möglich sind, kritisieren sowohl
Matthes als auch der BEE. Die Kommission eröffne einen
„Selbstbedienungsladen für die Atomkraft“, sagt Matthes. In den Genuss
staatlicher Förderung sollen alte und neue AKWs kommen. Das bediene vor
allem die Interessen der französischen Regierung, die alte Meiler
weiterbetreiben will.
15 Mar 2023
## LINKS
[1] /Vorstoss-der-EU-Kommission/!5918871
[2] /Preise-fuer-Strom-und-Gas/!5893298
[3] /Gewinne-von-Stromerzeugern/!5881699
## AUTOREN
Anja Krüger
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