# taz.de -- Nachfahre über NS-Widerstand: „Bequem wollte er nie sein“ | |
> Vor 80 Jahren wurden die Geschwister Scholl hingerichtet. Auch Professor | |
> Kurt Huber gehörte der Weißen Rose an. Sein Sohn Wolfgang erinnert sich. | |
Bild: Wolfgang Huber wurde drei Tage vor der Verhaftung seines Vaters vier Jahr… | |
taz: Herr Huber, vor 80 Jahren, am 22. Februar 1943, [1][wurden die ersten | |
Mitglieder der Weißen Rose in Stadelheim hingerichtet]. Auch Ihr Vater, | |
Professor Kurt Huber, gehörte der Widerstandsgruppe an, er wurde etwas | |
später von den Nazis ermordet. Er hat Ihnen noch einen Abschiedsbrief | |
geschrieben. | |
Wolfgang Huber: Der Brief steht auf Seite 18 eines Manuskripts über | |
Vokaltheorie. Mein Vater durfte ja im Gefängnis noch arbeiten. Und da wird | |
er gerade an diesem Aufsatz geschrieben haben, als sie zu ihm kamen und | |
sagten, dass er noch am selben Tag hingerichtet würde. Er schrieb gerade | |
über Schwingungen und Wahrnehmung, und dann sieht man, wie das Wort | |
„Wahrnehmung“ mittendrin abbricht. In dem Moment muss ihn die Nachricht | |
erreicht haben, denn in der nächsten Zeile beginnt er sofort: „Meine | |
Liebste …“ Und dann folgen die Abschiedsbriefe an meine Mutter, meine | |
Schwester und mich – mitten im Manuskript. Für uns war das ein Glück. | |
Üblich war es damals, dass Angehörige eines Hingerichteten Abschiedsbriefe | |
nur einmal kurz an Ort und Stelle lesen durften, aber nicht ausgehändigt | |
bekamen. So aber blätterte die Polizei den dicken Papierstapel nur kurz | |
durch, befand, das seien wissenschaftliche Schriften, und gab sie nach | |
einer Weile an meine Mutter zurück. | |
Was hat er Ihnen in dem Brief mit auf den Weg gegeben? | |
Komischerweise habe ich das gar nicht so genau in Erinnerung. Mir ist sein | |
Flugblatt viel gegenwärtiger. | |
Obwohl der Brief doch viel persönlicher ist? | |
Ja, vielleicht gerade deshalb. Ich weiß gar nicht mehr genau, wann ich den | |
Brief zum ersten Mal gelesen habe. Da muss ich schon im Gymnasium gewesen | |
sein. Das waren natürlich sehr traurige Zeilen. Es war auch ein Gedicht | |
dabei. Und er schrieb – das weiß ich noch –, dass ich mich seiner nicht | |
schämen soll. | |
Sich seiner schämen? Eines Helden? | |
Damals galt er als Vaterlandsverräter. Selbst ein Teil meiner Familie – | |
interessanterweise ausgerechnet der väterlicherseits – sah das so. Onkel | |
Richard beispielsweise, sein Bruder, war in der SA. Mein Vater war das | |
schwarze Schaf in der Familie. Da war seine Sorge schon nachvollziehbar, | |
dass sein damals vierjähriger Sohn auch mit einem solchen Bild aufwachsen | |
könnte. Übrigens hat sich dieses Bild des Hochverräters nach dem Krieg | |
keineswegs sofort geändert. Wir wohnten in Gräfelfing, einer kleinen | |
Gemeinde im Westen von München, und da kannte man meine Mutter natürlich. | |
Die Leute haben den Bürgersteig gewechselt, um sie nicht grüßen zu müssen. | |
Gleichzeitig kamen die ersten an und wollten einen Persilschein. Mein | |
Musterbeispiel war immer der Friseur. Mein Vater sei doch nur zu ihm | |
gekommen, weil er gewusst habe, dass er ein Nazigegner gewesen sei, | |
behauptete er. Dabei war er der Obernazi. | |
Sie haben Ihren Vater ja kaum kennengelernt, können Sie ihn trotzdem ein | |
wenig beschreiben: Wer war Kurt Huber? | |
Er war ein Mensch, der immer aufrecht sein wollte. Ich glaube, das war ein | |
sehr wichtiger Charakterzug von ihm. Die Wahrheit war ihm sehr wichtig, und | |
er war bereit, dafür auch einzutreten. | |
Was in jenen Jahren viel Mut erforderte. | |
Mutig war er ganz sicher. Dazu gehörte beispielsweise, dass er damals in | |
einer Philosophievorlesung auch [2][Spinoza] behandelte, obwohl der Jude | |
war. Das war natürlich nicht ungefährlich, zumal wenn man [3][einen von | |
Neid zerfressenen Kollegen] hat, der mit einer Arbeit promoviert hat, in | |
der er angeblich nachwies, dass Einsteins philosophische Theorien falsch | |
sein müssten, weil Einstein Jude sei und Juden nicht fähig zur Philosophie | |
seien. Aber das ist so eine Stelle, da hätte mein Vater nicht nachgegeben. | |
Da hätte er gesagt: Spinoza ist ein großer Philosoph, basta! | |
Ihr Vater war Philosophieprofessor? | |
Seine Leidenschaft war die Musik. In Musikwissenschaft hat er sich | |
[4][habilitiert]. Aber er war auch immer ein Wissenschaftler, der über den | |
Rand dessen hinausblickte, wofür er eigentlich gerade angestellt war. So | |
hat er sich beispielsweise mit der Rezeption von Dreiklängen in | |
unterschiedlichen Kulturen beschäftigt – womit man natürlich auch gleich im | |
Fach Psychologie unterwegs ist. So kam es, dass er schließlich einen | |
Lehrauftrag im Bereich Psychologie bekam. Und da damals im universitären | |
Betrieb Psychologie und Philosophie Teile desselben Fachbereichs waren, | |
musste er auch Überblicksvorlesungen in Philosophie geben. | |
Haben Sie überhaupt persönliche Erinnerungen an ihn? | |
Kaum. Aber eine Sache weiß ich noch: dass ich neben seinem Schreibtisch und | |
unter dem Flügel spielen durfte. Das war ein Privileg; meiner älteren | |
Schwester war das strengstens untersagt. Ich weiß nicht mehr, was ich | |
spielte, aber ich fühlte mich da in seiner Nähe jedenfalls wohl. | |
Als fast 50-jähriger Professor fiel Ihr Vater in der Weißen Rose etwas aus | |
der Reihe, wie kam er zur Gruppe? | |
Es gab damals diese sogenannten Leseabenden, wo man sich in privaten Salons | |
zum Diskutieren getroffen hat. Bei einer solchen Gelegenheit traf er | |
[5][Hans Scholl] und [6][Alexander Schmorell]. Und so wurde er dann zu | |
einem weiteren Abend im Haus von Schmorell eingeladen. Dieses Treffen war | |
wohl die Initialzündung. | |
Das war dann schon ein etwas geheimeres Treffen. | |
Genau. Da kamen nur eine Handvoll Studenten und mein Vater. Es war schnell | |
klar, dass da nur Nazigegner beisammensaßen. Es ging dann auch recht bald | |
schon um das Thema [7][Flugblätter]. Später trafen sie sich auch öfter bei | |
uns in Gräfelfing. | |
Welche Rolle hat Ihr Vater innerhalb der Gruppe eingenommen? | |
Anfangs wollte er sicherlich bremsen. Ich nehme an, dass er die anderen von | |
dem Vorhaben abbringen wollte, Flugblätter zu schreiben. Ihm war vielleicht | |
bewusster, wie schnell einen das in eine lebensgefährliche Situation | |
bringen kann. | |
Schließlich hat er sich aber doch beteiligt. | |
Das war vor allem wegen Stalingrad. Das hat einen nachhaltigen negativen | |
Eindruck bei ihm hinterlassen, wie die Soldaten da gnadenlos verheizt | |
wurden. Das war sicherlich der Auslöser, warum er sich schließlich aktiver | |
beteiligt hat. | |
Er hat [8][das sechste Flugblatt] der Weißen Rose geschrieben – das | |
Flugblatt, das die Geschwister Scholl gerade in der Universität ausgelegt | |
haben, als sie entdeckt wurden. | |
[9][Sophie Scholl] hat ja einen ganzen Packen der Flugblätter von der | |
Balustrade aus in den Lichthof hinuntergeworfen. Da hat sie [10][der | |
Hausmeister] gesehen. | |
Und wie ist Ihr Vater aufgeflogen? | |
Zum einen haben Sophie Scholl und Alexander Schmorell ihn in ihren Aussagen | |
erwähnt als jemanden, den sie kannten, so hatte die Gestapo ihn auf dem | |
Radar. Dann gab es aber noch [11][Richard Harder], einen | |
Altphilologieprofessor und überzeugten Nazi, der für die Gestapo ein | |
Gutachten angefertigt hat. Darin hat er die Flugblätter stilistisch | |
analysiert. Ich bin ja nun Sprachwissenschaftler und kann es beurteilen: | |
Dieses Gutachten war wirklich gut. Scharfsinnig bis dorthinaus. Harder kam | |
zu dem Schluss, dass der Autor des letzten Flugblatts ein Mann in der | |
Philosophischen Fakultät sein musste. Dieser Harder hat nach dem Krieg | |
seinen Lehrstuhl zwar verloren, aber bald wieder eine neue Stelle an der | |
Uni in Münster bekommen. Bei seinen Studenten soll er sehr beliebt gewesen | |
sein und mit ihnen lustige Gelage abgehalten haben. | |
Somit war die Gestapo Ihrem Vater schnell auf der Spur. | |
Sie haben ihn dann nur fünf Tage nach der Hinrichtung von Hans und Sophie | |
Scholl und [12][Christoph Probst] verhaftet. Und den Gestapo-Protokollen | |
kann man entnehmen, dass er vom ersten Tag an praktisch alles gestanden | |
hat. | |
Wo waren Sie, als er verhaftet wurde? | |
Ich war bei meiner Großmutter am Staffelsee. Meine Eltern hatten wohl schon | |
eine Ahnung, dass da irgendwas kommen könnte. Was sie genau befürchtet | |
haben, weiß ich natürlich nicht. Jedenfalls haben sie mich ein paar Tage | |
vorher dorthingebracht. Meine Schwester musste zur Schule. Deshalb blieb | |
sie in Gräfelfing und war zu Hause, als die Gestapo meinen Vater am Samstag | |
abholte – [13][eine traumatische Erfahrung für sie]. | |
In Ihrer Familie wurde nach seiner Ermordung so gut wie gar nicht über den | |
Vater gesprochen. Warum? | |
Wir haben tatsächlich jahrzehntelang nur sehr wenig über ihn geredet, und | |
wenn, dann nur über diesen intelligenten, gescheiten und unerreichten Mann. | |
Aber über die Umstände seines Todes – nie. Es hat wohl einfach eine Zeit | |
gedauert, bis man das seelisch verdaut hat. Es waren auch nicht unbedingt | |
schöne Erfahrungen, wenn jemand wusste, wer dein Vater war. Ich weiß noch, | |
wie mich am ersten Schultag mein Banknachbar gefragt hat: „Bist du der von | |
dem Geköpften?“ Das bleibt einem. | |
Wann haben Sie begonnen, zunächst in der Familie und dann auch in der | |
Öffentlichkeit über Ihren Vater zu sprechen? | |
Jahrzehnte später. Den ersten Anstoß hat meine Frau gegeben. Sie kommt aus | |
Istanbul und kannte die Geschichte der Weißen Rose nicht, als sie mich | |
kennenlernte. Dann fing sie an, sanft, aber hartnäckig zu fragen. | |
Schließlich haben wir auch in der Familie darüber gesprochen, auch mit | |
meiner Mutter. So gab eins das andere. Ich habe mich auch über das Studium | |
seiner Schriften mit meinem Vater beschäftigt. | |
Konnte Ihre Mutter, Clara Huber, Ihren Vater nach der Verhaftung noch | |
sehen? | |
Die ersten Wochen, bis zum Urteil am 20. April, kam sie ja selbst in | |
Sippenhaft. Einmal durfte sie ihn während dieser Zeit besuchen, ein zweites | |
Mal kurz nach dem Urteil. Sie hat mir erzählt, dass sie sich beim Rausgehen | |
an der Tür noch einmal kurz umgedreht hat. Und da sah sie in dieses blasse, | |
völlig entsetzte Gesicht. Mein Vater wusste, dass er sie nie wieder sehen | |
würde. | |
Hat sich jemand für Ihren Vater eingesetzt? | |
Es gab ein Gnadengesuch einiger Kollegen, aber das wurde vom Rektor der | |
Universität nicht weitergeleitet. Sonst hatte er keine Fürsprecher. | |
Dabei hatte Ihr Vater ja auch prominente Freunde – etwa den Komponisten | |
[14][Carl Orff]. | |
Das stimmt, sie waren gut befreundet. Die [15][„Carmina Burana“] entstanden | |
sogar größtenteils in unserem Haus. Orff wohnte in der Nähe und kam immer | |
zu meinem Vater, um ihm seine Werke vorzuspielen und dann seine Kritik | |
einzuarbeiten. Eines Tages stand er wieder mit seinen Noten vor unserer | |
Tür, weil er meinem Vater etwas vorspielen wollte. Von seiner Verhaftung | |
und Verurteilung hatte er nichts mitbekommen. Als ihm meine Mutter davon | |
erzählte, war seine erste Reaktion: „Und was wird jetzt aus mir?“ Er hat | |
sich dann ganz schnell in eine Heilanstalt zurückgezogen, um nicht mit | |
meinem Vater in Verbindung gebracht zu werden. | |
Ihnen hat Ihre Mutter gesagt, dass Ihr Vater im Krankenhaus sei. | |
Ja, bis zur Beerdigung. An die kann ich mich übrigens noch gut erinnern. | |
Der Waldfriedhof war schon geschlossen, alles musste sehr schnell gehen, | |
meine Mutter zog mich hinter sich her. Hinter manchen Bäumen standen | |
dubiose Gestalten, vermutlich Gestapo-Leute, aber sie sagte, ich solle | |
nicht hinschauen. Es waren nur enge Familienmitglieder da, Reden gab es | |
keine. Aber ein Lied ist gesungen worden. Die Melodie ist mir im Kopf | |
geblieben. Erst viel später habe ich dann festgestellt, dass es das | |
[16][Andreas-Hofer-Lied] war, also das Lied, das die Hinrichtung des | |
Tiroler Freiheitskämpfers beschreibt. Ich weiß nicht, wie es dazu kam und | |
warum die Gestapo das zugelassen hat. Vielleicht haben sie nicht so genau | |
hingehört. Und an noch etwas kann ich mich erinnern: dass meine Mutter | |
gefragt hat, ob denn der Kopf auch im Sarg sei. Ich fand die Frage damals | |
sehr komisch, traute mich aber nicht, sie darauf anzusprechen. | |
Wie ist Ihre Familie dann bis zur Befreiung noch über die Runden gekommen? | |
Sehr schwer. Vom Staat haben wir als Familie eines Hochverräters ja nichts | |
bekommen. Wir Kinder sind viel in den Wald gegangen, haben Früchte gesucht, | |
Pilze, Bucheckern. Wussten Sie, dass man die Spitzen von Tannentrieben | |
essen kann? Ab und zu bekamen wir was von den Geschwistern meiner Mutter, | |
es gab auch anonyme Geldspenden im Briefkasten. Und [17][Hans Leipelt], ein | |
Freund der Scholls, der auch das Flugblatt meines Vaters später noch in | |
Hamburg verteilt hat, sammelte mit seiner Freundin unter seinen | |
Kommilitonen für uns. Von ihm haben wir 604 Mark bekommen, damals viel | |
Geld. Das flog dann allerdings auf. Als sich Leipelt im Prozess auch noch | |
zum Kommunismus bekannte, wurde er ebenfalls zum Tode verurteilt. | |
Die Weiße Rose hat im Rückblick eine herausgehobene Stellung unter den | |
Widerstandsgruppen. Wie kommt das? | |
Ich denke, es ist dieses extreme Missverhältnis zwischen den Mitteln, mit | |
denen sie eine Revolution anstacheln wollten, und dem Machtapparat des | |
Staates. Auf der einen Seite scheint es ja völlig irrational, dass diese | |
Menschen damals glaubten, mit dem Verteilen von ein paar hundert | |
Flugblättern etwas erreichen zu können. Auf der anderen Seite beeindruckt | |
ebendieser Mut, gegen so ein übermächtiges Regime einfach mal die Wahrheit | |
zu sagen. Und das ist auch typisch Kurt Huber. Dieser Glaube an die Macht | |
des Wortes, an die Vernunft. Ich selbst hätte nicht diesen Glauben an die | |
Wirkung eines Flugblattes. Sonst hätte ich längst eines für den Iran | |
geschrieben. | |
Denkt man an die Weiße Rose, denkt man zunächst an die Geschwister Sophie | |
und Hans Scholl. Warum eigentlich? | |
Das hängt sicher damit zusammen, dass [18][Inge Scholl], eine Schwester der | |
beiden, schon Anfang der Fünfziger ein Buch über die Weiße Rose | |
herausbrachte und damit etwas die Deutungshoheit für sich beanspruchte. | |
Deshalb gab es auch immer wieder Differenzen zwischen den | |
Hinterbliebenenfamilien, was die Erinnerungskultur angeht. Gerade die Rolle | |
von Alexander Schmorell wird in der öffentlichen Wahrnehmung völlig | |
unterbewertet Lange Zeit wurde er als Nebenfigur gehandelt, dabei waren er | |
und Hans Scholl die Begründer der Weißen Rose. Und heute dreht sich ja fast | |
alles nur noch um Sophie, obwohl sie in der Gruppe keine zentrale Rolle | |
gespielt hat. Sie hat kein Wort zu einem Flugblatt beigetragen, hat an | |
keiner Sitzung teilgenommen, bei der die Flugblätter besprochen wurden. Und | |
jetzt liest man aus ihren Briefen oder ihren Tagebüchern alles Mögliche | |
heraus und konstruiert ein Leben, wie es in unsere Zeit passt. Dafür kann | |
sie selbst natürlich überhaupt nichts, und es schmälert auch nicht die | |
Bewunderung, die sie für ihre mutigen Taten verdient. | |
Konstantin Wecker hat in den Achtzigern [19][ein Lied über die Weiße Rose] | |
geschrieben, darin heißt es: „Ihr wärt heute genauso unbequem wie alle, die | |
zwischen den Fahnen stehen. Denn die aufrecht gehen, sind in jedem System | |
nur historisch hoch angesehen.“ Wäre Ihr Vater heute unbequem? | |
Es tät mich wundern, wenn nicht. So richtig bequem wollte er nie sein. Er | |
wäre in der Bundesrepublik sicher ein überzeugter Verfassungspatriot | |
geworden. Trotzdem denke ich nicht, dass er sich restlos mit dem System | |
identifiziert hätte. | |
Inzwischen gehen Sie mit der Geschichte Ihres Vaters an die Öffentlichkeit. | |
Sie sprechen auch mit Schülern – [20][zum Beispiel am Gymnasium in | |
Gräfelfing], das nach Ihrem Vater benannt wurde. Was glauben oder hoffen | |
Sie, das die Weiße Rose heute dieser Generation noch vermitteln kann? | |
Eine gewisse Hellhörigkeit gegenüber Veränderungen unserer Demokratie. Ich | |
finde, das ist das Wichtigste, was von der Weißen Rose übrig bleibt. | |
Schüler und Studenten von heute sollten sich bewusst sein, dass jede | |
Veränderung unserer Grundgesetze eine Gefahr birgt und sie deshalb | |
besonders achtsam sein müssen. Für mich ist beispielsweise die | |
Pressefreiheit das wichtigste Gut, das wir aktuell in unserer Demokratie zu | |
verteidigen haben. Und wenn wir hören, dass Deutschland in der | |
[21][Rangliste der Pressefreiheit] von Reporter ohne Grenzen mittlerweile | |
schon auf Platz 16 abgefallen ist, dann sollten wir sehr hellhörig werden. | |
Das Flugblatt, das Ihr Vater verfasst hat, hat etwas später noch eine ganz | |
große Verbreitung erlebt. | |
In der Tat: Über irgendwelche verschlungenen Wege war es in Großbritannien | |
gelandet. Und die Royal Air Force hat es dann millionenfach vervielfältigt | |
und über Norddeutschland abgeworfen. Meine Mutter wurde daraufhin ins | |
Polizeipräsidium bestellt und befragt, ob sie davon etwas wisse. Natürlich | |
wusste sie nichts. Aber später hat sie erzählt, wie sehr sie sich auf dem | |
Nachhauseweg über diese Aktion der Engländer gefreut hat. | |
22 Feb 2023 | |
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[1] https://www.deutschlandfunk.de/vor-75-jahren-hinrichtung-von-mitgliedern-de… | |
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[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Grunsky | |
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[15] https://invidious.privacydev.net/watch?v=B5zDCaeU-pY | |
[16] https://de.wikipedia.org/wiki/Andreas-Hofer-Lied | |
[17] https://www.mopo.de/hamburg/ns-widerstand-der-mann-der-die-lombardsbruecke… | |
[18] https://de.wikipedia.org/wiki/Inge_Aicher-Scholl | |
[19] https://yewtu.be/watch?v=KGEX1o6Z7pk | |
[20] https://www.khg.net/schulprofil/kurt-huber/ | |
[21] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/rangliste/rangliste-2022 | |
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Dominik Baur | |
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