# taz.de -- African Book Festival Berlin: Ein Kurator, der bei al-Qaida war | |
> Der Mauretanier Mohamedou Ould Slahi Houbeini wurde unrechtmäßig in | |
> Guantanamo interniert. Aber was macht ihn zu einem guten Festivalleiter? | |
Bild: Von der CIA verschleppt, wurde er in der Haft zum Autor: Mohamedou Ould S… | |
Wer ist Mohamedou Ould Slahi Houbeini? Darüber dürften ab jetzt im | |
kulturellen Berlin so einige debattieren. Denn der 1970 in Mauretanien | |
geborene Mann wird der Kurator des fünften African Book Festival Berlin | |
sein. Es soll im August stattfinden und wird vom Hauptstadtkulturfonds mit | |
95.000 Euro gesponsort. [1][Vor zwei Jahren war dort unter anderem Sharon | |
Dodua Otoo aufgetreten]. | |
Doch Slahi Houbeini ist nicht einfach nur ein die Poesie liebender Mensch | |
aus Nordwestafrika. In den 1990er Jahren gehörte er der Terrorgruppe | |
al-Qaida an und kämpfte in Afghanistan. Dafür unterbrach er sein Studium | |
der Elektrotechnik in der Bundesrepublik, das er per Stipendium als | |
„Hochbegabter“ 1988 von einer deutschen Stiftung bekam. | |
Amerikanische Ermittler sind sich sicher, dass er auch nach seiner | |
Dschihad-Zeit in Afghanistan weiter für al-Qaida tätig war. Er soll in die | |
besonders brutalen Anschläge auf US-Botschaften in Daressalam und Nairobi | |
1998 involviert gewesen sein. Und er habe die Attentäter von 9/11 | |
persönlich gekannt. Sie sollen sogar einmal bei ihm in Duisburg | |
übernachtetet haben. | |
In der Bundesrepublik wurde er 1999 wegen Falschangaben gegenüber dem | |
Arbeitsamt verurteilt und ausgewiesen. | |
## Randfigur oder Netzwerker? | |
Doch auch wenn die US-Dienste Indizien gegen Slahi Houbeini sammelten, die | |
direkte Beteiligung an Terroranschlägen wie 9/11 konnten sie ihm nicht | |
nachweisen. Slahi Houbeini selber bestreitet, nach seiner Rückkehr aus | |
Afghanistan für die islamistischen Netzwerke in den 1990ern in Deutschland | |
weiter tätig gewesen zu sein. | |
Dennoch hielten ihn die US-Behörden von 2002 bis 2016 unrechtmäßig im Lager | |
Guantanamo auf Kuba gefangen. Unter extralegalen Bedingungen und zeitweise | |
üblen Foltermethoden. In dieser Zeit wurde er zum Autor. Was ihm widerfuhr, | |
beschrieb er in dem auch auf Deutsch vorliegenden [2][Buch „Guantanamo | |
Diary“], es ist auch die Grundlage des [3][Spielfilms „Der Mauretanier“]. | |
John Goetz recherchierte den Fall in einem Dokumentarfilm. | |
Doch so bewegend Slahi Houbeinis Geschichte als Opfer einer nicht | |
rechtsstaatlich orientierten Anti-Terror-Justiz der USA ist, so unklar | |
bleibt seine Rolle als islamistischer Täter in Afghanistan oder anderswo. | |
Auch das African Book Festival blendet die Frage nach Slahi Houbeinis | |
eigener historischer Haltung völlig aus. | |
Es präsentiert den früheren Al-Qaida-Kämpfer ausschließlich als Opfer | |
westlicher Justiz. Und preist seine Schriften als „Mittel der Revanche | |
gegen Zensur und Unterdrückung“. [4][Kaum vorstellbar], dass dies die von | |
Islamisten [5][Unterdrückten in Iran] oder Afghanistan mit einschließen | |
wird. | |
22 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /African-Book-Festival-in-Berlin/!5784540 | |
[2] /Bericht-aus-Guantanamo/!5020184 | |
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[4] /Attentat-auf-Salman-Rushdie/!5871699 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Fanizadeh | |
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