| # taz.de -- Bericht zu Ungleichheit von Oxfam: Großer Reichtum, kleine Steuern | |
| > Die Entwicklungsorganisation Oxfam kritisiert in einem aktuellen Bericht | |
| > eine zunehmende Polarisierung zwischen Arm und Reich. Auch in | |
| > Deutschland. | |
| Bild: Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander, kritisie… | |
| Berlin taz | Einen zunehmenden Abstand zwischen Superreichen und | |
| Normalbevölkerung prangert die Entwicklungsorganisation Oxfam an. Zwischen | |
| 2020 und 2021 habe „das reichste Prozent der Weltbevölkerung zwei Drittel | |
| des gesamten Vermögenszuwachses“ auf dem Globus vereinnahmt. So steht es im | |
| neuen Oxfam-Bericht mit dem Titel „Überleben der Reichsten“ (Survival of | |
| the Richest), den die Organisation traditionell kurz vor dem Beginn des | |
| Weltwirtschaftsforums (WEF) von Davos herausgibt. Oxfam fordert höhere | |
| Steuern auf große Vermögen. | |
| Das WEF beginnt am kommenden Montag in der Schweiz. Ein paar tausend | |
| Manager:innen, Vorstände von Unternehmen und Spitzenpolitiker:innen | |
| werden eine Woche die Weltlage diskutieren. Die globale Ungleichheit ist | |
| auch dort ein Thema. | |
| Der Reichtum der Milliardär:innen habe nicht nur während der Pandemie, | |
| sondern infolge der Inflation auch 2022 deutlich zugenommen, schreibt | |
| Oxfam. „95 Lebensmittel- und Energiekonzerne haben ihre Gewinne im Jahr | |
| 2022 mehr als verdoppelt.“ Sie hätten 306 Milliarden US-Dollar an | |
| Übergewinnen erzielt und davon 257 Milliarden US-Dollar an ihre | |
| Aktionär:innen ausgeschüttet. Die Berechnungen basieren auf | |
| Vermögensdaten der Schweizer Bank Credit Suisse. | |
| Die Aktivist:innen kritisieren, dass andererseits „828 Millionen | |
| Menschen – also etwa jede zehnte Person auf der Erde – hungern“. Nach | |
| Angaben der Weltbank sei das die größte Zunahme der weltweiten Ungleichheit | |
| und Armut seit dem Zweiten Weltkrieg. Extremer [1][Reichtum] und extreme | |
| Armut nähmen gleichzeitig zu, schlussfolgert Oxfam. | |
| Die Entwicklung spiegelt sich laut dem Bericht [2][auch in Deutschland]. | |
| „Vom gesamten Vermögenszuwachs, der zwischen 2020 und 2021 in Deutschland | |
| erwirtschaftet wurde, gingen 81 Prozent an das reichste Prozent“ der | |
| Bevölkerung.“ [3][Die restlichen 99 Prozent der Bürger:innen] hätten nur | |
| 19 Prozent erhalten. „Konzerne und ihre superreichen Eigentümer:innen | |
| müssen endlich einen fairen Beitrag zum Gemeinwohl leisten“, sagt Manuel | |
| Schmitt von Oxfam Deutschland. | |
| Die Entwicklungsorganisation fordert Instrumente wie die Übergewinnsteuer | |
| zur Abschöpfung der Inflationsprofite, höhere Erbschaftssteuern unter | |
| anderem für Firmenerben und Vermögenssteuern. Die damit gewonnenen | |
| zusätzlichen Mittel sollten die Regierungen zum Beispiel in Bildung und | |
| soziale Sicherungssysteme investieren. | |
| Eine derartige Gewinnabschöpfung hat die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen | |
| und FDP für einige Energieunternehmen beschlossen. Ansonsten sind in | |
| Deutschland augenblicklich keine Steuererhöhungen für große Einkommen und | |
| Vermögen geplant. Auf internationaler Ebene soll bald eine Mindeststeuer | |
| für Unternehmen in Kraft treten, die 15 Prozent beträgt. | |
| ## Kontroverse Debatte um Ungleichheit | |
| Hierzulande läuft seit Jahren eine kontroverse [4][Debatte, wie sich die | |
| Ungleichheit entwickelt]. Während etwa der Sozialverband und die | |
| gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung ihren Anstieg beklagen, schreibt | |
| Markus Grabka vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): Seit | |
| 2005 „stagniert die Ungleichheit der verfügbaren Haushaltseinkommen und | |
| legt mit kleineren Schwankungen nur noch leicht zu“. Das Europäische | |
| Statistikamt teilte kürzlich mit, während der Pandemie habe die | |
| Einkommensungleichheit in der EU nicht wesentlich zugenommen. | |
| Anders sieht es bei der Ungleichheit der Vermögen aus. Diese liegt in | |
| Deutschland mehr als doppelt so hoch wie die Spreizung der Verdienste. Aber | |
| auch sie nimmt nach Zahlen des DIW nicht nennenswert zu. Wobei dieser | |
| Befund nur die vergangenen zwei Jahrzehnte betrifft. Betrachtet man | |
| hingegen die Periode seit dem Zweiten Weltkrieg, ist der Vermögensanteil | |
| der Wohlhabenden und Reichen im Vergleich zur ärmeren Hälfte der | |
| Bevölkerung stark gewachsen. | |
| Auch in anderen Staaten hat die Ungleichheit der Vermögen zugenommen. In | |
| der Phase des sogenannten Neoliberalismus ermöglichten die Regierungen | |
| vieler Staaten den Kapitalbesitzern größere Spielräume. Die Steuern auf | |
| Vermögen und hohe Einkommen sanken. Hierzulande wird beispielsweise seit | |
| 1997 keine Vermögenssteuer mehr erhoben. Zudem versteckten Millionäre und | |
| Milliardäre ihren Reichtum oft in Steueroasen, wo sie kaum Abgaben | |
| entrichteten. Auf der anderen Seite nahm die Besteuerung von | |
| durchschnittlichen Arbeitseinkommen der normalen Bevölkerung zu, weil die | |
| Regierungen die Mehrwertsteuer anhoben. | |
| 16 Jan 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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