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# taz.de -- Energiesparen bei Weihnachtsbeleuchtung: Diesmal nur der kleine Chr…
> Eine taz-Umfrage unter Landkreisen zeigt: Um Energie zu sparen, wird
> vielerorts die Weihnachtsbeleuchtung reduziert – aber nicht überall
> gleich stark.
Bild: Mit Emotionen verbunden: Weihnachtsbeleuchtung in Berlin
Berlin taz | Weihnachtsfreude, heißt es in einem ostdeutschen
Weihnachtslied, wird verkündet, „sind die Lichter angezündet“. Weihnachten
ohne Weihnachtsbaum und Weihnachtsbaum ohne Weihnachtslichter, das ist wohl
selbst in Zeiten der Energiekrise in den meisten deutschen Haushalten nur
schwer vorstellbar.
Das Bundeswirtschaftsministerium hatte deswegen in seiner
Energieeinsparverordnung extra nachgebessert: Während überall gespart
werden soll, bleibt Weihnachtsbeleuchtung an allen Gebäuden explizit
erlaubt.
Trotzdem sparen viele Städte und Gemeinden an Lichterketten und
Weihnachtsleuchten – und werden dabei kreativ: In einer
350-Einwohner:innen-Gemeinde in Schleswig-Holstein können die
Bewohner:innen die zentrale Weihnachtsbeleuchtung selbst per SMS
anschalten.
Solche kuriosen Meldungen schaffen es vereinzelt in die überregionale
Presse, ein Bild für Gesamtdeutschland gab es bisher nicht.
## taz-Umfrage bei Landkreisen zum Umgang mit Energiekrise
Die taz hat daher bei Landkreisen und kreisfreien Städten nachgefragt, wie
sie auf die Energiekrise reagieren. Ein Fragenkomplex bezog sich auch auf
die Weihnachtslichter: Wir wollten wissen, ob es Einschränkungen bei der
Weihnachtsbeleuchtung oder konkret bei den Illuminationen des
Weihnachtsmarkts gibt.
Aus 174 Kreisen oder kreisfreien Städten bekamen wir darauf eine Antwort:
Über zwei Drittel gaben an, dass die Festbeleuchtung eingeschränkt wird.
Einige Kreise gehen dabei sehr weit: Der Kreis Viersen installiert in
seinen Verwaltungsgebäuden dieses Jahr keine Weihnachtsbeleuchtung, im
Kreis Fürstenfeldbruck haben die Amts-Christbäume keine Lichter.
30 Prozent der Kreise erklärten, dass sie auch bei den Weihnachtsmärkten
die Beleuchtung reduzieren. 26 Prozent der Landkreise gaben an, dass es
hier keinerlei Änderungen gibt.
Allerdings unterliegen die Umfrageergebnisse einer Einschränkung: Das
Betreiben von Weihnachtsmärkten ist in Deutschland unterschiedlich
geregelt.
Üblicherweise betreiben die Kommunen die Märkte und sind für die
Weihnachtsillumination zuständig. Mancherorts werden die Weihnachtsmärkte
von Privatveranstaltern betrieben. Das macht pauschale Aussagen schwierig,
es lassen sich dennoch Tendenzen und regionale Unterschiede aus den
Umfrageergebnissen ablesen.
Von den ostdeutschen Kreisen schränken den eigenen Angaben zufolge über die
Hälfte weder ihre Weihnachtsbeleuchtung noch die Weihnachtsmärkte ein. Bei
den westdeutschen Kreisen zeigen sich mehr Spartendenzen: Hier gab nur rund
ein Fünftel an, dass sie weder Festlicht noch Markt einschränken.
Stattdessen sparen 72 Prozent der Landkreise in Westdeutschland bei ihrer
Weihnachtsillumination. Im Osten ist das nur bei 40 Prozent der Fall. Diese
Zahlen basieren auf den Rückmeldungen von 30 ostdeutschen und 144
westdeutschen Landkreisen.
Die Ost-West-Unterschiede decken sich auch mit anderen Erhebungen. In einer
Umfrage, die das Institut Civey Anfang Dezember für das Nachrichtenportal
Watson unter 5.000 Menschen durchführte, zeigt sich, dass in Ostdeutschland
deutlich mehr Menschen die Einsparung an der Weihnachtsbeleuchtung ablehnen
als im Westen. Im Osten sind es 45 Prozent, im Westen nur 34 Prozent.
Wobei sparen nicht unbedingt verzichten bedeutet. Um bei der
Weihnachtbeleuchtung Energie zu sparen, gaben in der taz-Umfrage 71 Prozent
der Landkreise an, ihre Beleuchtung ganz oder teilweise auf energiesparende
Technik wie LED-Birnen umzurüsten. Mit 74 Prozent begrenzen Landkreise die
Weihnachtsbeleuchtung in diesem Jahr zeitlich, schalten sie also nachts aus
oder lassen sie kürzer erleuchtet als in den Vorjahren. Jeder zehnte Kreis
verzichtet laut eigener Angabe vollständig auf Weihnachtsbeleuchtung.
„Die Vorfreude auf Weihnachten wollten wir uns nicht komplett nehmen
lassen“, gab der Landkreis Amberg-Sulzbach in der taz-Umfrage an, „aber die
Weihnachtsbeleuchtung im Landratsamt fällt heuer deutlich kleiner aus“.
Statt bisher zwei gebe es in dem bayerischen Landkreis in der Oberpfalz
dieses Jahr nur einen Christbaum und nur in der Größe von fünf Metern. Auf
das größere Exemplar von zehn Metern habe man bewusst verzichtet. „Die
LED-Lichter am Christbaum leuchten zudem deutlich seltener als die Jahre
zuvor, täglich nur 5,5 Stunden statt bislang 9 Stunden.“
Im Bezug auf die Weihnachtsmärkte ist das Bild deutlich: Mit 84 Prozent ist
bei den meisten Märkten die Beleuchtung zeitlich begrenzt und kürzer als in
den Vorjahren. Mit 43 Prozent fällt in beinahe der Hälfte der Landkreise
der Weihnachtsmarkt auch kleiner aus.
## Magdeburg berechnet Energieverbrauch des Weihnachtsmarktes
In Magdeburg haben es die Betreiber des Weihnachtsmarkts in diesem Jahr
ganz genau genommen. Zum Weihnachtsprogramm gehört dort seit Jahren auch
die „Lichterwelt“, die zwischen November und Februar die Stadt mit
Lichterketten erleuchtet, die Hunderte Kilometer lang sind.
Anhand des Energieverbrauchs und der Besucher:innenzahl des
Weihnachtsmarkts sowie der Lichterwelt von 2019 haben die Betreiber
ausgerechnet, dass der Stromverbrauch pro Besucher:in 0,133 kWh beträgt.
Das ist weniger als der Pro-Kopf-Stromverbrauch auf dem Hamburger
Frühlingsdom oder dem Cannstatter Wasen – und weniger – auch das haben die
Betreiber des Magdeburger Weihnachtsmarkts ausgerechnet –, als ein Single
an einem Abend mit Netflix, Handy und Fertigpizza auf der Couch verbraucht.
Der Weihnachtsmarkt, soll die Betreiberrechnung heißen, ist gar nicht so
ein Energiefresser, wie man annehmen könnte.
Das Ergebnis der taz-Umfrage zeigt: Das diesjährige Weihnachten könnte
tatsächlich mit einer wesentlich besseren Energiebilanz zu Ende gehen als
in den Jahren zuvor.
23 Dec 2022
## AUTOREN
Anne Fromm
Malte G. Schmidt
Jean-Philipp Baeck
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Energiekrise
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