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# taz.de -- Wieder-Wahl und Klima-Volksentscheid: „Getrennte Termine wären e…
> Dass der Klima-Volksentscheid nicht am Wahltag stattfinden könnte, sorgt
> für Empörung. Eher behutsam fällt die Kritik von Grünen und Linken aus.
Bild: Vielleicht nicht zu spät, aber trotzdem nicht zur rechten Zeit?
Berlin taz | Das Signal von Innensenatorin Iris Spranger (SPD), den
Volksentscheid „Berlin 2030 klimaneutral“ [1][nicht zusammen mit der
Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl stattfinden zu lassen], sorgt weiter
für Empörung in der Klima- und Demokratie-Bewegung. Derweil geben Grüne und
Linke zaghaft zu erkennen, dass sie einen entsprechenden Senatsbeschluss
verhindern wollen.
Sprangers Sprecher Thilo Cablitz hatte am Mittwoch mitgeteilt, die
gleichzeitige Durchführung beider Urnengänge am 12. Februar 2023 sei
„unwahrscheinlich“. Problematisch sei aus Sicht der Innenverwaltung etwa,
in der kurzen Zeit die Abstimmungszettel zu organisieren. Allerdings hatte
Landeswahlleiter Stephan Bröchler schon im Oktober signalisiert, seine
Behörde sei auf die Kombi-Abstimmung eingestellt. Bröchler wird spätestens
am 29. November das Ergebnis der Unterschriftensammlung verkünden. Das
Bündnis „Berlin 2030 klimaneutral“ [2][hat nach eigenen Angaben über
260.000 Unterschriften eingereicht] – weit mehr als nötig.
Die AktivistInnen sind sauer und enttäuscht: „Niemand will nach einer
bereits gescheiterten Wahl, dass die Demokratie noch mehr Schaden nimmt“,
sagte Bündnis-Sprecherin Jessamine Davis am Donnerstag. „Genau dazu kommt
es allerdings, wenn die SPD-geführte Innenverwaltung jetzt zwei getrennte
Termine festlegen will.“ Auch seien die Kosten für getrennte Urnengänge
„unverhältnismäßig höher“. Das Bündnis verweist auf Entscheide, die an
Wahltagen oder separat stattfanden – Letztere seien mehr als doppelt so
teuer gewesen.
## Verschwendung von Ressourcen
In einer Mitteilung des Bündnisses heißt es, die Behauptung, den
Volksentscheid aus organisatorischen Gründen getrennt durchführen zu
wollen, könne „nicht nur als Verschwendung von Ressourcen, sondern auch als
Hindernis für die Demokratie interpretiert werden“. Denn eine gemeinsame
Wahl fördere den „gesellschaftlichen Diskurs und ein lebendiges,
politisches Miteinander“.
Davis’ Co-Sprecher Stefan Zimmer sagte, alle Parteien kritisierten seit
Monaten die Aktionen der „Letzten Generation“ und rieten der Klimabewegung,
den rechtlichen Rahmen nicht zu verlassen. „Genau das macht Klimaneustart
seit Jahren. Wir gehen mit unserem Volksentscheid den institutionellen Weg
der direkten Demokratie und haben dafür vier Monate lang jeden Tag Menschen
auf der Straße um ihre Unterschrift gebeten.“ Jetzt werde man ausgebremst,
so Zimmer – „offensichtlich aus Angst vor dem Willen der Bevölkerung“.
Unterstützung bekommt die Initiative von vielen BeobachterInnen: So sprach
Michael Efler, bis 2021 klimapolitischer Sprecher der Linksfraktion, auf
Twitter von einem „unfassbaren Demokratieskandal“, sollte es keine
gemeinsame Abstimmung geben. Efler, der maßgeblich an der [3][Novellierung
des Berliner Abstimmungsgesetzes] beteiligt war, die 2020 die Bedingungen
für die Volksgesetzgebung verbesserte, verweist auf die Begründung der von
Rot-Rot-Grün beschlossenen Novelle: „Die Regelung soll sicherstellen, dass
Volksentscheide soweit möglich grundsätzlich zusammen mit anderen Wahl-
oder Abstimmungsereignissen abgehalten werden“, hieß es darin.
Er rege sich „tierisch auf“, so Efler zur taz – es sei
„demokratietheoretisch unmöglich“, von diesem neuen Regelfall ohne Not
abzuweichen – zumal die aktuelle Konstellation „nicht vom Himmel gefallen“
sei. Er erwarte darum von seiner Partei, dass diese der Innensenatorin im
Senat widerspreche und auf der Kopplung der Termine bestehe.
Auch Georg Kössler, in der vergangenen Legislatur klimapolitischer Sprecher
der Grünen-Fraktion und mittlerweile Politikchef von Greenpeace, sagte der
taz, „beide Entscheidungen“ – also Wahl und Volksentscheid – seien „w…
für das Klima und für Berlin“, es brauche „für beide so viel Mitbestimmu…
wie möglich“. Deswegen müssten sie zusammengelegt werden. „Alles andere
wäre ein Skandal, den sich dieser Senat nicht mehr leisten kann.“
Der Demokratietheoretiker und Philosoph an der FU, Robin Celikates, sagte
der taz, eine Zusammenlegung sei „nicht nur pragmatisch sinnvoll – was den
organisatorischen und finanziellen Aufwand betrifft –, sondern demokratisch
gefordert“. Es liege „in der Verantwortung von Senat und Verwaltung, der
demokratischen Selbstbestimmung der Bürger*innen keine Steine in den Weg
zu legen, sondern sie so gut es eben geht zu ermöglichen“.
Man habe sich schon beim Umgang mit dem Volksentscheid Deutsche Wohnen und
Co. enteignen fragen müssen, ob der Senat dieser Verantwortung gerecht
werde. „Sollte der Senat nun nicht willens oder nicht fähig sein, seiner
demokratischen Verantwortung nachzukommen, wird das Zweifel an seiner
demokratischen Legitimität und Kompetenz wecken beziehungsweise
verstärken“, so Celikates.
## Schwer vermittelbar
Den Termin setzt in jedem Fall der gesamte Senat, weshalb es nun auf die
Koalition ankommt. Dass sich die Grünen auf einen Wahlkampf mit einer vom
Volksbegehren beflügelten Klimabewegung freuen, darf bezweifelt werden.
Trotzdem können sie nicht umhin, Sprangers Verschiebevorstoß zu
kritisieren. Wenn die gesammelten Unterschriften ausreichten, so Landeschef
Philmon Ghirmai zur taz, „wäre ein separater Abstimmungstermin „den
Berliner*innen schwer vermittelbar“.
Zudem, so Ghirmai, sei die Innenverwaltung „die erste Stelle, die
mindestens indirekt einen Zusammenhang zwischen dem Wahlchaos im September
2021 und der seinerzeit gleichzeitigen Abstimmung über den Volksentscheid
herstellt“. Heißt wohl: Das war und ist nicht das Problem.
Laut Linken-Chefin Katina Schubert will ihre Partei, „dass die
Berlinerinnen und Berliner mitmischen und mitentscheiden können“, dafür
seien „Volksbegehren ein wesentliches Element“. Man erwarte von Spranger,
„dass sie genau darlegt, warum eine Abstimmung parallel zur
Wiederholungswahl nicht möglich sein soll“. Das „ist mir derzeit nicht
nachvollziehbar“, so Schubert.
17 Nov 2022
## LINKS
[1] /Wahlwiederholung-ohne-Volksentscheid/!5892305
[2] /Volksbegehren-Berlin-Klimaneutral-2030/!5894882
[3] /Volksentscheide-in-Berlin/!5686721
## AUTOREN
Claudius Prößer
Susanne Memarnia
## TAGS
Volksentscheid
Innensenatorin Iris Spranger
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Franziska Giffey
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Volksbegehren
Schwerpunkt Klimawandel
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