| # taz.de -- Verharmlosung von Kriegsverbrechen: Gesetzesverschärfung im Eiltem… | |
| > Der Bundestag hat das Delikt der „Volksverhetzung“ verschärft. In einem | |
| > völlig intransparenten Verfahren. | |
| Bild: Die Leugnung und Verharmlosung von Kriegsverbrechen und Völkermorden ist… | |
| Berlin taz | Die Leugnung und Verharmlosung von Kriegsverbrechen und | |
| Völkermorden ist jetzt als „Volkverhetzung“ strafbar. Der Bundestag hat in | |
| der Nacht zum Freitag ohne jede Ankündigung das Strafrecht verschärft. Dies | |
| betrifft zum Beispiel die Leugnung und Verharmlosung von russischen | |
| Kriegsverbrechen in der Ukraine. | |
| Bisher war in der Bundesrepublik nur die Billigung von Straftaten aller Art | |
| (Paragraf 140 Strafgesetzbuch) sowie die Leugnung und Verharmlosung des | |
| Holocausts (Paragraf 130 Absatz 3) strafbar. Nun wurde in Paragraf 130 ein | |
| neuer Absatz 5 eingefügt. Danach ist auch die öffentliche Leugnung und | |
| „gröbliche“ Verharmlosung von anderen Völkermorden sowie von Verbrechen | |
| gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen strafbar. | |
| Einschränkend heißt es zwar, die Äußerung müsse „geeignet“ sein, den | |
| öffentlichen Frieden zu stören und zu Hass oder Gewalt aufzustacheln. | |
| Letztlich entscheiden bei so unbestimmten Begriffen aber die | |
| Staatsanwaltschaften, welche Äußerungen verfolgt werden. Die Eignung, Hass | |
| zu erzeugen, kann in diesen aufgeheizten Zeiten schließlich leicht | |
| unterstellt werden. | |
| Die Verschärfung des Strafrechts beruhte auf einer zunächst nicht | |
| öffentlichen „Formulierungshilfe“ des Justizministeriums von Marco | |
| Buschmann (FDP). Völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit beschloss der | |
| Rechtsausschuss am Mittwoch, den Vorschlag in einem harmlosen Gesetz zum | |
| Bundeszentralregister unterzubringen. | |
| So konnte auf eine erste Lesung verzichtet werden. Und schon einen Tag | |
| später hat der Bundestag die Änderung abschließend beschlossen – als | |
| letzten Tagesordnungspunkt kurz vor 23 Uhr. Dafür stimmten die | |
| Ampelfraktionen und die Union, dagegen AfD und Linke. | |
| ## Verschärfung habe nichts mit Ukrainekrieg zu tun | |
| Das Justizministerium betonte, die Verschärfung des Strafrechts habe nichts | |
| mit dem Ukrainekrieg zu tun. Man reagiere nur auf ein | |
| Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission. Deutschland habe einen | |
| [1][EU-Rahmenbeschluss (zur Bekämpfung des Rassismus) von 2008] nicht | |
| deutlich genug umgesetzt. Es gehe nur um eine „Klarstellung“. Schon bisher | |
| sei die Leugnung und Verharmlosung von Kriegsverbrechen als Volksverhetzung | |
| strafbar gewesen, erklärte das Ministerium. | |
| Davon ist bisher allerdings noch niemand ausgegangen und es sind auch keine | |
| entsprechenden Gerichtsurteile bekannt. Auch die Staatsanwaltschaften haben | |
| seit Februar zwar wegen [2][Billigung des russischen Angriffskriegs] | |
| ermittelt, aber nicht wegen Leugnung oder Verharmlosung von russischen | |
| Kriegsverbrechen. Faktisch handelt es sich also um eine Verschärfung. | |
| Die beschlossene weitreichende Regelung wäre EU-rechtlich auch nicht | |
| zwingend gewesen. Denn der EU-Rahmenbeschluss von 2008 lässt den EU-Staaten | |
| durchaus gewisse Spielräume. So können sie etwa nur die Leugnung und | |
| Verharmlosung solcher Kriegsverbrechen unter Strafe stellen, die bereits | |
| durch ein internationales Gericht endgültig festgestellt wurden. | |
| Darauf kommt es nun aber nicht an. Es genügt für die Strafverfolgung von | |
| gröblich verharmlosenden Meinungsäußerungen, dass eine Staatsanwaltschaft | |
| bestimmte Handlungen als Kriegsverbrechen einstuft. | |
| 23 Oct 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=celex%3A32008F0913 | |
| [2] /Sachsens-Justiz-und-Putin-Propaganda/!5882283 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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