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# taz.de -- EU-Innenministertreffen in Luxemburg: Druck auf Serbien
> Die zunehmende Einreise von Flüchtlingen über die „Balkanroute“
> beschäftigt die EU-Innenminister. Brüssel droht Serbien wegen seiner
> Visa-Politik.
Bild: Majdan, Serbien, Mai 2021: Geflüchtete versuchen bei nacht die Grenze zu…
Berlin taz | Auf ihrem Treffen in Luxemburg am Freitag machten die
EU-Innenminister Druck auf Serbien. „Eins der drängendsten Themen, die wir
auf der Tagesordnung haben, ist Serbien, weil Serbien eine Visa-Praxis hat,
die nicht sehr schön ist“, sagte [1][Bundesinnenministerin Nany Faeser
(SPD)]. Diese orientiert sich daran, welche Staaten den Kosovo nicht
anerkennen. Das sei „nicht akzeptabel“, so Faeser. Das Land müsse „jetzt
die Visa-Praxis ändern, nicht irgendwann, sondern jetzt.“
EU-Innenkommissarin Ylva Johansson kündigte an, in Gesprächen mit den
Balkanstaaten noch stärker darauf zu dringen. Sollten diese sich nicht
kooperativ zeigen, könne Serbien die seit 2009 geltende Visa-Freiheit für
den Schengen-Raum entzogen werden.
Zuletzt war vielfach [2][vor einem Anstieg der Migration über die
Balkanroute gewarnt worden]. 2022 registrierte die EU-Grenzschutzagentur
Frontex bislang rund 106.000 Menschen, die auf deisem Weg in die EU kamen.
Das sind etwa dreimal so viele wie im Vorjahr. Allerdings sagt diese Zahl
wenig über das tatsächliche Migrationsgeschehen aus. Da alle Staaten des
Westbalkans von EU-Mitgliedsstaaten umgeben sind, waren die meisten, die
hier von Frontex gezählt werden, bereits zuvor in die EU eingereist – in
der Regel [3][über Griechenland], Bulgarien oder Rumänien. Über diese
Länder ist das Einreisegeschehen – von UkrainerInnen abgesehen – aber
derzeit eher konstant.
Serbien ist eine Ausnahme: Es lässt relativ großzügig Menschen als Ländern
einreisen, die mit Blick auf das Kosovo die Linie der Regierung in Belgrad
teilen. Die Zahl der irregulären Ankünfte über Serbien in der EU hat sich
deshalb bei einigen Herkunftsländern stark erhöht. So registrierten die
Behörden in den ersten acht Monaten des Jahres beispielsweise knapp 4.500
Ankünfte von Menschen aus Indien – knapp acht mal so viele wie im Vorjahr.
Auch die Zahl der Ankünfte in der EU von TunesierInnen, Kuba oder Burundi
über Serbien stieg an.
Bereits am Donnerstag hatte der Rat eine Kooperationsvereinbarung zwischen
der EU-Grenzschutzagentur Frontex und der Republik Nordmazedonien
angenommen. Die Agentur kann künftig so genannte „Grenzverwaltungsteams“in
das Land entsenden. Es ist nach Albanien, Montenegro und Serbien die vierte
Vereinbarung mit einem benachbarte Nicht-EU-Land, dass der Agentur faktisch
ermöglicht, dort eigenständig Transitmigrant:innen zu kontrollieren,
zurückzuweisen und teils abzuschieben.
## Warnung vor Instrumentalisierung von Flüchtlingen
Die Innenminister berieten auch über einen Vorschlag der EU-Kommission zur
Änderung der Schengen-Regelungen. Die Kommission will Mitgliedsstaaten
strengere Kontrollen und ein verschärfteres Asylrecht zugestehen, wenn
Flüchtlinge von Nachbarstaaten „instrumentalisiert“ und mit politischer
Absicht über Grenze gelassen oder getrieben werden – etwa wie 2021 aus
Belarus nach Polen.
Am Donnerstag hatte sich dabei der EU-Ausschuss der Regionen gegen die
Kommissionspläne gestellt. Wann eine solche „Instrumentalisierung“
vorliegt, sollte nicht von einem Mitgliedstaat allein entschieden werden
dürfen, so der Ausschuss in einer Stellungnahme. Zudem sollte dies nicht
zur Folge haben, dass der „im internationalen Asylrecht festgelegte Schutz
abgeschwächt“ wird. Polen, Lettland und Litauen hatten 2021 von einer
„hybriden Bedrohung“ und „Instrumentalisierung“ gesprochen und waren
daraufhin [4][mit schwerer Gewalt gegen Ankommende vorgegangen].
14 Oct 2022
## LINKS
[1] /Fluechtlingsgipfel-in-Berlin/!5883901
[2] /Gefluechtete-in-Deutschland/!5883872
[3] /Migrations--und-Asylpolitik-der-EU/!5880241
[4] /Gefluechtete-an-lettischer-Grenze/!5887943
## AUTOREN
Christian Jakob
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