# taz.de -- Instrumentalisierung von Geflüchteten: Keine Aufweichung des EU-As… | |
> Die EU-Kommission wollte das Asylrecht verschärfen, damit Flüchtende | |
> nicht als Druckmittel eingesetzt werden. Doch der Vorstoß ist | |
> gescheitert. | |
Bild: Hier besteht schonmal kein Durchkommen für Asylbewerber: Der Polnische G… | |
Berlin taz | Die EU-Kommission ist mit einem Vorschlag zur Verschärfung des | |
Asylrechts gescheitert. Die sogenannte Instrumentalisierungsverordnung | |
wurde von einer Reihe von Mitgliedsstaaten, angeführt von Deutschland, | |
abgelehnt. Die tschechische Ratspräsidentschaft verzichtete deshalb auf | |
eine Abstimmung bei der am Freitag zu Ende gegangenen Sitzung des Rates der | |
Justiz- und Innenminister. | |
Der Kerngedanke des Vorschlags, der vor allem eine Reaktion auf die | |
[1][Lage an der polnisch-belarussichen Grenze Ende 2021] war, lautete: Wenn | |
Flüchtende benutzt werden, um einem EU-Staat zu schaden, muss der sich | |
nicht mehr an das Asylrecht halten. | |
Unter anderem sollten EU-Staaten mehrere Wochen warten dürfen, bis sie | |
Asylanträge annehmen. Grenzpunkte hätten geschlossen, Migrant:innen fünf | |
Monate inhaftiert werden dürfen, ohne dass ein Asylverfahren eröffnet wird. | |
Dies ist in der EU nicht legal. | |
Menschenrechtsorganisationen hatten den Vorstoß heftig kritisiert und eine | |
Ausweitung illegaler Pushbacks befürchtet. Doch die Reform war auch auf | |
Widerstand in Reihen der EU-Mitgliedsstaaten gestoßen: Einigen ging er zu | |
weit, anderen, unter anderem Polen und Ungarn, nicht weit genug. | |
Schon 2021 hatte Polen eine frühere Version der vorgeschlagenen Verordnung, | |
die zunächst nur für Polen, Lettland und Litauen gelten sollte, als | |
„kontraproduktiv“ zurückgewiesen, weil darin weiter eine Prüfung von | |
Asylanträgen vorgesehen war. Asylverfahren müssten stattdessen gänzlich | |
eingestellt werden, sagte Polens EU-Botschafter damals. | |
Die aktuelle tschechische Ratspräsidentschaft hatte sich des Themas zuletzt | |
angenommen und versucht, einen Kompromiss zu formulieren. Der kam vor allem | |
den osteuropäischen Ländern entgegen: Er sah vor, dass betroffene Staaten | |
wie Polen sehr viel leichter einen „Instrumentalisierungsfall“ ausrufen | |
können und Rat und Kommission weniger Spielräume bei einer Prüfung hätten. | |
## Auch Ungarn lehnte den Kompromiss ab | |
Noch vor Beginn des EU-Innenministertreffens hatte sich die | |
Ratspräsidentschaft ihren Kompromiss am Mittwoch vom Rat der Ständigen | |
Vertreter der Mitgliedstaaten absegnen lassen wollen. Polen ließ sich dem | |
Vernehmen nach erweichen, für den Kompromiss zu stimmen. Doch Ungarn blieb | |
hart und lehnte den Kompromiss ab. | |
Auch versperrten sich Deutschland, Spanien, Portugal, Belgien und Luxemburg | |
dem Vorschlag, allerdings anders als Ungarn wegen menschenrechtlicher | |
Bedenken. Eine öffentliche Stellungnahme gab es dazu zunächst nicht – aus | |
Rücksicht auf die tschechische Ratspräsidentschaft, wie es aus Brüsseler | |
Kreisen hieß. | |
Der europäische Flüchtlingsrat ECRE begrüßte die Ablehnung. Die Verordnung | |
sei „der schlechteste in einer Reihe von schlechten Gesetzesvorschlägen der | |
Europäischen Kommission zum Thema Asyl“ gewesen. | |
9 Dec 2022 | |
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[1] /Tote-an-polnisch-belarussischer-Grenze/!5802600 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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