# taz.de -- Gaspreisdeckel in Spanien und Portugal: Die iberische Ausnahme | |
> Seit Juni haben Spanien und Portugal einen Gaspreisdeckel. Die Iberische | |
> Halbinsel ist, was Energie angeht, weitgehend vom Rest-Kontinent | |
> abgeschottet. | |
Bild: Enagas-Terminal für verflüssigtes Erdgas (LNG) in Barcelona | |
Madrid taz | Während [1][in Deutschland lange debattiert wurde], wie die | |
Preissteigerung bei der Energieversorgung zumindest teilweise aufgefangen | |
werden könnte, hatten längst Spanien und Portugal beim Strom einen Weg | |
gefunden, den Preis zu deckeln. Beide Länder haben seit Mitte Juni den | |
Preis für Elektrizität, die mit Gas erzeugt wird, gedeckelt. „Iberische | |
Ausnahme“ heißt diese Regelung, die Madrid und Lissabon Brüssel abgerungen | |
haben. | |
Der Grund, dass die EU-Kommission dieses Ausscheren aus den europäischen | |
Marktrichtlinien erlaubte: Die Iberische Halbinsel ist was Energie angeht | |
weitgehend vom restlichen Kontinent abgeschottet. Denn [2][nur wenige | |
Leitungen führen über die Pyrenäen nach Frankreich] und erlauben so einen | |
Austausch mit dem restlichen Europa. Portugal und Spanien sind über eine | |
Strompreisbörse verbunden. | |
Der Mechanismus des Deckels ist einfach: Der Strom aus Gas wird pro | |
Megawattstunde (MWh) auf 40 Euro festgeschrieben. Dies steigt Monat für | |
Monat in Fünf-Euro-Schritten bis auf 70 Euro. Damit wird erreicht, dass der | |
Strom insgesamt billiger bleibt. Denn der Preis für Elektrizität an den | |
Strompreisbörsen legt sich wie folgt fest: Das letzte benötigte Kilowatt | |
bestimmt den gesamten Preis. Alle Technologien, egal wie teuer die | |
Gestehungskosten tatsächlich sind, kassieren dann diesen Betrag. So auch | |
die Erneuerbaren, die 53 Prozent der Kapazität zur Stromerzeugung in | |
Spanien ausmachen und üblicherweise mit Gestehungskosten von Null Euro in | |
die Versteigerung eingehen, oder längst abgeschriebene AKWs, die ebenfalls | |
nahe Null rund ein Fünftel des Stromes in Spanien produzieren. | |
Das letzte Kilowatt kommt üblicherweise aus Kraftwerken, die Erdgas | |
verheizen. Wird deren Einspeisebetrag gedeckelt, geht der ganze Strompreis | |
zurück. Natürlich muss jemand für das aufkommen, was den | |
Gaskraftwerksbetreibern dadurch entgeht. Das ist natürlich der | |
Endverbraucher. Auf ihn wird die Differenz zwischen Deckel und tatsächliche | |
Preis umgelegt. Doch da Gas nur einen Teil der Stromproduktion ausmacht, | |
kommt dies immer noch deutlich billiger. | |
Über den Sommer hinweg war – so die Regierung – war der Großhandelspreis | |
für Strom rund 37 Prozent billiger als ohne Deckel. Mit den Mehrkosten der | |
Energieerzeuger, die Gas benutzen, umgelegt ist der Strom für den | |
Endverbraucher immer noch rund 22 Prozent billiger, als ohne | |
Strompreisdeckel. Anfang der Woche lag der Großhandelspreis bei rund 110 | |
Euro die MWh. Vor einem Jahr waren es weniger als 50 Euro. | |
Neben dem gestiegenen Gaspreis ist auch [3][die anhaltende Trockenheit] für | |
den Preisanstieg verantwortlich. Denn die Stauseen auf der Iberischen | |
Halbinsel sind leer, die Wasserkraftwerke stehen weitgehend still. Dies und | |
der gestiegene Stromexport Richtung Frankreich, führt dazu, dass trotz | |
hoher Gaspreise der Gasverbrauch der spanischen Stromerzeugung in den | |
letzten Monaten um rund 83 Prozent stieg. Frankreich sitzt wie Spanien auf | |
dem Trockenen und außerdem steht die Hälfte der AKWs dort wegen Wartung | |
still. | |
Jetzt sollen auch gekoppelte Wärmekraftwerke in die Deckelregelung | |
eingerechnet werden. Es handelt sich dabei um Kraftwerke, die in großen | |
Industriebetrieben mit der für die Produktion notwendigen, beziehungsweise | |
entstandene Wärme Strom erzeugen. Auch sie nutzen Gas. Sánchez erhofft | |
sich, dass rund 400 Industriebetriebe, die ihre Produktion heruntergefahren | |
oder gar ganz eingestellt haben, wieder normal funktionieren werden. Es | |
geht dabei energieintensive Produktionen, wie etwas die Papier-, Keramik- | |
oder Backsteinindustrie. Von der Neuregelung sind 20 Prozent des | |
industriellen Bruttoinlandsproduktes und 200.000 Arbeitsplätze betroffen. | |
In Portugal werden diese Art Betriebe bereits seit Beginn in die Deckelung | |
eingerechnet. | |
Rechtzeitig zum Winter senkt die Regierung die Mehrheitssteuer auf Erdgas | |
von 21 auf 5 Prozent. Die über 7 Million en Haushalte, die den regulierten | |
– alle drei Monate von der Regierung festgelegten Tarif unter Vertrag haben | |
– sparen damit um die 100 Euro pro Jahr ein. Sie geben damit – so die | |
Verbraucherverbände – im Schnitt dann jährlich 677 statt 789 Euro aus. | |
Natürlich nur solange der Gaspreis nicht weiter steigt. | |
29 Sep 2022 | |
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[2] /Deutsch-spanische-Energiestrategie/!5874959 | |
[3] /Duerre-in-Spanien/!5865238 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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