# taz.de -- Beratungen zu Entlastungspaket: Länder fordern Energiepreisdeckel | |
> Die Ministerpräsident:innen sehen den Bund bei der Finanzierung | |
> weiterer Entlastungen in der Pflicht. Uneinigkeit herrscht bei der | |
> Schuldenbremse. | |
Bild: Die Strompreise werden wohl bald gedeckelt – die Länder wollen auch ei… | |
Berlin dpa/afp | Die Bundesländer haben von der Bundesregierung die | |
Einführung eines Energiepreisdeckels gefordert. Bei der | |
Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) stimmten die Länderchefs am Mittwoch für | |
eine [1][Deckelung der Preise für Strom, Gas und Wärme], wie der | |
MPK-Vorsitzende und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst | |
(CDU) in Berlin vor Journalisten sagte. Nach Angaben von Berlins Regiernder | |
Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) könnten die Kosten dafür im | |
dreistelligen Milliardenbereich liegen – keine Einigkeit bestand bei den | |
Ländern, wie dies finanziert werden soll. | |
„Nun muss die Ampel-Koalition endlich Tritt fassen und auch die | |
Bereitschaft erklären, mit uns gemeinsam die notwendigen Lösungen | |
anzupacken“, sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow dem | |
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Menschen warteten auf | |
entschlossenes „und geschlossenes Handeln“ um [2][die explodierenden | |
Preise] auszugleichen, betonte der Linke-Politiker. Dies sei zumindest auf | |
Länderseite gelungen. | |
Als strittig galt nach Angaben von Berlins Regierender Bürgermeisterin | |
Franziska Giffey (SPD) unter den Ländern vor allem [3][das Thema | |
Schuldenbremse]. Die Frage, ob neue Kredite zur Finanzierung von | |
Entlastungen aufgenommen werden dürften, „konnten wir nicht abschließend | |
klären“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der | |
Ministerpräsidentenkonferenz nach den Beratungen. | |
Zugleich sah sie den Bund in der Pflicht. „Wir haben hier an dieser Stelle | |
ganz klar auch die Forderung an den Bund, dass ein solcher | |
Energiepreisdeckel nur durch den Bund bundesweit finanziert werden kann“, | |
sagte Giffey dem Sender RTL. Die Länder seien bereit, ihren Beitrag zur | |
Entlastung zu leisten, „aber der Energiepreisdeckel muss vom Bund | |
passieren“, machte sie klar. Zuvor hatte sie signalisiert, dass mit Kosten | |
in dreistelliger Milliardenhöhe zu rechnen sei. | |
Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) sagte, der | |
Bund müsse in jedem Fall einen „deutlich höheren als den vorgesehenen | |
Anteil der Lasten tragen“. | |
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hatte | |
nach den Beratungen gesagt, die Länder seien sich darin einig, dass zur | |
Finanzierung eines Energiepreisdeckels „Über- und Zufallsgewinne“ der | |
Energiekonzerne abgeschöpft werden sollen. Brandenburgs Regierungschef | |
Dietmar Woidke (SPD) sprach sich für eine Ausnahme von der Schuldenbremse | |
aus, um die Energiepreisbremse zu finanzieren. | |
Schwesig dagegen blieb bei dem Thema zurückhaltend: „Es gibt mehrere | |
Bundesländer, die eine Protokollnotiz abgegeben haben, dass sie diese | |
außergewöhnliche Notlage (…) als Grundlage sehen, im Zweifel eine Ausnahme | |
von der Schuldenbremse zu machen. Wir werden sehen, ob das notwendig ist“, | |
sagte sie am Mittwochabend. Nach Angaben ihres Sprechers hat | |
Mecklenburg-Vorpommern die Notiz mitgetragen. | |
Innerhalb der Ampelregierung im Bund ist ein mögliches Aussetzen der | |
Schuldenbremse strittig. Die FDP mit Finanzminister Christian Lindner ist | |
bisher strikt dagegen. | |
Der Bund der Steuerzahler sieht durchaus auch Spielraum bei den Ländern, | |
sich an der Finanzierung zu beteiligen. „Ich sehe, dass die Länder derzeit | |
hohe Milliarden-Überschüsse anhäufen, während sich der Bund immer tiefer im | |
Krisenmodus und in seinen Schulden festfährt“, sagte der Präsident des | |
Vereins, Reiner Holznagel, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/ | |
Donnerstag). Er forderte, die Energie- und Inflationskrise müsse von allen | |
staatlichen Ebenen mit gleicher Vehemenz angepackt werden. „Es darf nicht | |
sein, dass der Bund zum Einzelspieler wird und die Länder von der | |
Seitenlinie aus kommentieren.“ | |
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund unterstützte die Forderung nach einer | |
Energiepreisbremse. Sie könne „den Menschen, den Kommunen, aber auch der | |
mittelständischen Wirtschaft wirklich helfen“, sagte der | |
Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd | |
Landsberg, der Rheinischen Post. Wichtig sei, dass eine Energiepreisbremse | |
alle Energieträger erfasse. | |
Der Sozialverband VdK forderte „ein bezahlbares Basiskontingent an Gas und | |
Strom für alle Haushalte“, wie VdK-Präsidentin Verena Bentele dem RND | |
sagte. „Die kalte Jahreszeit ist da, und immer mehr Menschen fürchten sich | |
vor den hohen Gasabschlägen und Energierechnungen in ihren Briefkästen, | |
weil das Geld nicht mehr reicht.“ Zur Finanzierung der Entlastungsmaßnahmen | |
schlug sie eine „faire Vermögenssteuer“ und die „Besteuerung von großen | |
Krisengewinnen“ vor. | |
29 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Steigende-Energiepreise/!5879309 | |
[2] /Energiekrise/!t5872932 | |
[3] /Christian-Lindners-Finanzpolitik/!5881434 | |
## TAGS | |
Energiekrise | |
Entlastungspaket | |
Schuldenbremse | |
Inflation | |
Klaus Lederer | |
Energiekrise | |
Ampel-Koalition | |
Gas | |
Rezession | |
Mieten | |
Anti-Atom-Bewegung | |
Mietrecht | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Senatssitzung: Voll Energie voraus? | |
Trotz wahrscheinlicher Wahlwiederholung gibt sich die rot-grün-rote | |
Regierung tatkräftig: Entwurf des Nachtragshaushalt soll bis 8. November | |
stehen. | |
Madrid belastet Reiche stärker: Vermögenssteuer a la española | |
Die Linkskoalition nennt es „Solidaritätssteuer“. Millionäre müssen zahl… | |
Abgaben für Geringverdiener sinken. Aber: Es gibt auch Ausnahmen. | |
Bundesregierung verkündet Gaspreisbremse: Ein Schirm gegen die Preisexplosion | |
Die Regierung will die Energiekosten mit einem 200-Milliarden-Euro-Programm | |
in den Griff bekommen. Der Plan: ein subventionierter Basisverbrauch. | |
Gaspreisdeckel in Spanien und Portugal: Die iberische Ausnahme | |
Seit Juni haben Spanien und Portugal einen Gaspreisdeckel. Die Iberische | |
Halbinsel ist, was Energie angeht, weitgehend vom Rest-Kontinent | |
abgeschottet. | |
Wirtschaftsentwicklung in Deutschland: Inflation steigt auf 10,0 Prozent | |
Expert:innen rechnen nächstes Jahr mit einem Einbruch der deutschen | |
Wirtschaft um 0,4 Prozent. Die Inflation hat im September das 10 Prozent | |
erreicht. | |
Wohngeldreform der Regierung: Notwendig, aber nicht nachhaltig | |
Die Wohngeldreform liefert für viele Menschen eine dringend notwendige | |
Entlastung. Das Problem dahinter, Spekulationen am Wohnungsmarkt, packt sie | |
nicht an. | |
Verlängerung der Laufzeiten: Es liegt am Atom-Bedarf im Süden | |
Macht nur der obskure Strommarkt die AKW-Reserve notwendig? Rufe nach | |
Neuorganisierung werden laut. | |
Brief an Justizminister Buschmann: Verbände fordern Kündigungsschutz | |
Wer Mietrückstände nicht zahlen kann, dem droht trotz Krise die | |
Wohnungslosigkeit. Mietervereine sprechen sich für effektiven Schutz aus. |