| # taz.de -- Podcaster über Filme aus zweiter Reihe: „Wir sind keine Fanboys�… | |
| > Seit zehn Jahren besprechen Patrick Lohmeier und Daniel Gramsch im | |
| > Podcast „Bahnhofskino“ Filme aus der zweiten Reihe. Ein Interview. | |
| Bild: Marilyn Burns in „The Texas Chainsaw Massacre“ | |
| taz: Herr Lohmeier, Herr Gramsch, [1][Ihr Podcast heißt „Bahnhofskino“]. | |
| Das waren Kinos in den 70er und 80er Jahren, die Durchreisenden die | |
| Wartezeit verkürzen sollten. Die dort gezeigten Filme galten als | |
| schmuddelig und wurden aus moralischen Gründen oft nicht in den regulären | |
| Kinos gezeigt. Warum beschäftigen Sie sich mit diesen Filmen? | |
| Daniel Gramsch: Blockbuster werden schon ausreichend in anderen Podcasts | |
| besprochen, aber Filme aus der zweiten Reihe sind oft viel spannender: Zu | |
| hinterfragen, warum ein Film wie „The Texas Chainsaw Massacre“ für | |
| [2][moralische Empörung] gesorgt hat, und auch hinter diese Entrüstung zu | |
| blicken – das allein würde für ein paar Podcastfolgen reichen. | |
| Patrick Lohmeier: Viele Filme, die im Bahnhofskino liefen, sind Genrefilme | |
| mit vordergründigen Schauwerten. Sie finden in der Filmwissenschaft und | |
| vermeintlich seriösen Filmkritik keine große Beachtung und gelten als | |
| Schund. Als Artefakte popkultureller Trends vergangener Tage sind sie aber | |
| ebenso reizvoll wie beredenswert. | |
| Das machen Sie mittlerweile seit zehn Jahren und haben mehr als 800 Filme | |
| besprochen. Machen Sie das hauptberuflich? | |
| Patrick Lohmeier: Das würden wir sehr gerne, wenn mit einem unabhängig | |
| produzierten Nischenformat wie „Bahnhofskino“ Geld zu verdienen wäre. | |
| Unsere Patreon-Kampagne hilft uns aber dabei, die laufenden Kosten zu | |
| stemmen. Dort veröffentlichen wir auch exklusive Bonusepisoden als kleines | |
| Dankeschön für unsere Spender*innen. Uns macht das viel Spaß. Da ist es | |
| auch okay, dass nicht mehr als ein Taschengeld rausspringt. | |
| Sie besprechen in Ihren Episoden jeweils zwei Filme und ordnen sie in den | |
| Entstehungskontext ein. Schwer vorstellbar, dass man da abends noch | |
| entspannt vorm Fernseher sitzen und einen Film genießen kann. | |
| Daniel Gramsch: Ich tendiere dazu, ständig Filme besprechen zu wollen, ob | |
| mit Patrick oder mit meiner Frau. Beim Filmschauen mache ich mir meistens | |
| keine Notizen, aber lege mir Argumente zurecht und achte auf Dinge, die ich | |
| für besprechenswert halte. | |
| Dazu zählen auch misogyne Elemente, etwa in italienischen Horrorfilmen aus | |
| den 80ern. Wie schaffen Sie den Spagat, solche Filme wertzuschätzen und | |
| dabei kritisch zu hinterfragen? | |
| Patrick Lohmeier: Wir benennen das, was unserer Ansicht nach benannt werden | |
| muss: Rassismus, Sexismus oder Misogynie. Actionfilme wie „Phantom | |
| Commando“ mit [3][Arnold Schwarzenegger] von 1985 würde ich etwa als | |
| Faschokino bezeichnen. Doch ein Film ist deshalb nicht automatisch | |
| schlecht. Es ist wichtig, ihn innerhalb seines Genres und der | |
| Entstehungszeit zu kontextualisieren. | |
| Viele Filmpodcasts werden von männlichen Hosts moderiert. Herr Lohmeier, | |
| Sie bezeichnen sie gerne als „Filmbrudis“. Nun sind Sie aber auch zwei | |
| ältere weiße Kerle. Wie reflektieren Sie Ihre eigene Rolle? | |
| Daniel Gramsch: Wir bemühen uns um eine inklusive Sprache und wollen kein | |
| Teil des allgegenwärtigen Fanboytums sein. Regelmäßig gibt es Feedback von | |
| Hörer*innen, dass wir doch bitte den blutigen Horror und die dicken Möpse | |
| nicht mit ach so klugen Gedanken angehen sollen. | |
| Sie besprechen Filme, die mitunter schwer zu bekommen sind. Wie kommen Sie | |
| an die Filme ran? | |
| Daniel Gramsch: Wir haben mehrere Tausend in unseren Sammlungen. Dann | |
| schlummert auch auf [4][Youtube] oder [5][Archive.org] vieles. Wir finden | |
| also alle Filme, ohne irgendwelche rechtlichen Grauzonen zu betreten. | |
| Außerdem haben wir ein gutes Netzwerk. Irgendjemand hat immer noch eine | |
| alte DVD oder Videokassette von einem Film im Regal stehen. | |
| Podcasts sind in Deutschland Mitte der 2010er Jahre stark gewachsen. Merken | |
| Sie eine wachsende Konkurrenz? | |
| Patrick Lohmeier: Absolut. In den USA gibt es Filmpodcasts seit Mitte der | |
| 2000er Jahre. Als wir im Frühjahr 2012 anfingen, waren wir mit einem reinen | |
| Genrekinoformat im deutschsprachigen Raum allein. Mittlerweile sind die | |
| Angebote professioneller geworden und der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit | |
| der Hörer*innen ist groß. Aber das spornt uns auch an für die nächsten | |
| zehn Jahre Bahnhofskino. | |
| Transparenzhinweis: Der Interviewer ist Patreon-Unterstützer des Podcasts. | |
| 31 Aug 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.bahnhofskino.com/ | |
| [2] /Horrorfilm-Day-of-the-Dead-auf-Arte/!5832980 | |
| [3] /Arnold-Schwarzenegger-wird-75/!5867547 | |
| [4] http://youtube.com | |
| [5] http://archive.org | |
| ## AUTOREN | |
| Denis Gießler | |
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