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# taz.de -- Aufwärmen für den kommenden Winter: Eine Schulddebatte? Bitte sch…
> Nein, nicht alle haben von billigem Gas aus Russland profitiert. Und die
> treibenden Kräfte hinter unserer Abhängigkeit heißen Wintershall und
> BASF.
Bild: Martin Brudermüller heutiger Vorstandsvorsitzender der BASF SE. Dessen T…
Wir hatten diese Woche kein Warmwasser. Grund war ein spät entdeckter
Rohrbruch, durch den die Gastherme kaputtging. Ärgerlich – aber nun denn,
auch ein kleiner Testlauf für den Winter, dachte ich. Wie man sich halt die
Dinge immer so schön- beziehungsweise warm redet.
Oder, um den damaligen Chef des Energieunternehmens Wintershall, Rainer
Seele, [1][zu zitieren]: „Wir produzieren gemeinsam, wir investieren
gemeinsam, und wir lernen gemeinsam.“ Er sprach von Gazprom, und zwar 2014,
als Russland gerade die Krim besetzte. Die EU überlegte, welche Sanktionen
sie gegen Russland verhängen würde, was Seele verhindern wollte. Denn bei
der BASF-Tochter Wintershall war man just dabei, seine Öl- und Gasgeschäfte
noch enger mit Gazprom zu verschränken.
Der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte Verständnis und
fand auch, dass Gas und Öl bei den Sanktionen keine Rolle spielen sollten.
Wenig später unterschrieb Gabriel eine staatliche Milliardenbürgschaft,
damit Wintershall den mittlerweile berühmt gewordenen Gasspeicher in
Rehden, den größten Europas, mit Gazprom gegen Gasfelder in Sibirien
tauschen konnte.
So hat es vor wenigen Tagen das Fernsehmagazin „Monitor“ [2][noch einmal
wunderbar herausgearbeitet], samt Bild von Gabriels handschriftlichem
Vermerk „Ich unterstütze den Antrag“. Aktuell verdient Wintershall – das
heute als Wintershall Dea immer noch zu rund drei Vierteln BASF gehört, den
Rest hat ein russischer Oligarch – sehr gut mit westsibirischem Gas. Denn,
Sie erinnern sich, Gas wird derzeit ausgesprochen teuer verkauft.
Wenn Sie all dies längst wissen, entschuldigen Sie bitte. Mir erschien es
zuletzt so, als sprächen wir zu wenig darüber, wie und von wem wir in diese
ganze krasse Lage gebracht wurden.
Es reicht halt nicht zu sagen: „Klar ging es da um wirtschaftliche
Interessen, ist doch immer so, aber wir haben ja alle profitiert“ – und
dann twittern alle weiter ganz aufgeregt über irgendeine unwichtige
Einlassung von Sahra Wagenknecht. Es haben eben nicht alle profitiert. Es
geht immer um kurzfristige und langfristige Gewinne – oder eben auch
Verluste, und siehe da, Stand heute ist beides wieder einmal höchst
ungleich verteilt. Außerdem sind Schuldfragen in der Wirtschaftspolitik
wichtig. Alles aufs „System“ zu schieben, hilft niemandem außer den
AktionärInnen von BASF.
Ich halte es für spektakulär, dass BASF-Chef Martin Brudermüller es wagt,
sich seit Kriegsbeginn in Gasdingen als Schutzpatron der deutschen
Volkswirtschaft aufzuspielen, nachdem BASF und Wintershall erkennbar die
Treiber hinter dem Wahnsinnskonzept waren, die deutsche Energieversorgung
von Wladimir Putin abhängig zu machen.
„Wir machen Vorschläge an die Politik“, [3][sagte er jüngst treuherzig im
Spiegel]. In der Art, wie Brudermüller dabei auch gleich Subventionen fürs
CO2-Sparen und Investitionsgarantien fürs Chinageschäft verlangte, wirkte
er allerdings wie der Brandstifter, der erst das Haus anzündet, dann
behauptet, dass nur er imstande sei zu löschen, dafür dann allerdings Geld
will. Soll alles heißen: Eine Übergewinnsteuer kann hier eigentlich nur der
Anfang sein.
Gestern durfte ich bei der Nachbarin warm duschen. Ich weiß nicht, ob das
ein nachhaltiger Plan für den Winter ist.
7 Aug 2022
## LINKS
[1] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/deutsche-unternehmen-in-ru…
[2] https://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-wintershall-dea-ein-deuts…
[3] https://www.spiegel.de/wirtschaft/basf-chef-brudermueller-das-letzte-was-wi…
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
## TAGS
Gas
Energie
Ukraine-Konflikt
Kolumne Ernsthaft?
Energiekrise
Schwerpunkt Klimasabotage
Stellenabbau
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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Embargo
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