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# taz.de -- Nach Suizid von bedrohter Ärztin: Pandemie der Gewalt
> Der Suizid einer Impfärztin in Österreich zeigt: Die Hetze im Netz nimmt
> immer schlimmere Ausmaße an. Dagegen muss endlich was getan werden.
Bild: Kerzen zum Gedenken an die verstorbene Ärztin Lisa-Maria Kellermayr in W…
Die Welle von rechtem Hass und Gewalt hat einen neuen Höhepunkt erreicht.
Noch sind die genauen Umstände und Ursachen des Suizids der
österreichischen [1][Ärztin Lisa-Maria Kellermayr] nicht bekannt. Fakt ist:
Sie wurde seit Monaten bedroht. [2][Erst im Netz] und dann ganz real. Von
Menschen, die tiefsten Hass entwickelten, weil Kellermayr sich öffentlich
zu Impfungen und Coronamaßnahmen bekannte.
Das Entsetzen ist groß. Wieder einmal. Denn so tragisch der Fall der Ärztin
auch sein mag – es ist nicht das erste Mal, dass Beschimpfungen,
Beleidigungen, Gewaltandrohungen aus der virtuellen Welt in die analoge
Welt schwappen. Die Opfer der Hater werden gezwungen, sich zurückzuziehen,
Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, sich zu verstecken. Viele müssen ihre
Jobs aufgeben, ruinieren sich finanziell, tauchen ab in die soziale
Isolation.
Nur weil ein rechter Mob, eine Horde von Anhänger:innen
[3][verschwörungsmythischer Ideen], nicht in die Schranken gewiesen wird.
Es ist die Ignoranz und das Nicht-wahrhaben-Wollen, dass Tweets, Posts eben
nicht nur schnell dahingerotzt sind, um das eigene krude Gedankengut in die
virtuelle Welt zu ballern. Jeder einzelne Hasspost schmerzt die
Adressat:innen.
Weil Masse und Tempo im Netz kein Problem sind, kommen irgendwann
diejenigen, die ihre Meinung äußern und für Aufklärung sorgen wollen, an
ihre Grenzen. So geschieht es auch jetzt. Etliche Nutzer:innen der
sozialen Medien schalten ihre Profile ab, manche gehen nur in eine Pause.
Ob sie wiederkommen, ist ungewiss. Klar ist aber, dass Austausch, Debatte
und auch Streit auf den Plattformen mehr und mehr ausdünnen.
Und es geht um das Gefühl, der gewaltvollen Kritik allein ausgesetzt zu
sein. Aufseiten des Gesetzgebers wurden Instrumente geschaffen, um den Hass
einzudämmen. Allein durch den Begriff der digitalen Gewalt wurde dem
Phänomen mehr Bedeutung zugemessen. Es ist tatsächlich Gewalt, die von dem
virtuellen Raum ausgeht. Wie so häufig sind es jedoch die
Plattformanbieter, die sich erst nach sehr vielen Hinweisen die Mühe
machen, Inhalte zu entfernen.
Und es sind die Strafverfolgungsbehörden, die zwar Hasskriminalität
wahrnehmen, aber weder Personal noch Ausrüstung aufstocken. Also wiegen
sich die Absender:innen in Sicherheit. Die Sozialpsychologin Pia
Lamberty spricht im Kontext von Corona von einer Pandemie der Gewalt, die
in ihrer Bedrohlichkeit kaum wahrgenommen wurde. Im virtuellen wie analogen
Raum. Angesichts der Weltlage, die für die kommenden Monate nichts Gutes
verheißt, muss sie endlich ernst genommen werden. Sonst wird die Liste der
Opfer immer länger.
Wenn Sie Suizidgedanken haben, sprechen Sie darüber mit jemandem. Sie
können sich rund um die Uhr an die Telefonseelsorge wenden (08 00/111 0 111
oder 08 00/111 0 222) oder [4][www.telefonseelsorge.de] besuchen.
31 Jul 2022
## LINKS
[1] /Tod-der-Aerztin-Lisa-Maria-Kellermayr/!5867662
[2] /Diskriminierung-im-Netz/!5804507
[3] /Von-Impfgegnern-bedroht/!5871225
[4] http://www.telefonseelsorge.de
## AUTOREN
Tanja Tricarico
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