| # taz.de -- BGH-Urteil zu Facebook: Auch Hetzer:innen haben Rechte | |
| > Facebook muss Betroffene vor der Sperrung ihres Kontos anhören. Das ist | |
| > richtig. Soviel Fairness muss sein. | |
| Bild: Muss jetzt vor dem Löschen anhören: das soziale Netzwerk Facebook | |
| KARLSRUHE taz | Darf ein privates Unternehmen bestimmen, wann im Internet | |
| die Meinungsfreiheit endet? Viele Bürger:innen empfinden hier ein großes | |
| Unbehagen. Immerhin sind soziale Netzwerk wie Facebook wichtige | |
| gesellschaftliche Foren. Und es trifft viele Nutzer:innen hart, wenn sie | |
| als Sanktion für eine echte oder vermeintliche Hassbotschaft wochenlang | |
| nichts mehr posten und kommentieren dürfen. | |
| Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in dieser jahrelangen Diskussion am | |
| Donnerstag wichtige Pflöcke eingeschlagen, aber auch manches offen | |
| gelassen. Es handelt sich also um das erste, aber sicher nicht das letzte | |
| BGH-Grundsatzurteil zu Facebook-Sanktionen. | |
| Der BGH hat nun geklärt, dass Facebook beim Vorgehen gegen | |
| [1][Hassbotschaften] strenger sein darf als das Strafgesetzbuch, aber offen | |
| gelassen, wo die genaue Grenze liegt. Vor allem aber hat der BGH von | |
| Facebook eine bessere Kommunikation mit den Betroffenen von Sanktionen | |
| verlangt. | |
| Dass das Netzwerk nun vor einer Sperrung des Facebook-Kontos Chance zur | |
| Widerrede geben muss, ist sinnvoll. Wenn es um Grundrechte geht, müssen die | |
| Betroffenen ihre Sichtweise darstellen können. | |
| ## Sanktionen im Vorfeld der Strafbarkeit | |
| Gerade weil bei [2][Facebook] schon im Vorfeld der Strafbarkeit Sanktionen | |
| drohen, ist die Abgrenzung zwischen dem Erlaubten und der verbotenen | |
| Hassrede besonders schwierig. Wer sich falsch interpretiert oder bewertet | |
| fühlt, sollte zumindest Gegenargumente vorbringen können. Die | |
| Mitarbeiter:innen, die bei Facebook solche Entscheidungen treffen, haben | |
| sehr wenig Zeit und beispielsweise für Ironie und Sarkasmus oft wenig | |
| Verständnis. Auch der Kontext einer Äußerung wird sicher häufig falsch | |
| eingeschätzt. | |
| Die zusätzlichen Verfahrensanforderungen bremsen zwar auch Facebooks | |
| Sperr-Eifer. Aber das muss nicht verkehrt sein. Facebook sollte es als | |
| Impuls verstehen, sich auf die Sanktion von besonders üblen Hasstiraden zu | |
| beschränken. Auch wenn zur Zeit überwiegend Rechtsextremist:innen und | |
| Verschwörungserzähler:innen gelöscht und gesperrt werden: Die | |
| Meinungsfreiheit ist doch ein Wert an sich. Sie sollte nur beschränkt | |
| werden, wenn es unbedingt sein muss. | |
| Allerdings sollte Facebook seine internen Regeln schnell an die | |
| BGH-Vorgaben anpassen, damit das Netzwerk bald auch wieder gegen | |
| nicht-strafbare Hassrede vorgehen kann. Denn es dürfte der Meinungsfreiheit | |
| sogar nutzen, wenn Facebook besonders schlimme Hetzer:innen | |
| sanktioniert. | |
| Schließlich hält eine aggressive, abfällige Sprache viele Nutzer:innen | |
| davon ab, sich an Diskussionen überhaupt zu beteiligen. Die schlimmsten | |
| Gegner:innen eines freien gesellschaftlichen Diskurses sind eben nicht | |
| die Behörden und auch nicht die sozialen Netzwerke, es sind die | |
| Hetzer:innen, die alles niederhassen und bedrohen, was nicht ihrem Weltbild | |
| entspricht. | |
| 30 Jul 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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