# taz.de -- Desinformation im Netz: Trolle nehmen sich Newsseiten vor | |
> Das Bundesinnenministerium ist besorgt über die Zunahme von | |
> Desinformationskampagnen. Plattformanbieter sollen gegen falsche | |
> Nachrichten vorgehen. | |
Bild: Achtung: Fakeaccounts in sozialen Medien dienen oft als Köder | |
BERLIN taz | Auf den ersten Blick sind sie nicht von echten | |
Nachrichtenseiten zu unterscheiden: Aufmachung, Farbgebung, Logos oder | |
Schrifttypen kommen den Leser:innen bekannt vor. Doch auf den Seiten | |
werden erfundene Nachrichten, gefälschte Videos verbreitet. Fakeaccounts | |
bei Facebook oder anderen sozialen Medien [1][locken ahnungslose | |
Nutzer:innen auf die Propagandaseiten]. | |
Auch in Kommentarspalten auf verschiedenen Newsportalen tauchen die | |
digitalen Lockvögel auf. Wer genau sie geschickt hat, ist schwer | |
herauszufinden. Dass sie einen politischen Auftrag haben, ist hingegen | |
eindeutig. Eine aktuelle Recherche von t-online zeigt nun die Strategie und | |
wie Verbreitung von gefälschten Nachrichten funktioniert. Das Portal konnte | |
mehr als 30 neu registrierte Internetadressen enttarnen. Diese führten | |
unter anderem zu t-online, aber auch zum Spiegel, zu FAZ, Welt oder Bild. | |
Das Bundesinnenministerium äußerte sich besorgt über diese | |
Desinformationskampagne. Sie zeige exemplarisch das Ausmaß | |
[2][prorussischer Propaganda und Desinformation in Deutschland], teilte ein | |
Ministeriumssprecher auf taz-Anfrage mit. Und: „Diese verfolgen das Ziel, | |
Vertrauen in Politik, Gesellschaft und staatliche Institutionen zu | |
untergraben.“ Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine | |
sei eine Zunahme festzustellen. | |
Für die Vorsitzende des Digitalausschusses im Bundestag, Tabea Rößner | |
(Grüne), zeigt der Fall eine neue Dimension „mit enormem | |
Manipulationspotenzial öffentlicher Meinungsbildungsprozesse“. Gegenüber | |
der taz forderte sie mehr Aufklärung, Medienkompetenz sowie eine | |
konsequente Umsetzung des [3][Digital Services Act], der EU-weit gelten | |
wird. | |
## Kampagnen sollen Vertrauen erschüttern | |
Laut Josef Holnburger, Politikwissenschaftler und Geschäftsführer des | |
Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS), ist die Nachbildung | |
von Auftritten etablierter Medien, um Fake News zu verbreiten, in | |
Deutschland bisher nicht bekannt, sie tauchten bisher etwa im Wahlkampf des | |
ehemaligen US-Präsidenten Trump auf. „Weil der Zweck solcher Kampagnen die | |
Destabilisierung und das Erschüttern von Vertrauen sind, müssen sie ernst | |
genommen werden und sind als gefährlich anzusehen“, sagte Holnburger der | |
taz. Über Reichweite und Erfolg könne man bisher nur spekulieren. | |
Derzeit sei es noch zu früh, um zu bewerten, wie stark die russische | |
Regierung involviert ist. „Wir sehen hier oft auch „freiwillige“ | |
Unterstützer, die bei solchen Kampagnen mitmachen oder Desinformationen | |
erfinden.“ Aber: „Wir wissen, dass russische Desinformation vor allem nach | |
dem Motto,viel hilft viel' gefahren wird: Es wird so viel Desinformation | |
verbreitet, dass die Wahrheit dagegen nur klein und verloren wirkt.“ | |
Im Kampf gegen die Verbreitung von Fake News setzt das | |
Bundesinnenministerium auch auf die Betreiber sozialer Medien. Sie sollen | |
transparente Regeln schaffen und diese konsequent umsetzen. Experte | |
Holnburger zufolge haben viele Plattformen technische Verfahren entwickelt, | |
um nicht-authentisches Verhalten zu entlarven. Damit sind sogenannte Bots | |
gemeint. Allerdings sind auch diese Verfahren begrenzt. Es brauche vor | |
allem personelle Kapazitäten, um in diesen Zeiten schneller solche | |
Desinformationskampagnen aufzudecken. | |
30 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Prorussische-Desinformationskampagne/!5874951 | |
[2] /Russischsprachige-Communities/!5847458 | |
[3] /Einigung-aufs-Digitale-Dienste-Gesetz/!5846896 | |
## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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