| # taz.de -- Einigung auf den Digital Services Act: EU räumt das Netz auf | |
| > Brüssel hat sich auf ein Gesetz für Onlineplattformen geeinigt. Es bringt | |
| > mehr Schutz für User – doch an der Ausbeutung der Daten ändert es wenig. | |
| Bild: Mit dem neuen Digitalen-Dienste-Gesetz ist das Internet kein rechtsfreier… | |
| Brüssel taz | Mehr Schutz vor Betrug, Hassrede und Fake News im Internet: | |
| Das verspricht das Digitale-Dienste-Gesetz (Digital Service Act, DSA), auf | |
| das sich die drei großen EU-Institutionen (Parlament, Kommission und Rat) | |
| in Brüssel geeinigt haben. | |
| Das neue „digitale Grundgesetz“ soll 2023 in Kraft treten. Es sieht vor, | |
| dass alles, was illegal ist, auch online verboten werden soll. Große | |
| Onlineplattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzern wie Facebook, Amazon | |
| oder Google werden besonders in die Pflicht genommen. Ihnen drohen künftig | |
| hohe Strafen, wenn sie gegen das DSA verstoßen. Die EU-Kommission kann ein | |
| Bußgeld von bis zu 6 Prozent ihres weltweiten Umsatzes verhängen. Bei | |
| Konzernen wie Google geht das schnell in die Milliarden. | |
| Die letzten Verhandlungen hatten sich über 16 Stunden hingezogen. Die nun | |
| erfolgte Einigung sei „historisch“, freute sich EU-Kommissionspräsidentin | |
| Ursula von der Leyen. Die EU leiste Pionierarbeit bei der Regulierung des | |
| Internets, heißt es im Europaparlament. Das DSA stelle „das Vertrauen in | |
| unsere digitale Umgebung wieder her“, meint der CDU-Politiker Andreas | |
| Schwab. „Die EU räumt das Internet auf“, freut sich der Chef der | |
| Linksfraktion, Martin Schirdewan. | |
| Tatsächlich ist es bereits das dritte Gesetz, mit dem Brüssel das Internet | |
| zu regulieren versucht. Schon 2018 hat die EU die | |
| Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auf den Weg gebracht. Im März hatte sich | |
| die EU auf das Digitale-Märkte-Gesetz (DMA) geeinigt. Nun folgt das DSA. | |
| Mit diesen Regulierungen setzt die EU [1][globale Standards]. Sogar in den | |
| USA, aus denen die meisten großen Plattformen kommen, spricht man | |
| anerkennend vom „Brussels Effect“. Viele Konzerne und sogar Staaten sind | |
| gezwungen, sich an die europäischen Normen anzupassen. Allerdings nutzt die | |
| EU ihre Macht nur in Maßen. So wurde auf die Zerschlagung der großen | |
| Monopolisten verzichtet, wie sie in Washington diskutiert wird. Die neuen | |
| EU-Regeln sehen auch kein Verbot der Verarbeitung von Nutzerdaten in die | |
| USA oder andere Drittländer vor. | |
| ## User erhalten Einblick in Empfehlungsalgorithmen | |
| An der Kommerzialisierung des Internets und der Ausbeutung der Daten ändert | |
| das DSA wenig. Allerdings werden Leitplanken eingezogen. So sollen die User | |
| künftig sehen, mit welchen Einstellungen Werbung auf sie angepasst wird und | |
| wer die Anzeige finanziert. Besonders sensible Daten wie sexuelle | |
| Orientierung, politische Einstellung und Religion dürfen nicht mehr für | |
| gezielte Werbung genutzt werden. Bei Minderjährigen wird personalisierte | |
| Werbung sogar ganz verboten. Zudem sollen die User erstmals Einblick in die | |
| umstrittenen Empfehlungsalgorithmen erhalten. Das sind die im Programm | |
| verborgenen Regeln, nach denen Inhalte ausgespielt werden. Die Plattformen | |
| sollen künftig die wichtigsten Parameter veröffentlichen. | |
| Heikel ist die neue Verpflichtung, illegale Inhalte „unverzüglich“ (in der | |
| Regel binnen 24 Stunden) und ohne Richterbeschluss zu entfernen. Denn nicht | |
| in allen 27 EU-Ländern gelten dieselben Regeln für legale und illegale | |
| Inhalte. So geht Ungarn besonders restriktiv vor. Damit werde der Weg für | |
| „willkürliche Plattformzensur sowie grenzüberschreitende Löschanordnungen | |
| aus illiberalen Mitgliedstaaten“ bereitet, [2][kritisiert der | |
| Europa-Abgeordnete der Piraten, Patrick Breyer]. | |
| Umstritten ist auch die Durchsetzung der neuen Regeln. Darum sollen sich | |
| nicht mehr wie bisher nur die 27 EU-Staaten kümmern. Bei großen Plattformen | |
| wie Facebook und Google soll vielmehr die EU-Kommission verantwortlich | |
| sein. Die Brüsseler Behörde erhält damit Zugriff auf das Internet und seine | |
| Inhalte – Kritiker sprechen von einem Einfallstor für Zensur. | |
| 24 Apr 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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