| # taz.de -- Datenschützerin verschickt Warnung: Volksbanken wollen gläserne K… | |
| > Die Volksbanken möchten Kundenprofile erstellen, um gezielter Werben zu | |
| > können. Niedersachsens Datenschutzbeauftragte befürchtet | |
| > Datenschutz-Verstöße. | |
| Bild: Allwissende Berater? Die Volksbanken wollen künftig mit umfassenden Kund… | |
| Hamburg taz | Die Volks- und Raiffeisenbanken (VR-Banken) wollen es den | |
| großen Internetfirmen gleichtun und ihren Datenschatz heben. Das heißt, sie | |
| wollen die umfangreichen Informationen, die ihnen aus der | |
| Geschäftsbeziehung mit ihren Kunden zur Verfügung stehen, zu Geld machen, | |
| indem sie individuelle Profile erstellen und dazu passende Werbeangebote | |
| generieren. | |
| Die [1][niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte Barbara Thiel] hält | |
| dieses „Smart-Data“-Projekt der VR-Banken für problematisch. Nach Prüfung | |
| eines Pilotprojekts hat sie jetzt eine Warnung an alle weiteren 89 Volks- | |
| und Raiffeisenbanken im Land verschickt: Die den Kunden vorgelegten | |
| Einwilligungsformulare seien rechtswidrig. „Ich habe mich dazu entschieden, | |
| Warnungen auszusprechen, um die Banken davon abzuhalten, schwerwiegende | |
| Verstöße gegen das Datenschutzrecht zu begehen“, schreibt Thiel. | |
| Die Hoffnungen der Branche und die Befürchtungen Thiels bringt ein Beitrag | |
| von [2][Patrick Freudenstein im Bank-Blog] auf den Punkt: „Die intelligente | |
| Analyse von Kundendaten aus unterschiedlichen Quellen funktioniert wie eine | |
| Lupe, mit der quer durch eine meist heterogene Kundschaft persönliche | |
| Ambitionen, Lebensvorstellungen und Präferenzen mit großer Detailschärfe | |
| sichtbar werden“, formuliert der Manager von Atruvia, dem IT-Dienstleister | |
| der Genossenschaftsbanken. Und daran könne dann eine Service-Aktion | |
| angeschlossen werden, „die perfekt auf die momentane Bedarfssituation | |
| zugeschnitten ist“. | |
| Wenn es das Kundenprofil gerade hergibt, würden sie nicht nur einen | |
| Hauskredit anbieten, sondern nach Abschluss des Vertrages auch noch die | |
| Handwerker für den Bau vermitteln. Statt im Elektrofachmarkt auf Raten | |
| kaufen zu müssen, hätten die Bankkunden längst das Angebot für einen | |
| Konsumentenkredit im Postfach und auch das Geschäft mit dem Auto-Leasing | |
| würden die Banken in die eigene Hand nehmen. Freudenstein spricht in diesem | |
| Zusammenhang von „vollkommen neuen Wertschöpfungsoptionen“. | |
| Mit dem Smart-Data-Verfahren würden Kunden herausgefiltert, die mit hoher | |
| Wahrscheinlichkeit an einem bestimmten Produkt interessiert seien, | |
| erläutert die Datenschutzbeauftragte Thiel. Zur Berechnung, ob jemand | |
| beispielsweise Interesse an einem Konsumentenkredit habe, würden 162 | |
| Datenfelder genutzt, etwa zum Bezug sozialer Leistungen, den Ausgaben für | |
| Haushalt und Lebensmittel, den Fahrzeugkosten und den Umsätzen im Internet. | |
| Zudem würden von externen Dienstleistern Daten zum Wohnumfeld angekauft. | |
| „Zahlungsverkehrsdaten sind sehr sensibel, weil sie Informationen über das | |
| Konsumverhalten, Beziehungen zu anderen Menschen, die wirtschaftliche Lage | |
| und persönliche Vorlieben enthalten“, warnt Thiel. Weil sie Rückschlüsse | |
| auf das berufliche und private Leben erlaubten, müssten Betroffene die | |
| Möglichkeit bekommen, über die Verwendung ihrer Daten selbst zu bestimmen. | |
| Der [3][Bundesverband der VR-Banken] weist darauf hin, dass | |
| Zahlungsverkehrsdaten im Bankenjargon Kontoumsatzdaten seien, und auf | |
| solche werde „im Rahmen von Smart Data nicht unmittelbar zugegriffen“. | |
| Abgesehen davon würden Kundendaten „nur nach einer umfangreichen | |
| Interessenabwägung und transparenten Information beziehungsweise einer | |
| ausdrücklichen Zustimmung des Kunden“ analysiert. Daher hält er „das | |
| Vorgehen der Datenschutzaufsichtsbehörde Niedersachsen für uns nicht | |
| nachvollziehbar“. | |
| Eine Interessenabwägung reiche nicht aus, schreibt dagegen Thiel. Und auch | |
| die verwendeten Einwilligungsformulare nicht, „weil die Kundinnen und | |
| Kunden nicht selbst entscheiden können, ob und welche konkreten | |
| Smart-Data-Verfahren durchgeführt werden“. Stattdessen könnten sie nur | |
| allgemein in die Profilbildung für Werbezwecke einwilligen, ohne dabei den | |
| Umfang steuern zu können. | |
| Aus Sicht von Atruvia spielt Smart Data „eine entscheidende Rolle für die | |
| Zukunftsfähigkeit des genossenschaftlichen Geschäftsmodells“. Es biete die | |
| Chance, der zunehmenden Konkurrenz von Non- und Neo-Banken etwas | |
| entgegenzusetzen. Mit Hilfe von Smart-Data-Verfahren, so die Vision, | |
| könnten die Genossenschaftsbanken [4][zur zentralen Internet-Plattform | |
| ihrer Kunden in Gelddingen werden]. | |
| Voraussetzung dafür ist allerdings das Vertrauen der Kundschaft. Hier | |
| hätten die VR-Banken einen Wettbewerbsvorteil, findet Freudenstein: „Als | |
| echter Trumpf erweist sich das einzigartige Renommee der VR-Banken.“ Die | |
| Kunden von VR-Banken seien daher eher als die anderer Banken bereit, | |
| persönliche Informationen frei zu geben. „Selbstverständlich darf dieses | |
| Vertrauen niemals enttäuscht werden“, warnt Freudenstein, „sonst wäre es | |
| unwiederbringlich dahin“. | |
| Der Bankenverband BVR weist auf die Vorteile für die Kunden hin. Die | |
| Analyse von Kundendaten solle sicherstellen, dass Kunden „nur | |
| Informationen, Empfehlungen und Angebote erhalten, die sie auch wirklich | |
| interessieren“. Darüber, wie das ausgestaltet werden müsste, spreche der | |
| BVR mit allen Datenschutzaufsichtsbehörden. | |
| 13 Sep 2022 | |
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| [1] /Rekordbussgeld-fuer-Notebooksbilliger/!5742673 | |
| [2] https://www.der-bank-blog.de/smart-data-bankenwettbewerb/technologie/376889… | |
| [3] /Banken-nehmen-Kundnnen-Geld-ab/!5717985 | |
| [4] /25-Jahre-Le-Monde-diplomatique/!5677785 | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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