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# taz.de -- Regisseur Jafar Panahi festgenommen: Strafe für Solidarität mit K…
> Im Iran gibt es eine Repressionswelle gegen Filmemacher_innen und die
> kritische Öffentlichkeit. Jetzt traf es den Regisseur Jafar Panahi.
Bild: Der iranische Regisseur Jafar Panahi steht seit 2010 unter Hausarrest
Der iranische Regisseur Jafar Panahi wurde am Montag in Teheran
festgenommen. Panahi hatte 2015 mit „Taxi Teheran“ den Goldenen Bären der
Berlinale gewonnen. 2018 erhielt er bei den [1][Filmfestspielen von Cannes
den Preis für das beste Drehbuch für „Drei Gesichter“].
Panahi hatte sich als Teil einer Solidaritätskampagne für seine am Freitag
verhafteten Kollegen Mohammad Rasoulof und Mostafa Al-Ahmad bei der
Staatsanwaltschaft nach deren Verbleib erkundigt. Er wurde beim Verlassen
der Staatsanwaltschaft, die in der Nähe des Evin-Gefängnisses liegt,
festgenommen. Als Grund gaben die Behörden an, es gebe eine ausstehende
Gefängnisstrafe gegen ihn.
Panahis Festnahme ist der neuste Akt einer Repressionswelle gegen
Filmemacher_innen und kritische Öffentlichkeit, die seit einigen Monaten im
Iran anhält. So wurde ebenfalls Freitag der ehemalige Innenminister und
Kritiker von Ali Chamenei, Mostafa Tajzadeh, verhaftet. Eine Tage zuvor war
ein Haftbefehl gegen Faezeh Hashemi, Tochter des ehemaligen Präsidenten
Akbar Hashemi Rafsanjani, ausgestellt worden.
## In Teheran in Einzelhaft
Rasoulof und Al-Ahmad waren am Freitagmorgen in ihren Wohnungen
festgenommen worden. Ihr Verbleib war zunächst unklar. Am Samstag hatten
Rasoulofs Produzenten Kaveh Farnam und Farzad Pak nach Kontakt mit
Rasoulofs Anwälten auf dem Twitter-Kanal des US-Vertriebs Kino Lorber
berichtet, er sitze im Evin-Gefängnis im Norden von Teheran in Einzelhaft.
Die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete, den beiden werden
vorgeworfen, „Unruhen auszulösen und die psychologische Sicherheit der
Gesellschaft zu stören“. Gegenüber Screen Daily weist Produzent Farnam
darauf hin, dass die Nachrichten der Verhaftung von Rasoulof und Al-Ahmad
vor der Verhaftung produziert wurden.
Farnam und Pak verweisen auf zwei weitere laufende Verfahren gegen
Rasoulof. Eines der Verfahren richte sich gegen einen Aufruf in den
sozialen Medien, in dem Rasoulof und Al-Ahmad gemeinsam mit über 300
Personen der iranischen Öffentlichkeit und über 70 Filmemacher_innen am
29. Mai die iranischen Sicherheitskräfte unter dem Hashtag
#put_your_gun_down zur Mäßigung im Umgang mit Protesten aufgefordert
hatten, die nach dem Einsturz eines Hauses in Abadan Ende Mai entbrannt
waren.
Am 23. Mai war in Abadan im Südwesten des Iran das im Bau befindliche
Metropol-Gebäude, ein zehnstöckiges Wohn- und Geschäftshaus, eingestürzt.
Dadurch sind bisher nach offiziellen Angaben 41 Personen gestorben, 37
wurden verletzt.
## Schon Festnahmen Anfang Mai
In den Wochen nach dem Einsturz gab es Proteste gegen die Nachlässigkeit
der Regierung und Korruption, die iranischen Sicherheitskräfte gingen mit
großer Brutalität dagegen vor. Ein zweites Verfahren richte sich, so die
beiden Produzenten, gegen Rasoulofs Dokumentarfilm „Intentional Crime“, in
dem dieser den Tod des Schriftstellers und Filmemachers Baktash Abdin im
Evin-Gefängnis untersucht.
[2][Rasoulof hatte 2020 auf der Berlinale den Goldenen Bären für „Doch das
Böse gibt es nicht“ gewonnen]. Für die Festnahme Al-Ahmads sind über die
Phrasenwolke der staatlichen Nachrichtenagentur hinaus keine Gründe
bekannt.
Am Wochenende hatten etwa 200 Filmemacher_innen, darunter neben Panahi
[3][Regisseure wie Asghar Farhadi] und Bahman Ghobadi, die Freilassung von
Rasoulof und Al-Ahmad gefordert. Bereits Anfang Mai waren die beiden
Dokumentarfilmregisseurinnen Mina Keshavarz und Firouzeh Khosrovani
festgenommen worden. Auch für sie hatte es eine Solidaritätskampagne
gegeben. Nach einer Woche wurden die beiden gegen Kaution freigelassen und
ihnen wurde verboten, das Land für sechs Monate zu verlassen.
Die Verhaftung von Rasoulof, Al-Ahmad und Panahi wurde weltweit von der
Fachöffentlichkeit kritisiert. Die International Coalition for Filmmakers
at Risk (ICFR) in Amsterdam, die Filmfestspiele von Cannes und die
Berlinale fordern ihre umgehende Freilassung. Rasoulof und Panahi sahen
sich wie viele ihrer Kolleg_innen seit den Protesten gegen die
Wahlfälschungen bei der Präsidentschaftswahl 2009 oft Repressionen
ausgesetzt. Beide wurden 2010 zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt und
inhaftiert. Panahi steht bis heute unter Hausarrest.
12 Jul 2022
## LINKS
[1] /Film-Drei-Gesichter-von-Jafar-Panahi/!5555385
[2] /Iranischer-Film-gewinnt-die-Berlinale/!5668002
[3] /Asghar-Farhadi-ueber-A-Hero/!5841811
## AUTOREN
Fabian Tietke
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