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# taz.de -- Ein Kaufhaus für Hamburgs Kreative: Bilder statt Bälle
> Gratis? Nur beinahe: Künstler*innen bekommen ein halbes Jahr lang
> 8.000 Quadratmeter Leerstand in Hamburgs Innenstadt überlassen.
Bild: Spuren von früher: In einer ehemaligen Umkleide sind nun Videos zu sehen
Hamburg taz | „Ein toller Erfolg“, sagt der Finanzsenator. „Ein Gewinn f�…
die gesamte Innenstadt“, sekundiert der Kollege aus der Kulturbehörde: Ob
Andreas Dressel und Carsten Brosda (beide SPD) hier je zusammen
Badmintonschläger eingekauft haben oder Stollenschuhe anprobiert? Am
Donnerstag nun traten sie im ehemaligen „Karstadt Sport“-Kaufhaus
[1][unweit des Hamburger Hauptbahnhofs] gemeinsam vor die Presse und
verkündeten, was hier in den kommenden sechs Monaten passieren wird.
So lange nämlich übernimmt die städtische [2][„Hamburg Kreativ
Gesellschaft“] (HKG) das rund 8.000 Quadratmeter große Gebäude und „öffn…
es für kreative Zwischennutzungen“. Etliche Kulturinstitutionen, auch
Firmen, werden sich im Rahmen des Projekts „Frei_Fläche“ dort einmieten,
für die gesamte Dauer oder auch nur einen Teil; sie eröffnen temporäre
Ateliers und Ausstellungsflächen, Co-Working-Spaces oder Produktionsorte.
Mit im Boot sind unter anderem die Kulturfabrik Kampnagel und im Oktober
das Gaming-Festival „Play“. Ganz oben soll unter anderem an sechs Tagen in
der Woche ein Pop-up-Café eröffnen, auch sollen dort etwa Lesungen
abgehalten werden.
Im Oktober 2020 gingen bei Karstadt Sport die Lichter aus, ebenso in der
Galeria-Kaufhof-Filiale schräg gegenüber. Dass aber für das Gebäude – oder
das Grundstück – in dieser Lage nicht längst eine neue, lukrative Nutzung
gefunden wurde, kann man überraschend finden: Wirklich nur ein Stück die
Straße hinunter entsteht derzeit das Wohn- und Geschäftshaus-Ensemble
„Johannis-Kontor“ – und dort konnte es den Investierenden, aber auch Teil…
der verantwortlichen Politik gar nicht schnell genug gehen mit dem
[3][Abriss dessen, was zuvor dort stand].
Lange brach gelegen
Ideen, was zu machen sei an der exponierten Stelle, gab es durchaus welche,
immerhin stand gleich nebenan mal ein Naturkundemuseum. Aber passiert ist
eben lange wenig bis nichts. Kann sich die Eigentümerin des einst –
angeblich – größten Sportartikelkaufhauses in ganz Europa eine Weile
Leerstand schlicht leisten? Nun bekommt die R+V Lebensversicherung ja sogar
ein wenig Geld: Miete zahlt die HKG keine, aber die Leerstands-, also
laufenden Nebenkosten bis zum Jahresende. Den kreativen Mieter*innen
werden die Flächen für 1,50 Euro pro Quadratmeter zur Verfügung gestellt;
das ist nicht nichts, aber doch sehr wenig für Hamburger Verhältnisse.
„In der Innenstadt ist bisher wenig Kreativwirtschaft erlebbar“, so Katja
Wolframm, Immobilienverantwortliche der HKG. Dort nun „zu zeigen, welche
Potentiale diese Branche hat, ist ein schönes Angebot für alle
Besucherinnen und Besucher und eine Einladung“. Die Mittel kommen aus dem
„Fonds für [4][kreative Zwischennutzung]“, den der Senat mit rund neun
Millionen Euro ausgestattet habe, so Dressel jetzt.
Noch Geld im Topf
Dieser Topf sei nun aber noch längst nicht ausgeschöpft – ein recht
deutlicher Wink an Eigentümer*innen, die ihre Flächen derzeit nicht
vermietet bekommen: Wer sich auch so eine „kreative Zwischennutzung“
vorstellen kann für Laden oder Lager, dem würde die Stadt dabei unter die
Arme greifen.
Nicht zum allerersten Mal ist übrigens nun Kunst zu sehen, wo Karstadt
Bälle und Boote verkaufte: So stellte im März 2001 der Schauspieler Volker
Lechtenbrink im „Sport- und Spielhaus“ an der Mönckebergstraße aus –
Schmuckstücke, Porzellan und Tischdekoration konnten da gekauft werden, die
Erlöse gingen ans zwei Jahre später eröffnete Kinder-Hospiz Sternenbrücke.
18 Jun 2022
## LINKS
[1] /Innenstadtkonzept-vorgelegt/!5615795
[2] https://kreativgesellschaft.org/
[3] /City-Hof/!t5011680
[4] /Hamburger-Koalitionsvertrag/!5686614
## AUTOREN
Alexander Diehl
## TAGS
Stadtentwicklung
Hamburg
Kunst
Innenstadt
Kreativwirtschaft
Zwischennutzung
Roman
Theater
Schwerpunkt Stadtland
Immobilien Hamburg
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