# taz.de -- Gesetz mit Stimmen der AfD?: Streit um Thüringen-CDU geht weiter | |
> Die CDU in Freistaat bleibt dabei: Für Abstandsregeln bei Windrädern will | |
> sie mit der AfD paktieren. Rot-Rot-Grün hofft nun auf einen „Windfrieden“ | |
Bild: Will bei seinem Antrag bleiben: Mario Voigt, CDU-Fraktionsvorsitzender im… | |
BERLIN taz | Am Dienstag wird sich zeigen, ob im Freistaat Thüringen ein | |
„Windfrieden“ zwischen rot-rot-grüner Landesregierung und Opposition | |
möglich ist. Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) will sich dafür mit | |
CDU-Fraktionschef Mario Voigt treffen und von einem umstrittenen | |
Gesetzesvorhaben abbringen. | |
Nach Wunsch der CDU nämlich soll bei Windrädern künftig ein Mindestabstand | |
von 1.000 Metern zu den nächsten Ansiedlungen gelten. Am Freitag will die | |
CDU-Fraktion einen entsprechenden Antrag in den Erfurter Landtag | |
einbringen. Pikant: Weil Rot-Rot-Grün dagegen ist, kann die CDU das Gesetz | |
[1][nur mit Stimmen von FDP und AfD beschließen] – beide Fraktionen haben | |
bereits ihre Zustimmung signalisiert. Aus diesem Grund steht die Thüringer | |
CDU seit Tagen in der Kritik. | |
Wie der Windfrieden konkret aussehen könnte, ist unklar. Siegesmund hatte | |
der CDU vorgeschlagen, die geplante Abstimmung zu verschieben und auf | |
Grundlage der NRW-Sondierungsgespräche zwischen CDU und Grünen den Ausbau | |
der Erneuerbaren in Thüringen zu diskutieren. Allerdings plant die | |
[2][mögliche schwarz-grüne Koalition in Düsseldorf], die Abstandsregeln bei | |
Windrädern in Nordrhein-Westfalen abzuschaffen. | |
CDU-Fraktionschef Voigt hatte am Sonntag bekräftigt, nicht von seinen | |
Forderungen nach einem Mindestabstand bei Windkraftanlagen in Thüringen | |
abrücken zu wollen. Gegenüber dem MDR verwies Voigt auf die jüngsten | |
Beschlüsse in Sachsen und Brandenburg. Auch dort gilt künftig beim Bau von | |
Windrädern ein Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohngebieten. Dies müsse | |
auch in Thüringen gelten, sagte Voigt. Zu Gesprächen mit der | |
Landesregierung zeigte er sich prinzipiell bereit, forderte aber, dass | |
Rot-Rot-Grün „genauso kompromissfähig“ sein müsse. | |
## Erfurter Klimaziele wackeln | |
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linkspartei) warf der Union eine | |
„ideologiegetriebene Blockadepolitik“ vor. „Die Thüringer Wirtschaft will | |
regenerative Energie nutzen“, sagte Ramelow der Deutschen Presseagentur. | |
„Es geht um Versorgungssicherheit.“ Das gelte besonders für die | |
energieintensive Glasindustrie mit ihren rund 7.000 Arbeitsplätzen, bei der | |
angesichts der hohen Preise und der Abhängigkeit von Importen eine | |
Umstellung von Gas auf Strom anstehe. | |
Hintergrund des Streits ist die Ankündigung der Bundesregierung, künftig | |
[3][zwei Prozent der Landesfläche für Windkraftanlagen] vorbehalten zu | |
wollen. In Thüringen liegt der Anteil nach Angaben der Landesregierung | |
lediglich bei 0,4 Prozent. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) | |
hatte Thüringen zuletzt mangelndes Engagement beim Ausbau der Windenergie | |
vorgeworfen. Habeck kritisierte unter anderem, dass der Freistaat aktuell | |
den Bau von Windrädern auf Waldflächen verbiete. | |
Das Problem für Ramelow und Siegesmund: Sie wissen, dass sie bei der | |
Windkraft im bundesweiten Vergleich „im hinteren Bereich“ liegen und die | |
dafür ausgewiesenen Flächen „weitgehend verbaut“ sind, wie es auf der | |
Website des Umweltministeriums heißt. Für eigene Gesetzesvorhaben hat die | |
Landesregierung jedoch keine Mehrheit im Parlament. Beim beschleunigten | |
Ausbau der Erneuerbaren Energien ist sie auf Stimmen aus der Opposition | |
angewiesen. Sollten CDU, AfD und FDP nun noch einen Mindestabstand bei | |
Windrädern gesetzlich festschreiben, dürften die Erfurter Klimaziele – | |
Verdreifachung der Windenergie bis 2040 – noch schwerer zu erreichen sein. | |
Dazu kommt der politische Schaden für den Freistaat. Der Verfassungsschutz | |
stuft die Thüringer AfD um Björn Höcke als „erwiesen rechtsextrem“ ein. | |
Erstmals könnte nun der Landtag in Erfurt ein Gesetz mit Stimmen der AfD | |
beschließen. Mehrere Bundespolitiker:innen haben die CDU in den | |
vergangenen Tagen vor einer Kooperation mit der AfD gewarnt und | |
CDU-Parteichef Friedrich Merz zum Handeln aufgefordert. | |
## Merz schweigt | |
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert etwa sprach von einer „Gesetzesmehrheit | |
von Höckes Gnaden“, die es „niemals geben“ dürfe. Die Politische | |
Geschäftsführerin der Grünen, Emily Büning, erinnerte Merz an sein | |
Versprechen, mit ihm als Parteichef werde es eine Brandmauer zu AfD geben. | |
Bislang hat sich Merz nicht zur Causa geäußert. | |
Schon einmal haben CDU und AfD in Thüringen gemeinsam gestimmt – als sie im | |
Februar 2020 Thomas Kemmerich von der FDP zum Ministerpräsidenten gewählt | |
und damit heftige Diskussionen innerhalb der CDU ausgelöst haben. Momentan | |
ist nicht auszuschließen, dass es diese Woche zum erneuten Dammbruch kommt. | |
6 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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