# taz.de -- Frauen auf Parteiposten: CDU will Quote auf Probe | |
> Friedrich Merz schwenkt um und befürwortet eine parteiinterne Frauenquote | |
> – aber die soll befristet bleiben. Jetzt muss noch der Parteitag | |
> zustimmen. | |
Bild: Zwei Männer auf der Suche nach den Frauen: CDU-Generalsekretär Czaja un… | |
BERLIN taz | Als Friedrich Merz Parteichef geworden ist, hat er der CDU | |
Profil und Führung versprochen. Beim ersten großen parteiinternen | |
Streitthema allerdings [1][hat er sich bislang mit einer öffentlichen | |
Positionierung zurückgehalten.] In den Parteigremien am Mittwoch aber hat | |
sich Merz hinter die Einführung einer parteiinternen Frauenquote gestellt. | |
Das sagte Generalsekretär Mario Czaja nach den Sitzungen. „Friedrich Merz | |
hat deutlich gemacht, dass er den Vorschlag der Struktur- und | |
Satzungskommission unterstützt und für die Annahme werben wird“, so Czaja. | |
Der Vorschlag sieht die stufenweise Einführung der Frauenquote für | |
Vorstandsposten ab der Kreisebene vor. Allerdings will Merz die Einführung | |
befristen. Der Parteichef selbst war bei der Pressekonferenz nicht dabei. | |
Konkret sieht der Kompromissvorschlag vor, dass Vorstandsämter von der | |
Kreisebene an bis Anfang 2023 zu 30 Prozent, bis Anfang 2024 zu 40 Prozent | |
und bis Juli 2025 zur Hälfte von Frauen besetzt sein müssen. Wenn nicht | |
genug Frauen kandidieren, soll sich die Quote am Anteil der Bewerberinnen | |
orientieren. Der Vorschlag umfasst auch eine paritätische Besetzung der | |
ersten zehn Listenplätze bei Landtags-, Bundestags- und Europa-Wahlen – | |
allerdings nur als unverbindliche Soll-Bestimmung. Die Quote soll bis Ende | |
2029 gelten und dann evaluiert werden. „Wir hoffen, dass wir über die Frage | |
dann nicht mehr diskutieren müssen“, so Czaja. | |
Jetzt muss der Parteitag der CDU, der am 9. und 10. September in Hannover | |
tagt, endgültig über die Einführung der Quote entscheiden. Das Ergebnis | |
gilt als offen. Die Frauenquote ist in der CDU sehr umstritten. Die | |
FrauenUnion wirbt seit Langem dafür, die Mittelstands- und Wirtschaftsunion | |
(MIT) und die Nachwuchsorganisation Junge Union sind mehrheitlich dagegen. | |
## FrauenUnion ist zufrieden | |
Merz werde auf dem Parteitag dafür werben, dass sein Vorschlag angenommen | |
werde, sagte Czaja. Der CDU-Chef galt lange als Gegner der Quote, zuletzt | |
hat er sich stets auf die Formulierung zurückgezogen, dass diese die | |
„zweitbeste Lösung“ sei. „Bisher ist ihm keine bessere unterbreitet | |
worden“, so begründete Czaja Merz' Meinungsumschwung. | |
Annette Widmann-Mauz, die Vorsitzende der FrauenUnion, äußerte sich nach | |
den Gremiensitzungen zufrieden. „Das ist ein Weg, den wir gut mitgehen | |
können“, sagte sie. Dass Merz sich im Vorstand hinter die Quote gestellt | |
hatte, sei wichtig gewesen. Dem zolle sie „Respekt“, so Widmann-Mauz. Es | |
sei auch richtig, dass Merz versuche, mit diesem Kompromiss alle | |
mitzunehmen. | |
Auch Vize-Parteichefin Karin Prien, Bildungsministerin Schleswig-Holsteins | |
und klare Befürworterin der Quote, äußerte sich positiv. „Das Ergebnis | |
unserer heutigen Bundesvorstandssitzung begrüße ich ausdrücklich“, so | |
Prien. „Es ist Friedrich Merz und dem Bundesvorstand gelungen, einen guten | |
Weg zu finden, wie wir die verbindliche Frauenquote auf unserem Parteitag | |
im Herbst diskutieren können.“ | |
Die MIT hatte bereits vor den Sitzungen von Präsidium und Vorstand ihren | |
Antrag für eine Mitgliederbefragung zum Thema zurückgezogen. Merz soll | |
zuvor deutlich gemacht haben, dass er eine solche Befragung nicht | |
unterstütze. Begründet hatte die MIT den Antrag ursprünglich damit, dass | |
eine Einbeziehung der Basis zur Befriedung beitragen könnte. | |
Wahrscheinlicher aber ist, dass sie so die Einführung der Quote verhindern | |
wollte. Das durchschnittliche CDU-Mitglied ist 61 Jahre alt, männlich und | |
gilt als konservativ. Die MIT-Vorsitzende Gitta Connemann hat nie einen | |
Hehl daraus gemacht, das sie gegen die Quote ist. | |
## Dass die CDU ein Frauenproblem hat, ist längst allen klar | |
Eigentlich sollte die CDU längst eine Frauenquote haben. Bereits im | |
September 2020 hatte sich der damalige Parteivorstand [2][für einen | |
entsprechenden Vorschlag der Struktur- und Satzungskommission | |
ausgesprochen.] Doch noch immer steht die endgültige Verabschiedung vom | |
Parteitag aus. Wegen der Coronapandemie wurden zwei Parteitage digital | |
durchgeführt, Satzungsänderungen aber können nur von einem Präsenzparteitag | |
verabschiedet werden. | |
Das soll nun im September in Hannover passieren, kurz vor der Landtagswahl | |
in Niedersachsen. Ein Streit auf offener Bühne wäre für die | |
Wahlkämpfer:innen vor Ort nicht hilfreich, auch wird der eine oder die | |
andere möglicherweise darüber nachdenken, ob er oder sie in dieser | |
Situation dem Parteichef eine Niederlage bereiten will. | |
Auch wenn die Quote umstritten ist, hat sich die Erkenntnis, dass die | |
Partei ein Problem mit Frauen hat, in der CDU weitgehend durchgesetzt. Der | |
Frauenanteil unter den CDU-Mitgliedern liegt bei nicht einmal 27 Prozent, | |
bei den Neueintritten sind es nur minimal mehr. In der ersten Reihe von | |
Partei und Fraktion stehen sowohl im Bund als auch in den Ländern | |
ausschließlich Männer, einzige Ausnahme ist Ines Claus, die Vorsitzende der | |
hessischen Landtagsfraktion. Es gibt keine CDU-Ministerpräsidentin, und in | |
der Bundestagsfraktion der Union sind die Frauen mit 23 Prozent der | |
Abgeordneten klar in der Minderheit. | |
15 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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