# taz.de -- Galerien lehnen Raubkunstdebatte ab: Der maskierte Markt | |
> Monika Edelmaier verkauft Kunst aus Afrika. Woher diese kommt, weiß sie | |
> nicht immer. In diesem Markt wird wenig nach Raubkunst geschaut. | |
Im Verkaufsraum ihrer kleinen [1][Berliner Galerie] sitzt Monika Edelmaier | |
hinter der Theke und blättert im Bildkatalog „Faszination Dogon“. Seite f�… | |
Seite Kunstobjekte, die sie auf ihren zahlreichen Reisen durch Mali | |
gesammelt hat. Türriegel: 250 Euro. Kopfstütze: 800 Euro. Die Galeristin | |
war schon lange nicht mehr im Land der Dogon, einer Ethnie, die in Mali | |
lebt, schließlich tobt dort ein Bürgerkrieg. Edelmaier blättert durch die | |
Seiten. | |
Vor ihr auf dem Tisch steht eine Vase mit Lavendel, dahinter ein Regal mit | |
Büchern: „Skulpturen der Lobi“, „Im Tal des Omo“, „Africa“ von Leni | |
Riefenstahl. Monika Edelmaier, 74, ist gelernte Schaufenstergestalterin und | |
sagt von sich, sie sei „ein Augenmensch“. Seit ihrem 20. Lebensjahr | |
beschäftigt sie sich mit afrikanischer Kunst, besucht Ausstellungen, | |
Messen, Museen. Seit 25 Jahren betreibt sie eine eigene Galerie in Berlin. | |
Es ginge ihr dabei nicht ums Geld, sagt sie. „Es geht um die kulturelle | |
Bedeutung und Ästhetik der Objekte.“ | |
Objekte wie zum Beispiel die Masken aus Borneo, dem Kongo und dem | |
Dogon-Land, die bei Edelmaier in einem schmalen Durchgangszimmer hinter dem | |
Verkaufsraum liegen. Einige bekam sie von einem Sammler aus Bremen auf | |
Kommission. Wäre Monika Edelmaiers Galerie ein Museum, dann würde sie | |
aktuell vermutlich versuchen, sowohl für die Masken als auch für die | |
Kopfstützen in ihrem Katalog eine eindeutige Herkunft zu ermitteln. Das | |
würde viel Zeit kosten. Aber das hier ist kein Museum. Und die Zeit, sagt | |
Edelmaier, habe sie dafür auch nicht. | |
Die [2][Raubkunstdebatte] ist auf dem sogenannten Tribal-Art-Markt bisher | |
nicht angekommen. Wer in Galerien und Auktionshäusern mit „Stammeskunst“ | |
aus Afrika, Asien und Südamerika handelt, steht Provenienzforschung im | |
Gegenteil häufig kritisch gegenüber. Während die [3][Benin-Bronzen] des | |
Berliner Humboldt Forums und Kolonialschätze anderer Museen schon seit | |
Längerem im Fokus der Öffentlichkeit stehen, Kurator:innen sich um | |
einen Dialog mit den Herkunftsländern wie Nigeria oder Namibia bemühen, | |
beklagen Händler:innen und Sammler:innen einen „Restitutionswahn“. | |
Statt „[4][Provenienz]“ ist die Rede von „sozialer Biografie“. Monika | |
Edelmaier sagt: „In meiner Galerie darf das Wort Raubkunst nicht in den | |
Mund genommen werden, denn es ist populistisch und hat nichts mit den | |
Objekten zu tun, die bei mir angeboten werden.“ | |
Der Begriff Raubkunst ist nicht ganz klar abzustecken. „Er beschreibt den | |
gewaltvollen Besitzwechsel von Kulturgütern“, sagt die Kunsthistorikerin | |
und Provenienzexpertin [5][Meike Hopp]. „Dabei spielen häufig ungleiche | |
Machtverhältnisse eine Rolle, Zwang, Schmuggel, Hehlerei. Ich würde eher | |
von Raubgut sprechen, nicht von Raubkunst.“ Denn es ginge dabei nicht | |
dezidiert um Kunstobjekte, sagt Hopp, Juniorprofessorin an der TU Berlin | |
für Digitale Provenienzforschung, sondern auch um Gebrauchsgegenstände – | |
wie etwa den Türriegel in Edelmaiers Katalog. | |
Ähnlich sieht es mit der Einordnung des „kolonialen Kontextes“ aus, eines | |
bewusst offenen Begriffs. Der Deutsche Museumsbund hat 2021 einen Leitfaden | |
herausgegeben, der den Umgang mit Raubkunst erleichtern soll. Da ist von | |
einem Machtgefälle zwischen den europäischen Kolonialmächten und den von | |
ihnen eroberten und ausgebeuteten Ländern Afrikas und Asiens die Rede, | |
beginnend mit dem 16. Jahrhundert und bis zu den 1960er Jahren reichend. | |
Damals geltendes Recht sei mit einer Vorstellung der kulturellen | |
Höherwertigkeit begründet worden. Heute müssten sich Besitzer:innen | |
fragen: Wurde das Kunstobjekt ethisch rechtens erworben? | |
## Begeistert vom Maskentanz | |
Das zu erforschen, ist jedoch nicht ganz einfach. Monika Edelmaier dachte | |
an solche Fragen eher nicht, als sie sich vor knapp 50 Jahren zum ersten | |
Mal nach Westafrika aufmachte. Die junge Schaufenstergestalterin | |
begeisterte sich für die Werke des Ethnologen Karl-Ferdinand Schädler und | |
die kultische Lebensweise im südlichen Kontinent: für den Maskentanz, die | |
Feldbestellung. Gemeinsam mit ihrem Mann fuhr sie nach Mali, Burkina Faso, | |
Togo, Benin, Südafrika, Äthiopien, in den Sudan, nach Kenia und Tansania. | |
Das Land der Dogon habe sie besonders beeindruckt, sagt Edelmaier. Zum | |
ersten Mal war sie vor mittlerweile 31 Jahren dort. Sie erinnert sich | |
daran, wie sie in einem Dorf beim Maskentanz einen Tänzer mit Büffelmaske | |
erblickte. „Niemand durfte wissen, wer unter der Maske steckt“, sagt | |
Edelmaier, „aber mir haben es die Dorfbewohner:innen im Geheimen | |
verraten.“ | |
Im Dorf habe sie einen jungen Mann namens Ismaiel kennengelernt, der lange | |
für die ARD-Sendekette als freier Mitarbeiter tätig gewesen war und mit dem | |
sie noch heute in Kontakt steht. Er hat sie später in Berlin in ihrer | |
Galerie besucht. Sie schreibt ihm Whatsapp-Nachrichten mit der Anrede: | |
„Dear oldest friend from Africa“. | |
Edelmaiers Begeisterung für die Kulturen und Menschen Westafrikas ist echt. | |
Ihre Kunden wissen das zu schätzen. Sie nennen sie eine „Botschafterin“. | |
Seit der Eröffnung der Galerie kamen immer mal wieder Prominente aus dem | |
Kulturbereich vorbei. So wie der Dirigent Simon Rattle, der in einer | |
Broschüre der Philharmoniker auf die Frage, was ihm in Berlin am meisten | |
gefalle, geantwortet haben soll: die Galerie Dogon. | |
## „Keine einzige Reklamation“ | |
„In den letzten 24 Jahren hat es keine einzige Reklamation gegeben“, sagt | |
Edelmaier. Im Hinterhaus ihrer Galerie, abgetrennt vom Verkaufsraum, hat | |
sie eine Ausstellung zu afrikanischer und südamerikanischer Tribal Art | |
zusammengestellt, die die Botschafter der dort vertretenen Staaten gerne | |
besuchen. | |
An einem Vormittag Anfang des Jahres sitzt sie im Ausstellungsraum der | |
Galerie, der „Black Box“, mit befreundeten Sammler:innen zusammen, die | |
sie zum Gespräch eingeladen hat, bei leicht gedämpftem Licht, zwischen | |
Metallschalen aus Mexiko und bestickten Umhängetaschen aus Ecuador. | |
Edelmaier erzählt, dass sie die Taschen von einem Ehepaar bekam, welches in | |
den 1970er Jahren für die Konrad-Adenauer-Stiftung in Ecuador gearbeitet | |
hatte. „Sie kauften die Taschen den einheimischen Frauen ab, damit diese | |
ein kleines Einkommen hatten. Sie lagen viele Jahre auf ihrem Dachboden in | |
Deutschland.“ Da es keine Verwendung mehr für die Umhängetaschen gab, kamen | |
sie an einen öffentlich zugänglichen Platz: die Galerie Dogon. | |
Die vier Besucher – ein Ehepaar, ein älterer Herr und ein Student – sind | |
begeistert von Edelmaiers Ausstellung. „Tolle Arbeiten, unglaublich“, „ein | |
ästhetischer Genuss, wie das präsentiert ist“ – die Gruppe ist des Lobes | |
voll. Die Teilnehmer haben aber auch Redebedarf. Die Restitutionsdebatte | |
und speziell die Rückgabe der Benin-Bronzen aus dem Humboldt Forum | |
empfinden sie als unverhältnismäßig. | |
Einer der Diskutanten sagt sichtlich ärgerlich: „In Europa geht die Frage | |
um, ob es nicht verrückt gewesen sei, Masken zu kaufen, statt sich neue zu | |
schnitzen.“ In Frankreich habe Staatschef Emmanuel Macron bisher gerade | |
einmal 26 von schätzungsweise 90.000 Kunstobjekten aus dem Benin | |
zurückgegeben. Weitaus weniger also als die 1.000, die Deutschland für | |
dieses Jahr angekündigt hat. | |
Die vier Besucher begrüßen, dass das Thema Raubkunst in der Galerie Dogon | |
keine Rolle spielt. Und Edelmaier profitiert von Kunden wie ihnen, auch | |
wenn es ihr derzeit wirtschaftlich eher schlecht geht. Im Januar hat sie an | |
elf Tagen Kunstobjekte und Gebrauchsgegenstände im Wert von etwa 100 bis | |
3.000 Euro verkaufen können. Einiges davon ging über das Internet weg. In | |
Deutschland sind mittlerweile einige Tribal-Art-Galerien und entsprechende | |
Auktionshäuser geschlossen worden, manche seien auf zeitgenössische Kunst | |
umgestiegen. | |
Edelmaier kaufte bei ihren Reisen früher viele Stücke selbst ein. Heute | |
nimmt sie Angebote von Händler:innen aus Deutschland und Europa gerne | |
an. So kommt sie an Objekte, die sich schon viele Jahre in europäischen | |
Sammlungen befinden. Letztlich gehe es auch den Sammlern ums Geld, sagt | |
Edelmeier, diese möchten gute Preise für ihre Stücke erzielen. Aber sie | |
sagt auch: „Man kann ein solches Geschäft nicht führen, wenn man es nicht | |
liebt.“ | |
## Es fehlt ein Restitutionsgesetz | |
Für den Umgang mit Raubkunst gibt es in Deutschland kein rechtlich | |
bindendes Restitutionsgesetz. Für die Rückgabe von Kunstobjekten oder | |
Büchern, die während der NS-Zeit geraubt worden sind, existiert dagegen das | |
[6][Washingtoner Abkommen] von 1998. Diese Übereinkunft legt fest, dass die | |
Vorkriegseigentümer oder deren Erben von während der Nazizeit | |
beschlagnahmten Kunstwerken identifiziert werden müssen und in Streitfällen | |
eine „gerechte und faire Lösung“ gefunden werden soll. | |
Für Kunstobjekte aus kolonialen Kontexten existiert eine solche | |
Vereinbarung nicht. Ein Unesco-Übereinkommen, das deutsche | |
Kulturgutschutzgesetz, Eckpunkte der Staatsministerien für Kultur sowie ein | |
[7][Leitfaden des deutschen Museumsbundes] bieten jedoch zumindest | |
Orientierung. Die bezieht sich allerdings vor allem auf den öffentlichen | |
Bereich, also besonders auf Museen. Erforschung, Rückgabe, Kooperation, so | |
lautet die Strategie. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) betont | |
zudem, welche wichtige Rolle Erinnerungskultur bei dem Thema spielt. | |
Das Unesco-Übereinkommen wurde schon 1970 in Paris verabschiedet, um den | |
illegalen Handel mit Kulturgut zu bekämpfen. Denn weltweit werden immer | |
noch Museen, archäologische Grabungsstätten und verlassene Tempel | |
geplündert. Der Vertrag schafft ein völkerrechtliches Mittel, um diese | |
kriminellen Machenschaften besser zu bekämpfen. Vertragsstaaten müssen | |
beispielsweise bei einer Ausfuhr zwingend die Bestimmungen des jeweiligen | |
Landes einhalten sowie für das eigene Land geeignete Bescheinigungen | |
einführen und Dienststellen zum Schutz des kulturellen Erbes einrichten. | |
Jeder Vertragsstaat, der durch Plünderung gefährdet ist, kann sich an | |
andere betroffene Vertragsstaaten wenden. Deutschland hat das Übereinkommen | |
im Jahr 2007 ratifiziert und im Rahmen des Kulturgutschutzgesetzes auf | |
heimisches Recht angewandt. | |
Wer mit Tribal Art handelt, muss vor dem Verkauf eines Kunstobjektes also | |
prüfen, ob es unter zwielichtigen Umständen abhanden gekommen ist. Das | |
bedeutet, dass Name und Anschrift des Veräußerers dokumentiert sind, eine | |
Beschreibung des Objekts vorliegt, dessen Provenienz bekannt ist und die | |
Ein- und Ausfuhrdokumente in Ordnung sind. Händler:innen müssen diese | |
Vorgaben jedoch nur erfüllen, wenn dies für sie finanziell zumutbar ist. So | |
bestimmt es das deutsche Kulturgutschutzgesetz. Nur wenn ein Kunstobjekt | |
auf der „Roten Liste“ des Internationalen Museumsrates für besonders | |
gefährdete Kulturgüter steht, muss eine genaue Prüfung erfolgen. Das soll | |
verhindern, dass vom Bürgerkrieg betroffene Länder in Afrika, Lateinamerika | |
oder Asien ihr kulturelles Erbe verlieren. | |
Der Tribal Art Markt ist ein Nischengeschäft, das sich im Umbruch befindet. | |
Der Handel mit „Stammeskunst“ kann heute so aussehen: ein Halsschmuck „lei | |
niho palaoa“ von einer hawaiianischen Insel für 55.000 Dollar, bei einem | |
opulenten Bankett am Atlantischen Ozean versteigert. Oder ein Türriegel für | |
250 Euro in Edelmaiers kleiner Galerie. Der große Run ist lange vorbei. | |
Messen, auf denen die Galerien früher Kontakte knüpften und Kund:innen | |
gewannen, werden zudem nur noch online abgehalten oder ganz abgesagt. | |
Die letzte größere Messe in Deutschland zu dem Thema fand im Jahr 1999 | |
statt, also vor über zwanzig Jahren. In Frankreich hingegen hat der Tribal | |
Art Markt immer noch einen großen Stellenwert. Auf dem Parcours des Mondes | |
in Paris stellen jedes Jahr 60 bis 70 Galerien aus. Einige deutsche | |
Auktionshäuser haben Zweitniederlassungen in Belgien und den USA eröffnet | |
oder verkaufen dorthin über Internetportale wie Ebay. Das ist für die | |
Beteiligten schon recht aufwendig. Und dann sollen sie auch noch | |
Restitutionsforschung betreiben? | |
## Viele Sammler interessieren sich für die Herkunft | |
Der Ethnologe Andreas Schlothauer hält die Debatte für scheinheilig. | |
Schlothauer ist Vorsitzender der „[8][Vereinigung der Freunde Afrikanischer | |
Kultur]“ – ein Kreis von Sammler:innen, der nicht kolonialistischer klingen | |
könnte. Der Verein, so verrät es seine Website, will „das Verständnis für | |
afrikanische Geschichte wecken und einen Beitrag zur Völkerverständigung | |
leisten“. Er entstand im Jahr 1970 im Umfeld der Universität Heidelberg und | |
zählt heute etwa 150 Mitglieder. Der Verein gibt eine Zeitschrift heraus | |
und organisiert Tagungen. Dort wird über Sammlungsreisen gesprochen. Junge | |
Ethnologinnen geben Einblick in ihre Forschung und Kameruner | |
Staatsvertreter streiten über das deutsche Erbe in ehemaligen Kolonien. | |
Schlothauer sagt: „Die Raubkunstdebatte sollte sich nicht um eine | |
umfassende Rückgabe drehen, sondern um das Verständnis von Kolonialismus, | |
welches in Deutschland herrscht.“ Denn die Nachfahren der Objekthersteller, | |
die noch heute vorhandenen traditionell lebenden Dorfgemeinschaften, seien | |
nicht genug einbezogen. „Sie gelten als rückständig. Währenddessen | |
diskutieren in Europa und Afrika Intellektuelle, die diese Dörfer und ihre | |
Traditionen häufig kaum kennen.“ Der Ethnologe ist der Meinung, dass eine | |
ernsthaft betriebene Restitution über eine schlichte Rückgabe von Raubkunst | |
hinausgehen sollte. | |
Andreas Schlothauer fährt regelmäßig nach Afrika, beispielsweise nach | |
Karamoja in Uganda, wo er für ugandische Einrichtungen und ein Schweizer | |
Museum arbeitete. Für die Zeitschrift seines Vereins hat er vor fünf Jahren | |
26 Mitglieder befragt, ob sie die Herkunft ihrer gesammelten Kunstobjekte | |
prüfen und dokumentieren. Neun von zehn hielten das für sinnvoll, wirklich | |
umzusetzen schafften es zwar weniger, aber immer noch die Mehrheit. Sie | |
notierten Informationen wie Kaufdatum, Verkäufer und den Grund des | |
Verkaufs. Seltener werden Angaben zum Material vorgenommen oder versucht, | |
die Vorgeschichte und das Alter der Kunstobjekte zu ermitteln. | |
Objekte mit möglicherweise kolonialer Herkunft gelangten früher durch | |
solche Sammler:innen auch in deutsche Ausstellungen. Heute wird da | |
strenger geprüft: Der Leitfaden des Museumsbundes empfiehlt seinen | |
Einrichtungen, Herkunftsgesellschaften zu informieren, sollte ihnen | |
mögliche Raubkunst vonseiten des Tribal-Art-Marktes angeboten werden. Er | |
rät jedoch von Versuchen ab, sie den Sammler:innen zu entziehen, da dies | |
rechtlich schwierig durchzusetzen sei. | |
Galeristinnen wie Monika Edelmaier sind in der Pflicht, ihre Erwerbungen | |
aus Mali und anderen Ländern gut zu dokumentieren. Die Betroffenen können | |
sich dabei aber nicht an das [9][Deutsche Zentrum Kulturgutverluste] in | |
Magdeburg wenden, das als Hilfe zur Restitutionsforschung vom Bund | |
eingerichtet wurde. Dieses darf nur öffentliche Einrichtungen unterstützen. | |
Deren Mitarbeiterin Larissa Förster sagt, sie habe es auch noch nie erlebt, | |
dass sich Händler:innen bei ihnen gemeldet hätten. Höchstens kämen | |
einmal Erben von früheren Botschaftern der Bundesrepublik auf sie zu, die | |
sich fragten, ob die Erwerbungen ihrer verstorbenen Eltern denn rechtmäßig | |
seien. | |
Kunsthistorikerin Meike Hopp empfiehlt, mit ethnologisch oder archäologisch | |
bedeutsamen Objekten sensibel umzugehen, auch weil Kunstobjekte, deren | |
Herkunft geklärt und unverdächtig ist, leicht an Wert steigen können. Das | |
berichten auch Auktionshäuser. „Die Debatte über Restitution kann | |
regulierend auf den Kunstmarkt einwirken“, sagt Hopp. | |
Das gilt auch für Monika Edelmaiers Galerie. Wenn sie an der Verkaufstheke | |
sitzt und in ihren 30 Jahre alten Büchlein mit den vergilbten Seiten | |
blättert, in dem sie nur Namen, Orte und Preise notiert hat, erkennt sie | |
keinen Fehler. Sie sagt: „Warum sollte ich die Herkunft der Stücke | |
nachvollziehen?“ Einheimische Händler:innen in Mali und anderswo würden | |
selten preisgeben, woher sie ein Kunstobjekt hätten. In westafrikanischen | |
Ländern sei es sehr unüblich, Quittungen zu schreiben. Auf ihre | |
Sorgfaltspflicht angesprochen sagt sie: „Wenn ich zu jedem einzelnen Stück | |
eine Dokumentation machen müsste, würde mir für nichts anderes Zeit | |
bleiben.“ Das Wichtigste sei das Kundengespräch, ein Zertifikat, und einige | |
Informationen zur Herkunft der Objekte erhielten ihre Kunden beim Kauf. | |
Forderungen nach einer Rückgabe von Tribal Art, sagt der Ethnologe Andreas | |
Schlothauer, habe es auf dem Kunstmarkt zuletzt in den 1960er Jahren | |
gegeben. Damals führte in Nigeria die Zentralregierung einen Krieg gegen | |
die Provinz Biafra. Dörfer wurden leergeräumt und Kunstobjekte geraubt, | |
einige davon landeten in europäischen Museen und Galerien. Es waren | |
Sammler:innen, die darauf hinwiesen, dass sie zurückgegeben werden müssen. | |
11 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.galeriedogon.de/home.html | |
[2] /Raubkunstdebatte-in-Berlin/!5758482 | |
[3] /Benin-Bronzen-und-die-Rueckgabedebatte/!5769586 | |
[4] /Verantwortung-von-Museen/!5801089 | |
[5] https://www.kuk.tu-berlin.de/menue/team/professuren/prof_dr_meike_hopp/ | |
[6] https://www.state.gov/washington-conference-principles-on-nazi-confiscated-… | |
[7] https://www.museumsbund.de/publikationen/leitfaden-zum-umgang-mit-sammlungs… | |
[8] http://www.freunde-afrikanischer-kultur.de/ | |
[9] https://www.kulturgutverluste.de/Webs/DE/Forschungsfoerderung/Projektfoerde… | |
## AUTOREN | |
Sophie Laaß | |
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