# taz.de -- Wissenschaft des Schwärmens: Mein lieber Schwarm | |
> Schwärmen gilt als Teeniekram, Mädchen bereiten sich damit angeblich auf | |
> Beziehungen vor. Doch aktuelle Studien sagen etwas anderes. | |
Bild: Teenie-Schwarm Orlando Bloom: Fan in Doebeln, 2006 | |
Haben Sie sich schon mal vorgestellt, wie Sie und eine Kollegin sich auf | |
der Betriebsfeier näherkommen? Oder Instagram-Beiträge einer alten | |
Jugendliebe betrachtet und sich dabei ein Wiedersehen ausgemalt? Nicht? | |
Dann kennen Sie vielleicht Tagträume von Sex mit einem Film- oder Popstar? | |
Auch nicht? [1][Sie haben noch nie geschwärmt?] Wie schade. | |
Schwärmen, das definiert die kanadische Wissenschaftlerin Charlene Belu wie | |
folgt: „Sie fühlen sich von einer Person angezogen, mit der Sie vielleicht | |
geflirtet haben, aber Sie haben noch nie versucht, eine romantische oder | |
sexuelle Beziehung mit ihr einzugehen.“ Belu ist eine promovierte | |
Psychologin an der Dalhousie University in Nova Scotia, die über das | |
Schwärmen geforscht hat. Der englische Begriff dafür ist „have a crush on | |
someone“. Er bezieht sich ausschließlich auf Personen. Nur darum soll es in | |
diesem Artikel gehen. Und nicht um eine Vorliebe oder Begeisterung für | |
einen Gegenstand, Ort oder eine Person. Sondern eben ums Schwärmen. | |
Und das ist weit verbreitet, wie Charlene Belu herausgefunden hat: Nach | |
aktuellem wissenschaftlichen Stand hat die Mehrheit sowohl der Jugendlichen | |
als auch der Erwachsenen [2][hin und wieder oder dauerhaft einen Schwarm], | |
manche auch mehrere gleichzeitig und das unabhängig von Geschlecht oder | |
sexueller Orientierung. Auch der Beziehungsstatus und die Zufriedenheit mit | |
der Partnerschaft scheinen keine Rolle zu spielen. | |
Das widerspricht der auch über Medien verbreiteten Vorstellung, Schwärmen | |
sei ein Zeichen seelischer Unreife, kompensiere einen Mangel oder diene | |
lediglich der Vorbereitung auf echte Beziehungen, wie es unter anderem der | |
Saarbrücker Klinikmanager [3][Martin Huppert in zahlreichen Interviews | |
behauptet] hat. | |
Immer wieder – zuletzt im WDR Anfang dieses Jahres – wird Huppert dazu | |
befragt, weil er vor 17 Jahren eine Doktorarbeit über die | |
Fan-Star-Beziehung veröffentlicht hat. Darin geht es allerdings nur am | |
Rande ums Schwärmen, und seine Definition stützt sich auf eine | |
[4][waghalsig hergeleitete Theorie aus dem Jahr 1922]. Kritisch | |
hinterfragt haben Journalist:innen seine These – die sich zudem nur auf | |
Mädchen bezieht, obwohl seine Befragung von Jugendlichen etwas anderes | |
ergeben hatte – jedoch nie. | |
Der Grund dafür, dass sich solche irrigen Annahmen so lange halten, liegt | |
auch daran, dass es kaum Forschung zum Thema gibt. Gerade einmal vier | |
Forschungsteams haben sich gezielt empirisch mit dem Schwärmen beschäftigt, | |
alle in den USA und Kanada beheimatet. Eine Arbeit ist 1934 veröffentlicht | |
worden, die nächsten dann erst wieder im vergangenen Jahrzehnt. Am tiefsten | |
eingestiegen ist Charlene Belu in Kanada, die sich als Einzige mit | |
schwärmenden Männern und Frauen in Beziehungen beschäftigt hat. Von ihr | |
stammt auch [5][die jüngste Publikation zum Thema]. Eine andere | |
Wissenschaftlerin hatte zuvor ausschließlich schwärmende Frauen befragt, | |
die anderen beiden Studien handeln nur von Jugendlichen. | |
Auch Belu hatte Vorannahmen, die sie durch ihre eigenen Untersuchung fast | |
alle revidieren musste. [6][Für eine 2019 veröffentliche Arbeit] hatte sie | |
in einer Vorstudie 176 Personen befragt und fand keine Bestätigung ihrer | |
Hypothese, dass mehr Frauen als Männer von Schwärm-Erfahrungen berichten | |
würden. Die Hauptstudie – 247 Frauen und Männer – räumte dann mit ihrer | |
Vermutung auf, dass Menschen in unglücklichen Beziehungen eher dazu neigen, | |
von alternativen Partner:innen zu träumen. Allerdings gab es eine | |
Minderheit – 17 Prozent – die aussagte, dass sie ihren Partner oder ihre | |
Partnerin für den Schwarm verlassen würden. Und diese Personen berichteten | |
überdurchschnittlich oft, weniger zufrieden mit der Beziehungsqualität zu | |
sein. | |
Belus Hauptaugenmerk gilt der Frage, inwiefern Schwärmereien eine Vorstufe | |
von Beziehungen und damit eine Bedrohung für exklusive Partnerschaften | |
darstellen. Ergebnisse von drei weitergehenden Untersuchungen dazu hat sie | |
im August veröffentlicht. Dabei kam heraus, dass Singles im Durchschnitt | |
seltener mit ihrem Schwarm flirteten als Menschen in Beziehungen und ihre | |
Gefühle auch eher geheim hielten als diese. Zudem fand Belu weitere Belege | |
dafür, dass zumindest diejenigen in Beziehungen keine Absicht hatten, ihre | |
Fantasien in die Tat umzusetzen. Es sei wohl „eine Form absichtlich | |
unerfüllter Sehnsucht“, schreibt sie. Und dass die meisten ihre | |
Schwärmereien genießen könnten, als „unterhaltsame Abwechslung im Alltag�… | |
Nur 24 Teilnehmer:innen wünschten sich, dass die Attraktion | |
verschwinden werde. | |
Die Wissenschaftlerin schließt aus all dem, dass es beim Schwärmen offenbar | |
nicht darum gehe, der oder dem Angebeteten näher zu kommen. „Stattdessen | |
scheinen Schwärmereien andere psychosoziale Ziele zu verfolgen, vielleicht | |
in einem Kontext, in dem man alternative Partner:innen betrachten, | |
überprüfen und abgleichen kann.“ | |
Doch in dieser Aussage zeigt sich die Beschränktheit einer Forschung, die | |
Schwärmereien nur im Kontext „verliebt, verheiratet, geschieden“ | |
betrachtet. Will man die bisher unklare Funktion des Schwärmens verstehen, | |
lohnt es sich, auch Schwärmereien für Stars näher zu betrachten. Denn | |
tatsächlich schwärmen viele Erwachsene von Prominenten, fast genauso häufig | |
wie von Kolleg:innen oder Freund:innen, das hatte Belus aktuelle Studie | |
ergeben. In der vorangegangenen von 2019 hatte diese Kategorie noch | |
gefehlt. Nun waren [7][Schwärmereien für Stars] zwar abgefragt worden, | |
werden aber als „Fantasieschwarm“ bezeichnet, in der Annahme, die | |
Wahrscheinlichkeit, dass sich mehr aus dem Schwarm entwickle, sei weniger | |
„real“ als bei anderen Schwarmobjekten. | |
Das ist eine künstliche Differenz, denn zum einen hat Belus Forschung | |
ergeben, dass es gar nicht unbedingt darum geht, tatsächlich in Kontakt zu | |
kommen, und zum anderen sind Stars und Sternchen in Zeiten von Social Media | |
nicht unerreichbarer als etwa Personen, die jemand über eine Dating App | |
kennen gelernt und noch nie getroffen hat. Oder ehemalige Sexpartner:innen, | |
mit denen jetzt nur noch ein virtueller Kontakt besteht. | |
Auch die Begriffsgeschichte legt nahe, dass das Schwärmen per definitionem | |
aus der Ferne geschieht und immer etwas mit Fantasie zu tun hat. Laut | |
Kluges etymologischem Wörterbuch der Deutschen Sprache bedeutet Schwärmen, | |
„sich auf wirklichkeitsferne Weise für etwas begeistern, im heutigen Sinn | |
etwa seit dem 18. Jahrhundert“. Noch jünger ist laut Wörterbuch die | |
Übertragung dieses Zustands auf Personen („schwärmerisch verehren“). Seine | |
Wurzeln aber hat das Wirklichkeitsferne im Religiösen: Als „Schwärmer“ und | |
„Schwarmgeyster“ hatte Martin Luther seine innerreformatorischen | |
Gegenspieler bezeichnet, die sich vom Heiligen Geist erfüllt wähnten und | |
jede kirchliche Ordnung ablehnten. Weil sie häufig als Ketzer verfolgt | |
wurden, zogen sie ohne festen Wohnsitz durch die Lande, oft mit einem | |
Gefolge von Anhänger:innen, daher vermutlich die Bezeichnung als | |
(Umher-)Schwärmende. | |
Der lateinische Begriff für diese Leute ist „fanaticus“ („von Gott | |
ergriffen“) von dem sich das Wort „Fan“ ableitet, das aber auch eine | |
weitere Wurzel in „fancy“ haben könnte. Fancy heißt im Britischen Englisch | |
schwärmen und geht auf „fantasy“ zurück. Es gibt noch einen weiteren | |
Begriff, der eine Verbindung zwischen Schwärmen, religiöser Verehrung und | |
Fantum herstellt. Das britische Pendant zur deutschen Schwärmerei ist der | |
„Enthusiasm“, was aus dem Griechischen kommt und „in Gott sein“ bedeute… | |
Als „enthusiastisch“ wiederum bezeichneten Zeitungskommentatoren seit | |
Mitte des 19. Jahrhunderts [8][das begeisterte Publikum von Musikkonzerten] | |
– bevor sich ein paar Jahrzehnte später der Begriff „Fan“ etablierte, | |
zunächst im Sport. | |
Doch auch die Fan Studies, eine relativ junge interdisziplinär arbeitende | |
Wissenschaftsdisziplin, haben nichts über das Schwärmen zu sagen. Das mag | |
daran liegen, dass diese angetreten sind, um das sich bis heute haltende | |
Negativimage von Fans aufzupolieren und zu zeigen, wie kreativ und aktiv | |
diese sind. Dem Schwärmen hingegen haftet der Ruch des Passiven an, wie | |
[9][ein Zitat aus dem Jugendmagazin Jetzt] zeigt: „Nur leise von Weitem an | |
sie hinschwärmen, wäre uns zu wenig, das kommt uns schwach und hilflos | |
vor“, sagt der Autor – Männer würden deshalb nicht schwärmen. | |
Das lässt sich auch anders sehen. Vorausgesetzt, dass Schwärmen damit | |
einhergeht, sich romantische oder sexuelle Handlungen mit dem Schwarm | |
auszumalen und sich damit ziemlich aktiv gute Gefühle zu verschaffen. So | |
gibt es in der Fanforschung, etwa von [10][Tonya Anderson] oder Cornel | |
Sandvoss, Hinweise darauf, dass Fans ihre Schwärmereien für den Erhalt | |
ihrer psychischen Gesundheit einsetzen. Weitere Beispiele liefert das 1985 | |
erschienene Buch von Fred Vermorel „Starlust“ über „die geheimen Fantasi… | |
von Fans“, eine Sammlung von persönlichen Berichten. Eine im Rahmen des | |
Buchprojekts interviewte Frau nennt darin Tagträumen „eine Kunst“ und setzt | |
das Gefühl sogar gleich mit dem einer Meditation. | |
Doch wahr ist auch, dass sich viele Schwärmende für ihre Fantasien schämen | |
und sogar Schuldgefühle entwickeln. Hinweise darauf finden sich in allen | |
genannten Forschungsarbeiten der Psychologie und der Fan Studies. | |
Vielleicht wäre das anders, wenn das Schwärmen nicht mehr so abgewertet | |
würde. | |
*** | |
## Wunderbar unerreichbar: Taiwo Awoniyi! | |
„Seit vergangenem Sommer schwärme ich für Taiwo Awoniyi, einen Fußballer | |
aus Nigeria, der für den 1. FC Union in Berlin spielt. Ein | |
supersympathischer, supergut aussehender Mann. Er vermittelt ein Gefühl, | |
dass man Kraft aus einer Gemeinschaft ziehen kann, das mag ich an ihm. Und | |
obwohl er ein wahnsinnig guter Fußballer ist, tritt er ganz bescheiden auf | |
und würdigt immer die Teamleistung. | |
Ich habe schon immer geschwärmt, manchmal über Jahrzehnte. Mein erster | |
riesengroßer Schwarm war Björn Engholm, der SPD-Politiker aus | |
Schleswig-Holstein, der 1993 auch mal Kanzlerkandidat war. Als Teenager | |
fand ich ihn total toll, weil er als Politiker ganz anders aufgetreten ist | |
als andere. | |
Ich fand auch mal den dänischen Schauspieler Mads Mikkelsen toll, und | |
einmal habe ich auch für einen Chef von mir geschwärmt. Ich glaube, was | |
alle verbindet, ist das gute Aussehen und dass sie nicht arrogant sind, | |
obwohl sie so viel zu bieten haben. Und dass sie zugewandt sind und … | |
nahbar. | |
Für mich ist es wichtig, zu meinem Schwarm in Kontakt zu treten, ihn | |
jedenfalls theoretisch kennen lernen zu können, obwohl uns Welten trennen. | |
Björn Engholm habe ich damals einen Brief geschrieben, und daraufhin hat er | |
mich eingeladen, ihn auf einer SPD-Sommertour zu begleiten. Und Taiwo | |
Awoniyi bin ich mal beim Einkaufen über den Weg gelaufen, da habe ich ihn | |
auf das Spiel vom Vorabend angesprochen. | |
Leider hatte ich nichts dabei, mit dem ich mir ein Autogramm hätte geben | |
lassen können, und ein Foto, das wollte ich irgendwie nicht. Aber wir haben | |
uns so coronamäßig Faust an Faust die Hand geschüttelt. Danach bin ich ein | |
paar Wochen auf Wolken geschwebt. | |
Das Autogramm habe ich mir später besorgt, das steht jetzt eingerahmt im | |
Wohnzimmer. Ich habe ihn auch einmal über Twitter kontaktiert. Darauf hat | |
er reagiert, aber schon sehr, sehr sparsam. Ich war davon nicht enttäuscht, | |
ich freue mich, wenn überhaupt etwas zurückkommt. Für mich gehört, glaube | |
ich, zum Schwärmen dazu, dass mein Schwarm eine Distanz wahrt, die | |
klarmacht, dass meine Fantasien nicht real werden. Also zu einer | |
gemeinsamen Nacht hätte ich immer ja gesagt, aber ich will keine Beziehung | |
– auch wenn ich mir die in Tagträumen vielleicht manchmal ausmale. Dazu | |
sind die Lebensumstände doch zu krass anders. | |
Schwärmen gibt mir das Gefühl, dass das Leben viele Möglichkeiten birgt. | |
Dass man so wie ich damals mit dem Brief an Engholm etwas Bereicherndes | |
erlebt, von dem man lange zehrt, sich aus der Realität so ein bisschen | |
rausziehen und ein Glücksgefühl schaffen kann mit ganz wenigen Mitteln. Ich | |
muss mir nur Fotos angucken oder etwas über meinen Schwarm lesen, und schon | |
fühle ich mich besser. | |
Ich setze das manchmal gezielt in langweiligen oder blöden Situationen | |
ein. Dann denke ich an denjenigen und überlege, wie es wäre, ihm | |
nahezukommen, wobei das eher Knutschen wäre als Sex. Schwärmen kann schon | |
lebensverändernd sein, und das Gute ist: Es birgt kein Risiko.“ | |
Eine Berlinerin Ende 40, protokolliert von Eiken Bruhn | |
## Über den Tod hinaus: Marlene Dietrich! | |
Frühe neunziger Jahre: Meine Kumpels schwärmten von Madonna oder der | |
Tennisspielerin Gabriela Sabatini, ich aber von Marlene Dietrich. | |
Irgendwann hatte ich im Stern eine lange Geschichte über eine alternde | |
Filmdiva gelesen, die ihre Wohnung nicht mehr verließ und mit dem Telefon | |
den Kontakt zur Außenwelt hielt. Eine zweifellos traurige Geschichte, aber | |
die Fotos hauten mich um: Dieser Schlafzimmerblick! Diese Ausstrahlung! | |
Egal aus welchem Jahrzehnt die Bilder stammten: Mit Strapsen auf dem Fass | |
sitzend im Film „Der blaue Engel“, in US-Uniform, mit Frack und Zylinder, | |
im Hosenanzug. Irgendwann mal waren bei Frauen weite, lange Hosen Mode, | |
etwas verniedlichend Marlene-Hosen genannt – fand ich natürlich gut. Ich | |
las über sie, guckte ihre Filme. | |
In meiner unbescheidenen Fantasie malte ich mir aus, wie ich in ihrer Zeit | |
lebte und ihre Liebhaber Joseph Kennedy, Erich Maria Remarque und Ernest | |
Hemingway beiseite schiebe. Einer echten Diva angemessen fand ich, wie sie | |
mit ihren zahllosen Verehrern (und Verehrerinnen) umging. Gequälte Ausreden | |
wie „Wir können aber Freunde sein“ oder „Ich lebe in einer festen | |
Beziehung“ wären Dietrich nie über die Lippen gekommen, viel zu | |
kleinbürgerlich. Sie hätte ehrlich gesagt: Du bist nicht genug für mich. | |
Oder sich ihn oder sie genommen. | |
Ich schrieb mal einer Frau, in die ich verliebt war, die mir aber einen | |
Korb gab, und zitierte leicht abgewandelt einen Dietrich-Songtext: „Männer | |
umschwirr’n Dich / Wie Motten das Licht / Und wenn sie verbrennen / Ja | |
dafür kannst Du nichts.“ Ich hörte nichts mehr von ihr, sie fand es wohl | |
peinlich, zu Recht. | |
Ich wohne übrigens ziemlich genau zwischen Marlene Dietrichs Elternhaus und | |
dem Friedhof, auf dem sie begraben liegt. Das kann kein Zufall sein. | |
Gunnar Hinck | |
## Aber bitte nur ohne Tränen: Frauen! | |
Homos wie ich verlieben sich nicht in Frauen, sie himmeln sie auch nicht | |
an, sondern: schwärmen für sie. Worauf es bei der klitzekleinen und | |
gewichtigen Ultraadoration ankommt, ist, dass diese Frauen (ohne Sternchen) | |
von größter Smartness sind. Kühl bis kalt, und bitte keine Tränen. | |
Maria Schell war eine Horrorschnalle, dauernd wimmernd und leidend. Und die | |
Liebende selbst, viel zu passiv. No way. Oder die ewig aufgetriedelte | |
Shirley McLaine – ach nee, viel zu muttihaft auf die alternative Weise. | |
Mehr so Weiber im charakterlich schmutzigen Sinne, da wird die Schwärmerei | |
ernsthaft. Etwa Désirée Nosbusch in „Bad Banks“, in dieser Serie das | |
menschliche Eis selbst. | |
Natürlich muss auch Uma Thurman genannt werden, „Kill Bill“ (I & II), eine | |
Rachegöttin allergrößter Vorsätzlichkeit, erbarmungsarm und rücksichtsvoll | |
zugleich (Kinder bleiben am Leben, klar). Last but not und never least: | |
Helen Mirren. Nicht die in ihren resilienzförderlichen und woken | |
Caffe-Latte-Wohlfühlfilmen („Die Frau in Gold“, „The Queen“ etc.), son… | |
als Inspector Jane Tennison in „Heißer Verdacht“ – allein, wie sie sich … | |
Job als leitende Ermittlerin gegen die Cis-weiß-heteronormative | |
Männermannschaft besorgt, ist von größter Resolutheit, absolut ohne alle | |
Charme- oder Lächelzutaten. Nebenbei: dauerrauchend. | |
Jan Feddersen | |
## Für immer in der Playlist: Tobias Regner! | |
Ich war 13, als Tobias Regner 2006 die dritte Staffel von „Deutschland | |
sucht den Superstar“ gewann. Er hatte helle, mittellange Haare, eine raue | |
Stimme, war Anfang 20, kräftig gebaut und trug bedruckte Shirts. Er ist der | |
einzige Popstar, von dem ich jemals ein Poster aufgehängt habe. Für ihn | |
habe ich sogar gegenüber meiner Mama – zu Recht bekennende Bohlen-Hasserin | |
– zugegeben, DSDS zu schauen. Damit ich ihn ausnahmslos jeden Samstag Songs | |
von Nickelback, U2 oder Bon Jovi singen hören konnte. | |
Am Morgen nach seinem Sieg fiel ich meiner Mitschwärmerin und | |
Handballfreundin Maja in die Arme. Wir sprangen herum, als hätten wir das | |
anstehende Punktspiel schon gewonnen. Sobald es ging, kaufte ich mir sein | |
Album, hörte es rauf und runter, überspielte es sogar auf Kassette – damit | |
ich es mit meinem Walkman überall hin mitnehmen konnte. Ich wusste genau, | |
wie weit ich spulen muss, um zu meinem Lieblingslied zu skippen. Wenn es | |
lief, dachte ich: Wow, so klingt echte Rockmusik. | |
Als ich heute bei TV Spielfilm lese, dass er zwischenzeitlich Eddie in „The | |
Rocky Horror Show“ verkörpert hat, wird mir ein bisschen warm ums Herz. Ich | |
höre den Song von damals und schiebe ihn in die „Old shit“-Playlist. | |
Alina Götz | |
## Auf ein Wiedersehen: Jörg Draeger! | |
Wenn meine Eltern im Jahr 1995 – da wurde ich drei – für mich den Fernseher | |
einschalten mussten, dann nicht wegen der Maus, dem Elefanten, der | |
Tigerente oder der Gummibärenbande. Es war wegen Jörg. Jörg Draeger. Genau, | |
der mit dem Schnurrbart, Gastgeber der Gameshow „Geh aufs Ganze“, die in | |
den Neunzigern von montags bis samstags im Sat.1-Vorabendprogramm lief und | |
von bunten Umschlägen, Kisten, Toren, Traumreisen und einer rot-schwarzen | |
Stoffratte handelte. Zumindest sind das die Fragmente, an die ich mich | |
erinnere, wie gesagt, ich war nicht mal drei. | |
Die Regeln habe ich nicht kapiert, der Zonk ließ mich kalt. Es war einzig | |
Jörg, dem meine Aufmerksamkeit galt. Sobald er die Showtreppe | |
hinunterschritt, war ich von den Haarwurzeln bis in die Zehenspitzen | |
entzückt. Ich schaute die Sendung nie neben meinen Eltern auf dem Sofa, ich | |
musste stehen, kerzengerade und so nah, wie ich durfte, am Fernseher. Ich | |
fand Jörg wahnsinnig witzig. Und charismatisch. Und so adrett. Das ist | |
sicher nicht, was mir damals durch den Kopf ging, aber wenn ich mich ganz | |
doll anstrenge, meine frühkindlichen Synapsen reaktiviere und parallel das | |
Youtube-Video einer alten Sendung anschaue, dann war’s vielleicht das. | |
Für Sommer 1995 schreibt meine Mutter in eines dieser Bücher, in denen man | |
die „Meilensteine“ des Kindes notiert: „Leonie schwärmt für Jörg Draeg… | |
von ‚Geh aufs Ganze‘. Den kann sie nachmachen: ‚Tor 1, was Sie nicht habe… | |
bitte auf!‘ und ‚Wir sehen uns wieder‘, dann verbeugt sie sich.“ Jetzt … | |
ich, dass seine Show neu aufgelegt wurde. Immer freitags auf Sat.1. Jörg, | |
wir sehen uns wieder. | |
Leonie Gubela | |
2 May 2022 | |
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[3] https://www.dasmili.eu/art/warum-sind-teenies-verrueckt-nach-pop-stars/ | |
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[8] https://www.jstor.org/stable/10.5325/reception.6.1.0052 | |
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Eiken Bruhn | |
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