| # taz.de -- Autorin über Leidenschaft: „Ich merke, wenn ich zu weit gehe“ | |
| > Mit 13 gründete Larissa Bendel den A-ha-Fanclub, ihr Roman über | |
| > Online-Dating ist im Selbstverlag erschienen. Ein Gespräch über | |
| > planvolles Handeln. | |
| Bild: Kennt sich mit Umwegen aus: Autorin Larissa Bendel | |
| taz: Frau Bendel, warum haben Sie Ihr Buch im Selbstverlag veröffentlicht? | |
| Larissa Bendel: Einen Verlag zu finden, ist wie ein Lottogewinn – und ich | |
| hatte leider kein Glück. | |
| Wie vielen Verlagen haben Sie das Manuskript geschickt? | |
| Etwa einem Dutzend, vor allem kleineren. Ich habe von einigen auch sehr | |
| positive Rückmeldungen bekommen, aber es hat dann niemand gesagt: „Ja, wir | |
| nehmen das jetzt.“ | |
| Es gibt Autor:innen, die ganz bewusst im Selbstverlag publizieren, weil sie | |
| dann selbstbestimmter arbeiten können. | |
| Das kann ich nachvollziehen, weil ich es selbst sehr schätze, Dinge von | |
| Anfang bis Ende in der Hand zu haben. Aber das Entscheidende ist der | |
| Werbe-Faktor. Zum einen haben Verlage einfach ein größeres Renommee, da | |
| wird eher mal ein Buch im Feuilleton einer Tageszeitung besprochen. Und für | |
| meine Sachbücher hatte ich mit Verlagen zusammengearbeitet, das war für | |
| mich eine sehr schöne Erfahrung. | |
| Fühlt es sich wie eine Niederlage an, ein Buch im Selbstverlag | |
| herauszubringen? | |
| Nein, entscheidend ist, dass ich es veröffentlicht habe. Das habe ich | |
| gemacht, weil ich überzeugt bin, dass das Buch gut ist. Aber es wäre | |
| einfacher, als Autorin Fuß zu fassen, wenn man bei einem Verlag publiziert. | |
| Das Selfpublishing hat einfach immer noch einen schlechten Ruf, was sich | |
| nur langsam ändert, obwohl es sehr gute Autor:innen gibt, die das machen | |
| und auch renommierte Verlage nicht nur Sachen veröffentlichen, die gut | |
| sind. | |
| Die erfolgreichen Selfpublisher:innen wollen oft nicht mehr zu | |
| Verlagen, unter anderem weil sie dort viel weniger verdienen. | |
| Das höre ich auch, vor allem im Bereich Fantasy scheint das sehr gut zu | |
| funktionieren. Das ist aber nicht meins. | |
| Wie viel Marketing hat Ihr Selbstverlag gemacht? | |
| Die verschicken eine Pressemitteilung an einen Verteiler, den man aber als | |
| Autor:in nicht offengelegt bekommt, veröffentlichen die auf der Homepage | |
| und auf Facebook und das war’s. | |
| Wie kam es, dass der NDR auf „Eselgrün“ aufmerksam wurde? | |
| Ich glaube, das lag daran, dass ich einen der Redakteure aus meinem eigenen | |
| Verteiler angeschrieben hatte und dem das Buch offenbar gefiel. Er hat es | |
| ja sehr positiv besprochen. | |
| Haben die Buchverkäufe die Kosten für die Veröffentlichung schon wieder | |
| reingeholt? | |
| Das ja, aber nicht die für die Arbeitszeit. | |
| Wie Sie an das Bücherschreiben herangehen, erinnert mich daran, wie Sie in | |
| Ihren Sachbüchern über Ihre Fan-Leidenschaft für die Band A-ha schreiben. | |
| Ja, das ist meine Mentalität. Wenn etwas im Leben passieren soll, muss ich | |
| das auch angehen. Ich bin niemand, die zehn, zwölf Jahre sagt, „ich habe da | |
| einen Roman in der Schublade liegen“, bis sich ein Verlag findet, der ihn | |
| veröffentlichen will. | |
| Sie haben mit gerade einmal 13 Jahren den internationalen A-ha-Fanclub in | |
| Hamburg mit gegründet und so Kontakt zur Band bekommen. Mich hat besonders | |
| beeindruckt, wie Sie 1989 am Haus der Eltern von Morten Harket klingeln, | |
| damals eins der größten Teenie-Idole überhaupt. Seine Mutter lässt Sie ins | |
| Haus, Sie plaudern zwei Stunden und sie zeigt Ihnen private | |
| Hochzeits-Fotos. | |
| Manchmal staune ich selbst darüber. Aber mir ist wichtig, dass ich nie | |
| etwas einfach so gemacht habe, sondern immer alles sehr genau durchdacht | |
| habe. Ich habe versucht, niemandem auf die Nerven zu gehen. | |
| Ich wollte gerade fragen, ob Sie mal auf die Nase gefallen sind. Es birgt | |
| ja ein Risiko, so mutig zu sein. | |
| So würde ich das nicht nennen. Wenn etwas nicht geklappt hat, habe ich | |
| Umwege nehmen müssen, so wie jetzt bei dem Buch. | |
| Auf die Nase fallen würde vielleicht bedeuten, sich mit einem Buchprojekt | |
| finanziell zu ruinieren – oder auch mit der Fan-Leidenschaft. | |
| Nein, ich merke, wenn ich zu weit gehe. | |
| Haben Sie das bei anderen Hardcore-Fans anders erlebt? | |
| Ja. Es gibt Leute, die sich wegen der Konzertreisen überschuldet haben. | |
| Oder alles für das Fan-Sein riskiert haben, eine Kündigung vom Job, eine | |
| Trennung vom Partner. Oder Freundschaften aufs Spiel gesetzt haben, | |
| Menschen ausgenutzt, um sich Vorteile zu verschaffen. Die einfach die | |
| Grenzen nicht mehr gesehen haben. Man muss nicht 50 Konzerte in einem Jahr | |
| sehen. Zehn reichen auch. | |
| Stimmt es eigentlich, dass bei a-ha-Konzerten in der ersten Reihe seit | |
| Jahrzehnten immer dieselben stehen oder sitzen und dann auch in einer | |
| bestimmten Reihenfolge? | |
| Ja. Wobei ich schon seit bestimmt 25 Jahren nicht mehr in der ersten Reihe | |
| bin. Für mich hängt die Qualität eines Konzert-Erlebnisses nicht davon ab, | |
| von der Band gesehen zu werden. Das ist eins, das ich mir selbst schaffe. | |
| Dafür kann ich irgendwo einen Platz haben, an dem ich mich wohlfühle. | |
| In Ihrem Roman geht es um eine Frau, die über Online-Dating einen Mann | |
| sucht. Haben Sie eigene Erfahrungen damit gemacht? Und sind Sie das ebenso | |
| planvoll angegegangen wie zum Beispiel das Buchprojekt? | |
| Ich habe das über einen Zeitraum von einem Jahr und drei Monaten gemacht | |
| und dabei meinen Partner kennengelernt – wie meine Protagonistin. Aber was | |
| ich erzähle, ist nur teilweise autobiografisch. Und einen Plan hatte ich | |
| nicht. Ich war zu der Zeit sehr unglücklich und wollte etwas dagegen tun. | |
| Ich hätte auch etwas anderes machen können, aber ich habe mich für | |
| Online-Dating entschieden. Deshalb hatte ich auch nicht jedes Mal vor einem | |
| Treffen die Hoffnung, meinen Traummann zu treffen. Für mich war das auch so | |
| eine interessante Erfahrung. | |
| Inwiefern? | |
| Ich finde es spannend, weil man Menschen kennenlernt, die man vielleicht | |
| sonst nicht getroffen hätte. Und ich habe viel über mich selbst gelernt in | |
| dieser Zeit. Das hat mich, glaube ich, offener gemacht, freier und auch | |
| selbstsicherer. | |
| Im Buch klingen auch schmerzhafte Erfahrungen an. Da sagt ein Mann den Satz | |
| zur Protagonistin „Ich brauche Zeit.“ | |
| Ja, den habe ich selbst leider auch gehört. Das war furchtbar und | |
| letztendlich der Anlass, das Erlebte literarisch zu verarbeiten. Ich hatte | |
| mich richtig doll in einen Mann verliebt und erst zu spät dessen | |
| Beziehungsunfähigkeit bemerkt. | |
| Ich wundere mich manchmal über die Erwartungen, die offenbar viele Männer, | |
| aber auch Frauen, an ihr Gegenüber und die Begegnungen haben. | |
| Ja. Was ich teils frustrierend fand, war das Gefühl, dass viele einen | |
| Katalog mit sich herumtragen, was sie wollen und was sie nicht wollen. Das | |
| können Äußerlichkeiten sein wie die Länge der Haare oder auch bestimmte | |
| Eigenschaften, und wenn man das nicht erfüllt, ist man unten durch. | |
| Wenn man sich das eine Zeit lang anguckt, kommt man ins Grübeln, was Liebe | |
| eigentlich ist, oder? | |
| Ja. Ich würde jetzt sagen, Liebe entsteht, wenn man das gegenseitige Gefühl | |
| hat, dass da jemand ist, der meine Persönlichkeit versteht, akzeptiert und | |
| auch letztlich fördert, die das, was mich positiv ausmacht, auch | |
| herausstellt. Ich glaube, es geht darum, sich mit jemandem wohl zu fühlen, | |
| genau so, wie man ist. | |
| 27 Sep 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Eiken Bruhn | |
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