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# taz.de -- Männer in Kontaktanzeigen: Suche alles, biete nix
> Ob in der „Zeit“ oder im Bremer Stadtmagazin „Mix“: Männer haben in
> Kontaktanzeigen meist sehr konkrete Vorstellungen. Und was haben sie
> selbst drauf?
Bild: Vielleicht haben sich diese Herren das mit der Bank am See doch irgendwie…
Neulich ist mir eingefallen, dass mich schon als 11-Jährige Kontaktanzeigen
fasziniert haben müssen. Ich las sie bei meinen Eltern im Oxmox, einem
Hamburger Stadtmagazin. Einmal meldete ich mich auf ein Telefonsex-Angebot,
umringt von fünf kichernden Freundinnen. Ich hoffte, mein falscher
französischer Akzent würde kaschieren, dass ich nicht wusste, worum es
ging, aber zum Glück entlarvte mich der Angerufene schnell als far from
volljährig und legte auf.
Wären wir heute in einem Alter, in dem Playmobil out und Party noch nicht
ganz in ist, würden wir uns vielleicht bei einem Online-Dating-Portal
anmelden und unsere dort inserierenden Lehrer anschreiben. Als Erwachsene
mache ich das nur, wenn ich jemand kennen lernen will und bin deshalb auf
das Bremer Stadtmagazin Mix angewiesen.
Manchmal versuche ich es mit Annoncen in der Zeit, aber da geht es mir zu
viel um Moneten, die großzügige Herren an „gerne deutlich jüngere Damen“…
Tausch gegen Sex verteilen möchten, wobei die meisten der Herren 60plus
sich als „jünger aussehend“ beschreiben oder „jung geblieben“. Ich ste…
mir vor, dass sie Lotsenmütze tragen und eine Helmut-Schmidt-Büste in ihrem
Arbeitszimmer stehen haben.
Mich interessiert aber nicht die Anzahl von Chalets in der Schweiz, sondern
die Sehnsüchte, die sich in zehn Zeilen offenbaren. Deshalb ärgern mich
auch Anzeigen, die sich an einem Wortspiel entlang hangeln, vorzugsweise
mit Bären-Metapher: „Seebär sucht Meerjungfrau für den Törn des Lebens“
oder „Schmusebär sucht Naschkatze für Gummiabenteuer“.
Oder die, die sehr nah dran sind an den Freundschaftsbüchern von Kindern –
die ich aus demselben Grund genauso gerne lese – in denen alle Detektiv
oder Tierärztin werden wollen und am liebsten Pommes oder Pizza essen. Das
Äquivalent bei Bremer:innen über 45 sind Rotwein, Strandspaziergänge
„und alles, was zu zweit mehr Spaß macht“.
## Unkomplizierte Daueraffäre gewünscht
Schon besser sind diejenigen, die zwar kaum ein Wort über sich selbst
verlieren, aber deren Anforderungsprofil an eine potenzielle Partnerin
Bände spricht: Einer verlangte eine „riesengroße Oberweite“, ein anderer
wollte keinen „flachen Po“, noch einer hatte was gegen „Tussis und
Muttitypen“. Und während die meisten irgendeine Art von äußerlich
erkennbarer „Weiblichkeit“ bevorzugen, darf es nicht zu viel Schminke sein
und Silikon und Botox schon gar nicht – jedenfalls nicht so, dass es ihnen
auffallen würde. Bis auf den Busenfetischisten hatten die Jungs online ihr
Glück versucht.
Ich gebe zu, dass ich die Anzeigen von Frauen nicht so genau lese, aber ich
bin mir sicher, dass mir aufgefallen wäre, wenn eine einen Mann mit einem
riesengroßen Schwanz gesucht hätte oder irgendwelchen anderen spezifischen
körperlichen Merkmalen. Deutlich seltener suchen Frauen auch nach einer
Affäre oder Freundschaft plus.
Was damit gemeint ist, führen die Männer („gebunden“ oder „ungebunden�…
ungefähr so aus: „Ich suche eine Frau“ – meistens soll sie attraktiv und
„unkompliziert“ sein – „mit der ich Sex haben kann, wenn mir der Sinn
danach steht, mit der ich aber auch reden kann und die mich ins
Konzert/Museum/Theater begleitet, mit mir Rad fährt, kocht und hin und
wieder ans Meer fährt, das Ganze ohne Beziehungsstress und unverbindlich,
dafür für lange Zeit oder gleich für immer.“
Wenn ich so etwas lese, habe ich dieses schöne Lied der Münchener Freiheit
im Kopf: „Solang man Träume noch leben kann.“
18 Jul 2022
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Kolumne Beim Friseur
Feminismus
Männer
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LiebeIstAlles
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Garten
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