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# taz.de -- Debatte um das „Sondervermögen“: Schattenkanzler Merz
> Die Union wird sich die Zustimmung zum sogenannten Sondervermögen für die
> Bundeswehr teuer erkaufen lassen. Sozialpolitische Vorhaben sind in
> Gefahr.
Bild: Friedrich Merz kritisiert die Ampelkoalition, aber das ist ja auch sein J…
Eins muss man Friedrich Merz lassen: Als Oppositionsführer versteht er sein
Handwerk. Mit einer enormen Kaltschnäuzigkeit nutzt der CDU-Chef den
Ukrainekrieg, um in die Schwachstellen der Ampelkoalition zu grätschen. Und
Merz hat ja auch nicht unrecht, wenn er darauf hinweist, „staatspolitische
Verantwortung“ der Opposition könne nicht bedeuten, allem kritiklos
zuzustimmen, was die Regierung ihr vorlegt.
Dabei geht es um mehr als Wortgeklingel. Aus der Opposition heraus einem
Kanzler Schwäche, Zögern, Zaudern oder Ängstlichkeit vorzuwerfen, wie es
Merz am Donnerstag im Bundestag getan hat, gehört zum üblichen rhetorischen
Geschäft. Sein Angriff ist aber weitreichender: Merz inszeniert sich als
eine Art Schattenkanzler, der darauf abzielt, die Regierungspolitik von
Rot-Grün-Gelb entscheidend mitzubestimmen. Und er hat gute Karten, dass ihm
das gelingt – mit fatalen Folgen.
Sein Einfallstor ist die von der Ampelkoalition geplante zusätzliche
Verschuldung um 100 Milliarden Euro, euphemistisch „[1][Sondervermögen]“
genannt. Gleich zwei gravierende Fehler hat Kanzler [2][Olaf Scholz] Ende
Februar in seiner „Zeitenwende“-Rede gemacht: Zum einen lieferte er sich
mit der Ankündigung, dieses – finanziell ohnehin aberwitzige –
„Sondervermögen“ zur Aufrüstung der Bundeswehr per Grundgesetzänderung
abzusichern, der Union, die zustimmen muss, aus.
Zum anderen fügte er noch einen nur schwer misszuverstehenden Satz hinzu:
„Wir werden von nun an Jahr für Jahr mehr als zwei Prozent des
Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren.“ Das wären
dauerhaft nochmals bis zu 25 Milliarden Euro pro Jahr mehr fürs Militär,
also nicht bloß eine Verrechnung mit dem „Sondervermögen“. Und genau das
fordert nun Merz. Dass die Koalition beteuert, der Kanzler habe es ja gar
nicht so gemeint, hilft ihr dabei nur wenig. Schließlich braucht sie für
die erforderliche Zweidrittelmehrheit die Stimmen der Union. Sie hat sich
erpressbar gemacht.
Zu welchem Kompromiss Merz auch letztlich bereit sein wird, er wird sich
die Zustimmung der Union zum „Sondervermögen“ auf jeden Fall teuer bezahlen
lassen. Hält die Ampel an der [3][Schuldenbremse] fest, worauf sowohl die
Union als auch die FDP bestehen, wird dies auf Kosten anderer Etatposten
gehen. Konkret wird sich der Spielraum für eine soziale Politik massiv
verringern.
28 Apr 2022
## LINKS
[1] /100-Milliarden-Euro-fuer-die-Bundeswehr/!5851250
[2] /Die-Ampelkoalition-in-der-Krise/!5846205
[3] /Ausgaben-im-Ergaenzungshaushalt/!5847030
## AUTOREN
Pascal Beucker
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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