# taz.de -- FDP und Waffenlieferungen: Lindners Dilemma | |
> Die FDP spricht sich auf ihrem Parteitag für schwere Waffen für die | |
> Ukraine aus. Eine echte Distanzierung von Kanzler Scholz und der Ampel? | |
> Wohl kaum. | |
Bild: Live zugeschaltet aus Washington: FDP-Chef Christian Lindner auf dem Part… | |
Zuweilen ist es nicht ganz einfach, Christian Lindner zu folgen. Das lag | |
nicht an der schlechten Übertragung seiner Rede beim FDP-Bundesparteitag – | |
coronabedingt musste der FDP-Chef aus Washington zugeschaltet werden –, | |
sondern an seiner Widersprüchlichkeit. Lindner sprach Olaf Scholz beim | |
Ukrainekrieg [1][explizit sein Vertrauen aus] und stärkte dem in die Kritik | |
geratenen Bundeskanzler den Rücken. | |
Gleichzeitig befürwortet Lindner aber die Lieferung schwerer Waffen an die | |
Ukraine – was wiederum die Kernkritik an Scholz betrifft. So richtig passt | |
das nicht zusammen. Aber es verdeutlicht das Dilemma, in dem sich der | |
Parteichef derzeit befindet: Er muss Regierungsverantwortung zeigen und | |
gleichzeitig das Profil seiner Partei schärfen – schließlich stehen im Mai | |
Landtagswahlen in NRW und Schleswig-Holstein an. | |
Doch in der Ampelregierung knirscht es an allen Ecken und Enden. Die | |
Impfpflicht, die SPD und Grüne befürworteten, ist gescheitert, [2][und das | |
lag vor allem an der FDP]. Und die Diskussion über den Sinn oder Unsinn | |
eines Tempolimits scheint gerade zum Streit-Evergreen in der Koalition zu | |
werden. Lindner kann es sich derzeit nicht leisten, den Koalitionsfrieden | |
zu gefährden. | |
Der FDP-Chef überließ die offen geübte Kritik deshalb lieber | |
Parteikolleg:innen – allen voran Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die | |
derzeit mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht als die | |
Bundesverteidigungsministerin. Dass die FDP in einem Beschluss nun schwere | |
Waffen fordert, mag auf den ersten Blick konfrontativ wirken – es ist aber | |
eher ein rhetorischer Aufstand. | |
[3][Der Beschluss fordert zwar] „die Lieferung hochwirksamer und dabei auch | |
schwerer Waffen“, die von der Armee sofort eingesetzt werden können, oder | |
Schulungen von Soldat:innen „außerhalb der Ukraine“ – wie realistisch | |
das alles ist, ist aber eine ganz andere Frage. Im Grundsatz verfolgt der | |
Beschluss die Linie des Kanzlers: Alles soll mit den Bündnispartnern | |
abgestimmt sein, die Verteidigungsfähigkeit darf nicht leiden, Deutschland | |
soll nicht Kriegspartei werden. | |
Lindner bleibt der Ampel treu, auch weil er aus Erfahrung weiß, dass seine | |
Klientel Oppositionsgebaren in Regierungsverantwortung auch hart bestrafen | |
kann. Sein strategischer Hauptgegner bleibt deshalb die Union. Beide | |
Parteien wollen im konservativ-bürgerlichen Spektrum punkten. Der Union, | |
die gerade droht, das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr | |
zu torpedieren, wirft Lindner angesichts des Kriegs unverantwortliches | |
Handeln vor. Was er aber nicht sagt: Die Union kann diese Macht nur | |
demonstrieren, weil die Ampel bei strittigen Themen so instabil ist. | |
24 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Bundesparteitag-der-FDP/!5850055 | |
[2] /Scheitern-der-Impfpflicht-im-Bundestag/!5843564 | |
[3] https://www.fdp.de/bpt2022 | |
## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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