# taz.de -- Streit um Finanzen in Berlin: Bezirke warnen vor Einsparungen | |
> Acht Bezirksbürgermeister*innen kritisieren die Sparvorgaben des | |
> grünen Finanzsenators scharf. Berlins Haushalt wird am Dienstag | |
> vorgestellt. | |
Bild: In den nächsten Tagen geht es um das Wichtigste in der Politik: Geld | |
BERLIN taz | Der Kampf um die knapper gewordenen Finanzen Berlins hat | |
begonnen. Am Montag warfen acht der zwölf Bezirksbürgermeister*innen | |
dem neuen grünen Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) [1][in einem | |
Brandbrief] vor, die „langjährige strukturelle Unterfinanzierung der | |
Bezirke“ verschärfen zu wollen. Anlass sei dessen Aufforderung an die | |
Bezirke, „weitere 78 Millionen Euro einsparen“ zu müssen. | |
Die Kritik kommt punktgenau: Am Dienstag soll der Senat Weseners | |
[2][Haushaltsentwurf für die Jahre 2022 und 2023 beschließen] und an das | |
Abgeordnetenhaus zur weiteren Debatte weiterleiten. Pikant: Mit Kirstin | |
Bauch hat auch eine der fünf grünen Bezirksbürgermeister*innen | |
unterschrieben. Die restlichen sieben Unterzeichner*innen gehören SPD | |
und Linkspartei an. | |
Die Vorwürfe sind massiv: Die Bürgermeister*innen warnen vor einer | |
finanziellen Überlastung der Bezirke, wodurch dringend notwendige | |
Verbesserungen etwa bei Bürgerdiensten nicht umsetzbar wären. „Über 100 | |
Millionen Euro fehlen im unmittelbaren Dienst an den Bürger:innen, bei der | |
Erfüllung von Rechtsansprüchen, bei der Servicequalität, in den | |
Ordnungsämtern, den Grünflächenämtern“, heißt es in dem Schreiben. | |
Derzeit sind Termine auf Bürgerämtern stadtweit extrem rar gesät: Die | |
Wartezeit beträgt bis zu zwei Monate, sofern überhaupt Termine angeboten | |
werden. Die neue Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte | |
eine leistungsfähigere Verwaltung zu einem ihrer politischen Kernziele | |
erklärt. | |
Das sei aber nicht erreichbar, wenn die Bezirke zunehmend sparen müssten, | |
so die Bürgermeister*innen: „Mit dieser Haltung gegenüber der | |
Ressourcenausstattung der Bezirke wird die Koalition ihre politischen Ziele | |
– auch im Rahmen des 100-Tage-Programms – verfehlen.“ | |
## Wieder „Sparen bis es quietscht“? | |
Die Unterzeichner*innen warnen vor einem Rückfall in die Nullerjahre | |
unter Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und dessen Motto „Sparen bis es | |
quietscht“. „Wenn der Senat und das Abgeordnetenhaus den Weg der massiven | |
Einsparungen weiterverfolgen, stehen die Bezirke erneut vor Entscheidungen, | |
Investitionen in die Zukunftsfähigkeit zu streichen, Gebäude und | |
Grundstücke zu veräußern und das Personal in den Bezirksverwaltungen | |
dauerhaft zu überlasten.“ | |
Man sei an einer guten Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit dem Senat | |
interessiert, betonen die acht Bürgermeister*innen. Der Finanzsenator solle | |
deswegen umgehend die Einsparvorgabe zurücknehmen und zudem den Bezirken | |
bereits entzogene Personalmittel in Höhe von rund 26 Millionen Euro | |
zurückzahlen. | |
Finanzsenator Wesener wollte das Schreiben der acht | |
Bezirksbürgermeister*innen am Montag nicht kommentieren. Sein | |
Sprecher teilte auf taz-Anfrage indes mit, dass sich die Koalition auf eine | |
„deutliche finanzielle Besserstellung der Bezirke geeinigt“ habe. „Diese | |
Absprachen finden im Haushaltsentwurf natürlich Berücksichtigung.“ | |
Sein Vorgänger, der SPD-Politiker Matthias Kollatz, hatte zuletzt stets | |
erklärt, dass die Wirtschaftskraft Berlins in der Pandemie weniger stark | |
eingebrochen sei als in den meisten anderen Ländern – „es muss beim | |
Investieren bleiben, damit es bei dieser Erfolgsstory bleibt“, betonte er | |
etwa im Juni 2021. | |
21 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] http://www.berlin.de/ba-pankow/aktuelles/pressemitteilungen/2022/pressemitt… | |
[2] /Senat-beschliesst-Ausgaben-fuer-2022/23/!5777613 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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