# taz.de -- EU-Sanktionsverordnung: Für das Budget und die Menschen | |
> Die EU muss für Kürzungen den Nachweis liefern, dass eine ordnungsgemäße | |
> Verwendung der EU-Gelder gefährdet ist. Die Einschränkung war notwendig. | |
Bild: Es ist im Interesse der Bevölkerung, dass EU-Gelder nicht bevorzugt an G… | |
Der [1][Europäische Gerichtshof (EuGH) hat geurteilt], aber viele haben das | |
Urteil nicht richtig gelesen. Ja, der EuGH hat für finanzielle Sanktionen | |
grünes Licht gegeben, wenn EU-Staaten die Rechtsstaatlichkeit missachten. | |
Geschützt werden damit aber nur die finanziellen Interessen des | |
EU-Haushalts. | |
Die EU kann nun also nicht gleich mit milliardenschweren Zuschusskürzungen | |
auf die Korruption in Ungarn und die zügige Abschaffung unabhängiger | |
Gerichte in Polen reagieren. Sie muss stets deutlich machen, dass hier eine | |
ordnungsgemäße Verwendung von EU-Mitteln gefährdet ist. | |
Diese Einschränkung ist unpopulär, deshalb wird sie von vielen | |
verschwiegen, die jetzt das EuGH-Urteil feiern. Aber so steht es schon in | |
der neuen Sanktionsverordnung, die der EuGH nun geprüft und gebilligt hat. | |
Typisch EU, werden manche sagen, die Eurokraten denken nur an ihren | |
Haushalt und nicht an die inakzeptablen Missstände in den Mitgliedstaaten | |
und an die Probleme, die das für die Menschen bringt. | |
Doch die Einschränkung war nötig, damit die EU-Staaten überhaupt mit | |
Mehrheit – gegen die Stimmen von Polen und Ungarn – einen derartigen | |
Sanktionsmechanismus einführen konnten. Laut EuGH handelt es sich nämlich | |
nur um „Haushaltsvorschriften“, die auch mit Mehrheit beschlossen werden | |
durften. Eine Änderung des EU-Vertrags, wo ein echter Sanktionsmechanismus | |
hingehört hätte, wäre nie zustande gekommen, denn dafür ist Einstimmigkeit | |
erforderlich. | |
Außerdem ist die Fokussierung auf den EU-Haushalt auch nicht völlig | |
unempathisch und kontraproduktiv. Polen und Ungarn bekommen viele | |
Milliarden aus dem EU-Säckel, deutlich mehr, als sie einzahlen. Deshalb ist | |
die EU in diesen Ländern auch recht beliebt. Es ist also durchaus auch im | |
Interesse der Bevölkerung in Ungarn und Polen, dass EU-Gelder nicht | |
bevorzugt an Günstlinge von [2][Victor Orbán] gehen und dass die Verwendung | |
von EU-Geldern [3][in Polen durch unabhängige Richter] kontrolliert werden | |
kann. Der Kampf für Rechtsstaatlichkeit kann also sowohl dem EU-Haushalt | |
als auch den Menschen nutzen. | |
Welche Rolle der neue Sanktionsmechanismus spielen wird, kann niemand | |
sagen. Der EuGH hat erst einmal nur das Regelwerk abgenickt. | |
Es besteht auch keine Eile, dass die EU-Kommission nun schon nächste Woche | |
Sanktionen verhängen müsste. Denn Polen und Ungarn warten schon seit | |
Monaten auf die Milliarden aus dem Corona-Aufbaufonds, die die | |
EU-Kommission wegen der rechtsstaatlichen Mängel in beiden Ländern | |
blockiert. Das EuGH-Urteil hat diese De-facto-Sanktionen nun nachträglich | |
auch legitimiert. | |
16 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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