| # taz.de -- Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet: EU geht erneut gegen Wars… | |
| > Es geht um umstrittene Urteile des polnischen Verfassungsgerichts zum | |
| > Status von EU-Recht. Deshalb geht Brüssel nun rechtlich gegen das Land | |
| > vor. | |
| Bild: Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission | |
| Brüssel dpa | Wegen umstrittener Urteile des polnischen Verfassungsgerichts | |
| zum Status von EU-Recht geht die EU-Kommission rechtlich gegen das Land | |
| vor. Die Brüsseler Behörde leitete am Mittwoch ein sogenanntes | |
| Vertragsverletzungsverfahren ein, das mit einer weiteren Klage vor dem | |
| Europäischen Gerichtshof und schließlich mit finanziellen Sanktionen gegen | |
| Warschau enden könnte. | |
| Nach Ansicht der EU-Kommission verstoßen die Urteile des | |
| Verfassungsgerichts unter anderem gegen den Vorrang und das Prinzip der | |
| einheitlichen Anwendung des EU-Rechts sowie gegen die bindende Wirkung von | |
| EuGH-Urteilen. Zudem äußerte die Brüsseler Behörde erhebliche Zweifel an | |
| der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Verfassungsgerichts. | |
| Hintergrund der Entscheidung ist unter anderem ein Urteil des | |
| [1][Verfassungsgerichts] von Anfang Oktober, wonach Teile des EU-Rechts | |
| nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar sind. Dies stellt [2][einen | |
| Eckpfeiler der europäischen Rechtsgemeinschaft in Frage]. Bereits im Juli | |
| hatte das polnische Gericht entschieden, dass die Anwendung einstweiliger | |
| EuGH-Verfügungen, die sich auf das Gerichtssystem des Landes beziehen, | |
| nicht mit Polens Verfassung vereinbar seien. | |
| Schon einen Tag nach dem Oktober-Urteil machte EU-Kommissionspräsidentin | |
| Ursula von der Leyen unmissverständlich die Position ihrer Behörde | |
| deutlich: „Das EU-Recht hat Vorrang vor nationalem Recht, einschließlich | |
| verfassungsrechtlicher Bestimmungen. Diesem Grundsatz haben sich alle | |
| EU-Mitgliedstaaten als Mitglieder der Europäischen Union verschrieben.“ Die | |
| EU-Kommission werde „von allen Befugnissen, die uns die Verträge verleihen, | |
| Gebrauch machen, um diesem Grundsatz Geltung zu verschaffen“. | |
| ## Polens Regierungspartei setzt Richter unter Druck | |
| Jedoch möchte die nationalkonservative Regierung in Warschau eben diesen | |
| grundsätzlichen Vorrang des EU-Rechts nicht anerkennen. Die polnische | |
| Regierungspartei PiS baut das Justizwesen des Landes seit Jahren ungeachtet | |
| internationaler Kritik um und setzt Richter damit unter Druck. Die | |
| EU-Kommission hat wegen der Reformen [3][bereits mehrere | |
| Vertragsverletzungsverfahren gegen Warschau eröffnet und Klagen beim EuGH | |
| eingereicht]. Mehrere Reformen wurden gekippt. | |
| Bei dem Urteil des polnischen Verfassungsgerichts vom Oktober hatte | |
| Regierungschef Mateusz Morawiecki das Gericht gebeten, ein Urteil des EuGH | |
| aus dem Frühjahr zu überprüfen. In dem Urteil hatten die obersten | |
| EU-Richter festgestellt, dass EU-Recht Mitgliedstaaten zwingen kann, | |
| einzelne Vorschriften im nationalen Recht außer Acht zu lassen, selbst wenn | |
| es sich um Verfassungsrecht handelt. | |
| 22 Dec 2021 | |
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