# taz.de -- Estland und sein großer Nachbar: Hart an der Grenze | |
> Im Osten Estlands treffen die EU und Russland aufeinander, viele Menschen | |
> dort haben russische Wurzeln. Wie blicken sie auf den Ukraine-Konflikt? | |
NARVA/NARVA-JõESUU taz | Natalja Lubyschewas Stimme klingt laut durch das | |
Schwimmbad. „Habt keine Angst!“, ruft sie auf Russisch und wirft die | |
kreischenden Kinder mit Schwung ins Wasser. „Schnell, beeilt euch, | |
schnell!“ Natalja Lubyschewa ist Sportlehrerin in Narva, der drittgrößten | |
Stadt Estlands. Ihr Unterricht erinnert eher an eine Militärübung als an | |
eine Schwimmstunde: „Das hier ist kein Spaß, Sport ist wie ein Kampf. Die | |
Kinder zittern, ich muss ihnen die Angst nehmen“, sagt sie und greift nach | |
einer Trillerpfeife, die ihr um den Hals hängt. | |
[1][Estland] grenzt auf einer Strecke von über 300 Kilometern an Russland, | |
etwa 25 Prozent der estnischen Bevölkerung sind ethnische Russ:innen. Die | |
Stadt Narva liegt direkt an dieser Grenze und gilt als Zentrum der | |
Russischstämmigen, etwa [2][95 Prozent der 50.000 Einwohner:innen haben | |
russische Wurzeln]. Wie blickt man hier auf die [3][Spannungen, die zurzeit | |
die Welt beschäftigen], weil Russland rund 140.000 kampfbereite Soldaten an | |
der Grenze zur Ukraine zusammengezogen hat? | |
[4][Seitdem Russland 2014 die Krim annektiert hat], sind die baltischen | |
Staaten in Sorge, dass auch sie Zielobjekte des Nachbarn sein könnten. | |
Damals [5][verteilte die litauische Regierung Broschüren], die die | |
Bevölkerung für den Ernstfall vorbereiten sollten – den Einmarsch | |
russischer Truppen. Wie sieht es heute aus im estnischen Narva? | |
Lubyschewa, die Schwimmtrainerin, ist stolz auf ihre russische Herkunft. | |
„Schon meine Eltern und Großeltern haben hier gelebt, auch meine Vorfahren, | |
und das seit 500 Jahren. Narva bleibt unsere Heimat, obwohl es zu Estland | |
gehört“, sagt sie. Dann gibt sie das nächste Kommando: „Kraulen!“ | |
Lubyschewa ist 50 Jahre alt. Sie redet gern und laut. Das öffentliche | |
Schwimmbad gehört zum Neubau der estnischen „Akademie für | |
Sicherheitskräfte“, der seit etwas über einem Jahr in Betrieb ist. „Das | |
bedeutet für uns neue Arbeitsplätze“, sagt Lubyschewa. Bevor sie die | |
Schwimmhalle verlässt, gibt sie am Ausgang ihre Pfeife an ihren Sohn | |
weiter. Er trainiert eine Gruppe älterer Kinder. | |
Lubyschewa und ihr Sohn haben Jobs, doch soviel Glück haben längst nicht | |
alle. Der Landkreis Ida-Viru, zu dem auch die Stadt Narva gehört, weist mit | |
10,6 Prozent die höchste Arbeitslosenquote Estlands auf. Landesweit liegt | |
sie bei 6,9 Prozent. Vielen bleibt hier nur der Weg über die Brücke nach | |
Russland, um dort günstig einzukaufen. Estland hat den Euro, weshalb viele | |
Dinge des täglichen Bedarfs im Land ziemlich teuer sind. | |
Direkt auf dem zentralen Platz der Stadt befinden sich die | |
Grenzkontrollpunkte. Zu Sowjetzeiten waren Narva und Iwangorod auf der | |
russischen Seite Zwillingsstädte. Der Fluss Narva trennt die beiden Städte, | |
die zwei Länder und die EU und Russland. Heutzutage dürfen nur diejenigen, | |
die russische Pässe haben, über die Brücke gehen. Estnische | |
Staatsangehörige brauchen ein Visum, aber wegen der Coronapandemie geht für | |
sie momentan ohnehin nichts. | |
## Sechs Prozent haben eine unbestimmte Staatsangehörigkeit | |
Und dann gibt es noch Leute wie Jewgeni: Er hat weder einen russischen noch | |
einen estnischen Pass, doch er darf die Brücke trotzdem passieren. Seinen | |
Nachnamen will er lieber nicht nennen. Er gehört zu den Staatenlosen in | |
Estland oder besser gesagt: zu den Personen mit unbestimmter | |
Staatsangehörigkeit. | |
Jewgeni hat einen grauen Pass, wie etwa rund sechs Prozent der | |
Gesamtbevölkerung. „Das ist mein Vorteil. Ich kann unbegrenzt hin- und | |
herfahren“, sagt er. Um die estnische Staatsangehörigkeit zu erwerben, | |
müsste er eine Sprachprüfung bestehen. „Estnisch ist zu schwierig, das ist | |
nichts für mich“, sagt der 41-Jährige. Er sitzt in seinem Skoda und wartet | |
auf Kundschaft. Jewgeni ist Taxifahrer. | |
„An der Grenze sind die meisten Menschen nicht wohlhabend. Narva ist da | |
keine Ausnahme“, sagt er. „Ich fahre immer wieder nach Russland, um | |
Lebensmittel zu kaufen“. In der Stadt Kingisepp auf der anderen Seite der | |
Brücke kauft er Butter, Öl, Zucker und Kleidung. Er transportiert auch | |
Diesel und Benzin in Kanistern oder kauft Treibstoff bei russischen | |
LKW-Fahrern in Narva. „So komme ich finanziell über die Runden, wie fast | |
die Hälfte meiner Freunde“. Seine Kund:innen fährt er manchmal sogar bis | |
nach Sankt Petersburg, wo sie zum Zahnarzt oder ins Konzert wollen. | |
Will er nicht ganz nach Russland ziehen? Nee, am liebsten würde er in | |
Schweden leben, wo er im Sommer als Saisonarbeiter im Wald arbeitet. Aber | |
kaum habe er ein wenig Geld gespart, ginge das alles wieder für Strom und | |
Gas drauf. Seit dem vergangenen Herbst steigen die Energiepreise auch in | |
Estland rasant. | |
„Und jetzt reden alle auch noch über einen möglichen Krieg mit Russland“, | |
sagt er und schaut auf sein Handy. Sein nächster Kunde verspätet sich | |
offenbar. Ihn ärgert die Rhetorik der estnischen Regierung, die Waffen an | |
die Ukraine liefern möchte. Könnte die Situation auch an der Grenze zu | |
Estland eskalieren? „Falls es dazu kommt, wird es zuerst in Narva einen | |
Aufstand geben.“ | |
Er meint, dass die Russischstämmigen sich dann auflehnen würden. „Wollen | |
die Esten einen Bürgerkrieg? Das glaube ich nicht. Aber dann sollen sie die | |
Russen auch nicht provozieren“, sagt Jewgeni. Bevor er Gas gibt, steckt er | |
seinen Kopf noch mal aus dem Autofenster und sagt: „Ich bin nicht für | |
[6][Putin], ich bin für Russland, für mein Vaterland.“ Dann fährt er los, | |
vorbei an großen Tannen, die von Weihnachten immer noch mit Lichterketten | |
geschmückt sind. | |
## „Alle drei Länder waren damals eine Einheit“ | |
Der Schnee hat Narva in diesen Tagen Anfang Februar in eine | |
Märchenlandschaft verwandelt. Das idyllische Bild stören nur graue | |
„Chruschtschowkas“ – vierstöckige Plattenbauten mit engen Räumen und | |
niedrigen Decken. Mit ihnen wollte einst Nikita Chruschtschow als | |
Generalsekretär der KPdSU dem Wohnungsproblem beikommen. Dazwischen erheben | |
sich „Stalinki“, hellgelbe Wohnblöcke aus Backstein, die nach Josef Stalin | |
benannt sind. | |
Auch Wladimir Lenin ist in Narva präsent. Sein Denkmal hat überlebt und | |
steht in einer Ecke im Innenhof des Stadtmuseums. Nicht weit von hier | |
befindet sich auch die Wohnung von Sofia Donskis. Heute hat sich die | |
82-jährige Rentnerin, trotz des winterlichen Wetters, wieder einmal auf die | |
Straße getraut. | |
Donskis ist in einen Mantel gehüllt. Ihren Kopf hat sie mit einem geblümten | |
Schal bedeckt, darüber trägt sie eine braune Pelzmütze. Ein dunkelblauer | |
langer Schal schmiegt sich eng an ihren Hals. Dazu hat sie roten | |
Lippenstift aufgelegt. Sie geht sehr vorsichtig, mit kleinen Schritten. | |
Ihre Augen auf die Füße fixiert, damit sie auf dem gefrorenen Boden nicht | |
ausrutscht. | |
Von den Rändern der Hausdächer ragen bis zu einen Meter lange Eiszapfen. | |
„Solche Winter hatten wir hier das letzte Mal vor zehn Jahren“, sagt | |
Donskis. Sie trägt einen lettischen Nachnamen, weil sie mit einen Letten | |
verheiratet war. | |
Ursprünglich kommt sie aus der russischen Region Brjansk, die an die | |
Ukraine und Belarus grenzt. Am Alter von 18 Jahren zog sie mit ihren beiden | |
Schwestern nach Narva. Hier bauten sie Kraftwerke, es gab Arbeit. „Alle | |
diese Länder waren damals eine Einheit. Wer hätte gedacht, dass sie heute | |
Feinde sind“, sagt sie und fragt: „Wird es wirklich einen Krieg geben?“ | |
Tränen laufen ihre Wangen hinunter, sie ist besorgt. Auch Vesti berichte | |
nicht Gutes, sagt sie. Vesti – Nachrichten – heißt eine populäre | |
Nachrichtensendung des russischen Staatsfernsehens. „Warum hassen die | |
Amerikaner Russland? Und was haben die Russen Europa denn so Schlimmes | |
angetan? Beide schicken ihre Flugzeuge in den Himmel und bringen ihre | |
Panzer in Stellung. Werden sie gegeneinander kämpfen?“, fragt Donskis. | |
Früher sei alles besser gewesen. Sie denke oft an das sowjetische Leben, da | |
habe es ein Miteinander gegeben. Heute jedoch kämpfe jeder für sich allein. | |
Sie kümmert sich um ihren kranken Sohn, der keine Arbeit findet. Ihre | |
Schwiegertöchter, deren Kinder auch schon Nachwuchs haben, leben in Berlin. | |
Ihre 500-Euro-Rente reiche ihr und ihrem Sohn. „Ich habe den Krieg erlebt | |
und weiß, wie man sparsam lebt.“ In ihrem Innenhof seien neue Parkplätze | |
gebaut worden, erzählt Donskis, auch sie müsse zahlen, obwohl sie keinen | |
Parkplatz nutze. Deswegen will sie heute zum Rathaus, um sich zu | |
beschweren. Ihre Hoffnungen ruhen auf der noch relativ neuen | |
Bürgermeisterin. | |
Die heißt Katri Raik und steht seit Dezember 2020 an der Spitze der Stadt, | |
im Oktober 2021 wurde sie wieder gewählt. Vorher saß sie für die | |
Sozialdemokratische Partei im estnischen Parlament, von November 2018 bis | |
April 2019 war sie Innenministerin Estlands. Warum ist sie in die | |
Lokalpolitik gegangen? | |
Welche neuen Strategien hat sie für die Integration der russischen | |
Einwohner:innen, wie will sie die Arbeitslosigkeit bekämpfen? Fragen über | |
Fragen, doch ein Interviewtermin mit der taz wird immer wieder verschoben. | |
Eine dritte und letzte Verabredung lässt Raik kurzerhand platzen. | |
Raik hat es geschafft, mit politischen Traditionen zu brechen. Narva war | |
immer eine Hochburg der sozialpopulistischen Zentrumspartei, der | |
Keskerakond. Galt die Mitte-Links-Partei früher generell als pro-russisch, | |
tritt sie heute gezielt für die Interessen der russischen Minderheit in | |
Estland ein. | |
## Viele sind enttäuscht | |
Doch viele Wähler:innen in Narva sind vom Wahlkampf und den Ambitionen | |
der lokalen Zentrist:innen enttäuscht. Dazu haben vor allem | |
Korruptionsskandale beigetragen – wie im Fall des prominenten Politikers | |
und Unternehmers Aleksei Woronow. Der ehemalige Vorsitzende der | |
Zentrist:innen im Stadtrat von Narva wurde im März 2019 bei einer Razzia | |
gegen Korruption festgenommen und angeklagt. Ein Jahr lang saß er im | |
Gefängnis. | |
„Es ist gut, dass er seine Strafe abgesessen hat. Doch Woronow hat unsere | |
ganze Arbeit entwertet, unser Team gespalten und die Partei diskreditiert“, | |
sagt Michael Stalnuchin. Auch er wollte Bürgermeister werden. Gerade hat er | |
zwei große volle Säcke in eine Mülltonne vor seinem Wohnblock gewuchtet und | |
klatscht in die Hände. Dann greift er prüfend an seine Strickmütze. | |
Die Mütze sitzt, sie bedeckt Stirn und Ohren. Der stämmige Mann mit langem | |
weißen Bart trägt einen Kapuzenpullover, darüber eine dicke Jacke. Er | |
zündet sich eine Zigarette an und dreht eine Runde im „Dunklen Garten“. Der | |
Name passt nicht zu der Parklandschaft. Die Bäume stehen nackt im Schnee, | |
dunkel ist es hier nicht. | |
Stalnuchin kommt häufig hierher, um die Aussicht auf den Fluss zu genießen. | |
Seit 1996 ist er Mitglied der Zentrumspartei. Sechsmal wurde er als | |
Abgeordneter ins nationale Parlament gewählt, den Riigikogu. Stalnuchin | |
setzte sich für Schulunterricht auf Russisch und die Anerkennung der | |
[7][russischen Orthodoxen Kirche] unter dem Moskauer Patriarchat ein. Die | |
Zentrumspartei gehört der Regierungskoalition an und stellt mit Eva-Maria | |
Liimets die Außenministerin. | |
Vor allem, wenn Russland auf der Tagesordnung steht, geht es im Riigikogu | |
hoch her. Am 18. Januar 2022 wurde dort eine Erklärung zur Unterstützung | |
der territorialen Integrität der Ukraine und für eine Beendigung der | |
Aggression der Russischen Föderation verabschiedet. 67 Abgeordnete stimmten | |
für die Erklärung. 20 Volksvertreter:innen, die zum großen Teil der | |
zentristischen Fraktion angehören, enthielten sich. Darunter auch Michael | |
Stalnuchin. | |
„Wenn britisches Militär seinen Fuß nach Estland setzt, ist das in Ordnung. | |
Wenn Russland Truppen an seiner Grenze konzentriert, ist das falsch“, sagt | |
er mit bebender Stimme. Stalnuchin ist wütend, weil man als | |
Russland-Patriot abgestempelt werde, wenn man sich in Estland nicht gegen | |
Russland positioniere. „Ich glaube nicht an eine russische Aggression, aber | |
ich glaube an eine ukrainische Provokation“, sagt er. „Es ist der | |
ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski, ein Clown, der sein Land selbst | |
in den Ruin führt“. | |
## Spuren des Krieges | |
Stalnuchin starrt auf das gemächlich fließende Wasser der Narva. Auch der | |
Fluss hat mehrere Kriege erlebt. Davon kündet die Straße entlang seiner | |
Ufer, die zu der kleinen Stadt Narva-Jõesuu führt. Hier reiht sich ein | |
Friedhof an den anderen. Auf der einen Seite erstrecken sich tausende | |
Gräber von deutschen Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg gefallen sind. | |
Auf der andere Seite stehen drei Figuren, die sich umarmen und trauern – | |
Symbol für den estnischen Unabhängigkeitskrieg von 1918-1920 gegen | |
Sowjetrussland, der mit einem Friedensvertrag und der Anerkennung Estlands | |
als selbständiger Staat endete. Die Unabhängigkeit dauerte nicht lange. | |
1940 wurden Estland, Lettland und Litauen von der Sowjetunion besetzt. | |
Die Autofahrt von Narva nach Narva-Jõesuu dauert dreißig Minuten. Die Stadt | |
mit 2.600 Einwohnern hat sich als Kurort einen Namen gemacht – mit | |
traditionellen russischen Bädern und finnischen Saunen direkt an der | |
Ostsee, umgeben von dichten Wäldern. | |
Anna Bareschnikowa und Nikita Bareschnikow sind erst vor Kurzem hierher | |
gezogen. Anna ist 38 Jahre alt, Nikita 11 Jahre jünger. Vor einem Jahr | |
haben sie ihre russische Heimat verlassen. „Es ist besser, im Wald zu | |
leben, als im russischen Ghetto in Narva“, sagt Anna und lacht. Ihr Atem | |
lässt ihre Brillengläser beschlagen. Die beiden sind warm eingepackt. Auch | |
ihr Hund, der langsam hinter ihnen hertrottet, trägt einen dicken Mantel. | |
„Wir kennen diese Wälder aus der Zeit, als wir noch Kinder waren“, sagt | |
Nikita. Er spielt auf Gemälde des Malers Ivan Schischkin an, der hier | |
einige Zeit gelebt und die Wälder mit Kiefern und Fichten gezeichnet hat. | |
„Wir folgen den Spuren der Schriftsteller:innen Anna Achmatowa, Boris | |
Pasternak und Joseph Brodsky“, sagt Anna, und ihr Mann ergänzt: „Das | |
inspiriert uns.“ | |
Das Paar kommt aus Sankt Petersburg. Anna ist Dolmetscherin für Englisch | |
und Spanisch. Sie gibt Online-Sprachkurse und führt einen Buch- und | |
Kinoclub, ebenfalls virtuell. Ihr Mann ist der Hauptverdiener. Er arbeitet | |
als Ingenieur im Bereich Konstruktion bei dem russischen Unternehmen | |
Aquaphor, das auf die Entwicklung und Herstellung von Wasserfiltern | |
spezialisiert und mit mehreren Niederlassungen in Estland vertreten ist. | |
Die Barischnikowas bewohnen zwei Zimmer mit großem Balkon in einem der | |
modernen Wohnblocks der Stadt. In der Wohnung stellt Anna schnell Bulgur | |
mit Quinoa auf den Herd – die Beilage zu Hühnchenflügeln. Nikita macht sich | |
daran, eine Weinflasche zu entkorken und erzählt von der Entscheidung, | |
Russland zu verlassen. | |
Am 23. Januar 2021 protestierten Zehntausende in Russland landesweit gegen | |
die Festnahme des Oppositionspolitikers Alexei Nawalny. „Ich habe tagelang | |
geweint“, sagt Nikita. „In einem Polizeistaat zu leben, war nicht mehr | |
möglich.“ Anna schüttelt den Kopf. „Tausende Menschen gingen auf die | |
Straße, so eine Bewegung hatte ich in Russland nie erlebt“, sagt sie. „Aber | |
das waren auch gruselige Zeiten. Viele von unseren Bekannten in Moskau und | |
Sankt Petersburg wurden entlassen, weil sie an den Demonstrationen | |
teilgenommen hatten.“ | |
„Am schmerzhaftesten war es, als die Menschen angefangen haben | |
Informationen an die Behörden weiterzugeben – wie Spitzel und Tschekisten“, | |
sagt Anna. Tschekisten sind die Angehörigen der nach der Oktoberrevolution | |
gegründeten Geheimpolizei. „Einer wurde erpresst, einem anderen wurde ein | |
Arbeitsplatz versprochen. Wieder ein anderer war der Propaganda aufgesessen | |
und hat an die Rettung des Vaterlandes gedacht“, erzählt sie. Der Hund | |
bellt, er hat Hunger. Anna stellt ihm einen Karton hin, darin ist ein | |
Knochen versteckt. Jetzt heißt es für ihn suchen. | |
„Wahlen sind das richtige Instrument, um politische Änderungen zu | |
erreichen“, sagten die beiden. Der Hund bellt wieder. Er ist fündig | |
geworden. „Wir wollten die Tür zu Russland nicht schließen und nicht | |
weggehen“, sagt Anna. Aber jetzt gebe es kein Zurück mehr. „Russland wird | |
immer militärischer und bedroht seine Nachbarn mit Krieg“. Wird Putin bald | |
Waffen sprechen lassen? „Der Mann im Kreml ist verrückt. Ihm ist alles | |
zuzutrauen“, sagt Nikita. Der Hund bellt dazu. | |
11 Feb 2022 | |
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