# taz.de -- Verpflichtung der Bundesländer: Klimaklagen scheitern | |
> Wegen unklarer Maßstäbe: Das Bundesverfassungsgericht lehnt Klagen von | |
> jungen Menschen für mehr Klimaschutz der Bundesländer ab. | |
Bild: Brandenburg mit dem Braunkohlekraftwerk Jänschwalde hat noch kein Klimas… | |
Freiburg taz | Das Grundgesetz verpflichtet die Länder zum Klimaschutz. Das | |
stellte das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom Dienstag klar. | |
[1][Allerdings können Bürger:innen die Länder nicht mithilfe von Klagen | |
zu ausreichendem Klimaschutz verpflichten], so die Richter:innen. Der | |
Grund: Es fehle an einem geeigneten Maßstab. | |
Koordiniert von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hatten 50 Jugendliche und | |
junge Erwachsene in Karlsruhe Verfassungsbeschwerden gegen die Klimapolitik | |
von zehn Bundesländern eingereicht. Es ging zum einen gegen alle sechs | |
Länder, die noch gar kein Klimaschutzgesetz haben. Das sind Brandenburg, | |
Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt. | |
[2][Außerdem gab es Klagen gegen vier Bundesländer, die ihr | |
Klimaschutzgesetz jüngst änderten und so einen Aufhänger für eine Klage | |
boten], nämlich Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und | |
Nordrhein-Westfalen. | |
Ziel der Klagen: Die Länder sollten sich gesetzlich zum Klimaschutz | |
verpflichten, CO2-Reduktionspfade festlegen und ausreichende Maßnahmen | |
beschließen, um die Ziele auch zu erreichen. | |
Hoffnungen hatte ein sensationeller Beschluss des Bundesverfassungsgerichts | |
(BVerfG) aus dem letzten Frühjahr geweckt. Damals ließ das Gericht | |
überraschend klimapolitische Verfassungsbeschwerden zu, obwohl keine | |
„gegenwärtige“ Gefährdung von Grundrechten vorlag. Die Richter:innen | |
argumentierten, dass in Zukunft massive Eingriffe in Freiheitsrechte | |
drohen, wenn nicht rechtzeitig klimapolitisch umgesteuert wird. | |
## CO2-Budget national, nicht regional | |
Konkret verlangte das BVerfG damals vom Bundestag zwar nur, frühzeitig | |
Ziele für die CO2-Reduktion ab 2030 festzulegen. Die Politik nahm den | |
Grundgedanken des Urteils aber ernst und verschärfte postwendend die | |
Reduktionsziele im Klimaschutzgesetz auch schon bis zum Jahr 2030. | |
In dem Beschluss zur Bundes-Klimapolitik setzte das Verfassungsgericht | |
[3][wissenschaftliche Berechnungen zu einem nationalen CO2-Budget als | |
Bewertungsmaßstab] an. Dabei geht es um die Menge an Kohlendioxid, die | |
Deutschland maximal noch ausstoßen darf, wenn es seinen Beitrag zu den | |
international vereinbarten Klimazielen leisten will. | |
Eine solche Berechnung fehlt bisher auf Länderebene. Deshalb kann die | |
Einhaltung eines CO2-Budgets deshalb nun auch nicht per | |
Verfassungsbeschwerde eingeklagt werden, so eine mit drei Richter:innen | |
besetzte Kammer des Bundesverfassungsgerichts. | |
Der Bundestag könnte den Ländern nun zwar per Gesetz konkrete Budgets | |
zuweisen. Bisher verfolgt die Bundespolitik aber einen „sektoralen“ Ansatz | |
und hat im Klimaschutzgesetz jährliche Minderungsziele für die Sektoren | |
Verkehr, Energie, Industrie, Gebäude, Abfall und Landwirtschaft festgelegt. | |
„Wenn die Ampelkoalition merkt, dass sie mit diesem Ansatz nicht | |
weiterkommt, könnte sie auch die Länder stärker in die Pflicht nehmen“, | |
erklärte DUH-Anwalt Remo Klinger nach der Entscheidung. | |
Allerdings geben die Richter:innen gleich auch zu bedenken, dass die | |
Länder mit ihren geringen Zuständigkeiten nur „beschränkten Einfluss“ auf | |
die Klimapolitik haben. | |
Unter dem Strich diente der Beschluss wohl vor allem dazu, übertriebene | |
Erwartungen zu bremsen. Karlsruhe will nicht die Klimapolitik auf allen | |
Ebenen kontrollieren oder gar steuern. Dazu passt auch der Hinweis, dass | |
Klima-Verfassungsbeschwerden nur „gegen die Gesamtheit der zugelassenen | |
Emissionen“ möglich sind, nicht gegen jede einzelne Maßnahme oder | |
Unterlassung. | |
1 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/20… | |
[2] /Umwelthilfe-verklagt-Niedersachsen/!5818916 | |
[3] /Die-naechste-Klimaklage/!5832097 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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