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# taz.de -- Zerstörung des Amazonas-Regenwalds: Klimaklage gegen Bolsonaro
> Klimaschützer:innen wollen Brasiliens Präsidenten wegen
> Umweltzerstörung vor Gericht bringen – und damit einen Präzedenzfall
> schaffen.
Bild: Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro soll sich vor Gericht verantworten
Berlin taz | Was die Menschheit mit dem Planeten anrichtet, ist für Inger
Andersen ein „selbstmörderischer Krieg gegen die Natur“. Das sagte die
Chefin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen auf dem
Weltnaturschutzgipfel, der diese Woche im chinesischen Kunming stattfindet.
Die Erde, schwingt da mit, wird beispielsweise durch die Klimakrise nicht
untergehen. Sie wird aber vielleicht unbewohnbar oder zumindest viel
weniger lebenswert für alle möglichen Arten, allen voran die Menschen.
Mit dem Verweis auf die Menschheit als Ganzes will sich die neue NGO
Allrise aus Österreich aber nicht zufriedengeben. Sie will diejenigen zur
Rechenschaft ziehen, die aus ihrer Sicht persönliche Verantwortung tragen.
In einem ersten Schritt haben die Klimaschützer:innen deshalb mit
Unterstützung der Deutschen Umwelthilfe jetzt Brasiliens Präsidenten Jair
Bolsonaro vor dem Internationalen Strafgerichtshof [1][verklagt].
Der schwerwiegende Vorwurf: Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Damit
stünde die Umweltzerstörung auf einer Stufe mit Kriegsverbrechen und
Genoziden.
Konkret geht es um die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds, denn die
Abholzungsquote ist seit Bolsonaros Amtsantritt in die Höhe geschossen. Der
Wald gilt als grüne Lunge der Erde. Seine Böden und Bäume bieten Lebensraum
für Zehntausende Arten und speichern Massen an Kohlenstoff.
## Bolsonaros politische CO2-Bilanz nachverfolgt
Immer wieder gibt es [2][Studien, die nahelegen], dass der Wald durch die
massive Rodung zur Treibhausgasquelle werden könnte. Dann würde er mehr CO2
abgeben, als er Kohlenstoff bindet. Ein natürlicher Verbündeter beim
Klimaschutz würde also zum mächtigen Gegner.
„Die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds betrifft uns alle – die Bevölkeru…
und insbesondere indigene Gruppen vor Ort, aber durch den Klimawandel auch
die Menschen weltweit“, sagte Allrise-Gründer Johannes Wesemann am Dienstag
bei der Vorstellung der Klage. „In unserer Klageschrift belegen wir, dass
Bolsonaros Handeln in direktem Zusammenhang steht mit den negativen Folgen
der Klimakrise.“
Das geht aufgrund der immer besseren Methoden der Attributionswissenschaft,
einem Strang der Klimaforschung. Der ist spezialisiert darauf, den
[3][Anteil des Klimawandels an bestimmten Ereignissen] zu untersuchen. An
der Formulierung der Klage waren auch einige der führenden Köpfe der
Disziplin beteiligt, vor allem die Klimatologin Friederike Otto, die gerade
von der Universität Oxford ans Londoner Imperial College gewechselt ist.
Ihr ebenfalls beteiligter Kollege Rupert Stuart-Smith von der Uni Oxford
erklärte bei der Vorstellung der Klage, mit welchen wissenschaftlichen
Fakten der Vorwurf untermauert ist. „Wir erwarten, dass die CO2-Emissionen
durch die Rodungen weiter steigen, solange Bolsonaro Präsident ist, aber in
den bisherigen vier Jahren Amtszeit ist er schon für 1,7 Milliarden Tonnen
an zusätzlichen Emissionen verantwortlich.“
Es geht also nicht um Brasiliens Gesamtemissionen, sondern nur darum, was
Bolsonaros Regenwald-Politik auslöst. Zum Vergleich: Aufs Jahr
heruntergerechnet ist das mehr, als Großbritannien aktuell insgesamt pro
Jahr verursacht. Der Klage nach ist zu erwarten, dass Bolsonaros Politik zu
Treibhausgasemssionen führt, die letztlich in den kommenden 80 Jahren
180.000 Menschen an Hitze sterben lassen.
## Weltgesundheitsorganisation warnt vor Klimakrise
Dass der Klimawandel tödlich ist, zeigt auch eine neue Veröffentlichung der
Weltgesundheitsorganisation WHO, die sich dabei allerdings nicht konkret
auf Brasilien bezieht. Der Klimawandel ist demnach die größte Bedrohung für
die Gesundheit der Menschen. Pro Jahr würden fast sieben Millionen Menschen
allein an den Folgen von Luftverschmutzung sterben, heißt es in dem
Bericht.
Hitzewellen und Überschwemmungen beschädigten und vernichteten
Anbauflächen, Ernten und Viehbestände und führten somit zu Hunger. Zudem
führten steigende Temperaturen zu einer weiteren Verbreitung bestimmter
Krankheiten wie Malaria. Hohe Temperaturen könnten auch die mentale
Gesundheit beeinträchtigen. Menschen litten unter Angst und Depressionen.
Die Klimaklage gegen Brasiliens Präsidenten Bolsonaro wird jetzt erst
einmal vom Internationalen Strafgerichtshof geprüft. Auch wenn sie
angenommen wird, kann es noch Monate oder Jahre dauern, bis ein Ergebnis
vorliegt. „Das kann dauern“, sagte die Juristin Maud Sarlieve, die die
Klage begleitet. Genau wisse man es nicht.
Auch die Konsequenzen für Bolsonaro im Falle eines Klageerfolgs sind noch
nicht klar. „Wir wollen einen Präzedenzfall schaffen“, erklärt Johannes
Wesemann.
Es gehe nicht unbedingt darum, wie viele Jahre man für das bekommt, was
Wesemanns Gruppe als Umweltverbrechen anerkannt sehen will – sondern eben
erst einmal darum, ob es denn anerkannt werde, ohne dass vorher [4][extra
noch der Straftatbestand des Ökozids geschaffen wird]. Das gilt als
schwierig, denn dafür müssten zahlreiche Staaten zustimmen – also die
Regierungen, die danach auf der Anklagebank landen könnten.
Allrise jedenfalls will es denn auch nicht bei der einen Klage belassen.
„Es gibt mehrere Bolsonaros, es gibt mehrere Amazonas“, meint Wesemann.
„Wir haben einiges zu tun.“ (mit epd)
12 Oct 2021
## LINKS
[1] https://www.theplanetvs.org/de
[2] /Studien-zu-Klima-und-Regenwald/!5761379
[3] /Was-menschenverursacht-ist/!5785678
[4] /Vorschlag-von-Juristinnen/!5782671
## AUTOREN
Susanne Schwarz
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