# taz.de -- Gegen die Zerstörung des Amazonas: Indigene setzen sich durch | |
> Die Vollversammlung der Weltnaturschutzunion fordert den Schutz des | |
> Amazonas bis 2025. Damit folgt sie einem Antrag indigener Gruppen. | |
Bild: Über dem von Abholzung versehrten Regenwald zeigt sich ein Regenbogen | |
MARSEILLE taz/afp | Die [1][Vollversammlung der Weltnaturschutzunion] | |
(IUCN) hat in Marseille einen umfassenden Schutz des Amazonas-Regenwalds | |
bis 2025 gefordert. Bis dahin sollen 80 Prozent des Amazonasgebiets | |
geschützt sein, [2][teilte die IUCN am Freitag mit.] In dem Antrag | |
indigener Gruppen wird ein „globaler Aktionsplan“ gefordert, um die | |
Abholzung und den Bergbau in den Amazonaswäldern zu stoppen. | |
„Jedes Jahr verliert der Amazonas mehr als 10.000 Quadratkilometer“, sagte | |
José Gregorio Díaz Mirabal vom Kongress der indigenen Organisationen des | |
Amazonasbeckens. Es sei eine Notlage, „nicht nur für uns, sondern für die | |
ganze Welt“. | |
In Marseille geht am Samstag der alle vier Jahre stattfindende [3][Kongress | |
der Internationalen Union zur Bewahrung der Natur (IUCN)] zu Ende. Ein | |
Hauptaugenmerk lag dabei auf der besseren Integration von Indigenen. | |
Bislang kannte die Union zwei Typen von Mitgliedern: Staaten und | |
zivilgesellschaftliche Organisationen, deren Stimmen jeweils separat | |
ausgezählt werden. | |
Dazu sind in Marseille die Organisationen von indigenen Völkern als dritter | |
Mitgliedschaftstyp gestoßen. Damit sollen deren Leistungen beim Schutz der | |
Artenvielfalt anerkannt und besser genutzt werden. | |
## „Erfahrungen der Indigenen unschätzbar“ | |
„Indigene Völker machen fünf Prozent der Weltbevölkerung aus und schützen | |
über 80 Prozent der biologischen Vielfalt der Erde“, sagte die neue | |
IUCN-Präsidentin Razan Khalifa Al Mubarak. „Ihre Erfahrungen mit der Frage, | |
wie man im Gleichgewicht mit der Natur leben kann, liefern der Welt | |
unschätzbare Erkenntnisse.“ | |
In der Vergangenheit war das Verhältnis zwischen der IUCN und den indigenen | |
Völkern angespannt. Der IUCN folgte lange dem „Yellowstone Modell“ und | |
setzte auf möglichst menschenleere Schutzgebiete. Doch inzwischen setzte | |
sich die Erkenntnis durch, dass indigene Völker einen wichtigen Beitrag für | |
den Artenschutz leisten können. | |
So zeigt eine Studie der UN Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation | |
FAO, dass die Entwaldung in Gebieten des Amazonas-Regenwalds unter | |
indigener Verwaltung nur halb so hoch war wie in anderen Teilen des | |
Urwalds. Zudem spart der Staat damit Geld, wie der FAO-Bericht zeigt: | |
„Während die Auswirkungen der Gewährleistung von Besitzansprüchen groß | |
sind, sind die Kosten sehr gering“. | |
Wie wichtig der Artenschutz ist, zeigt die aktualisierte Rote Liste der | |
gefährdeten Arten, die wohl bekannteste IUCN-Publikation. Von den knapp | |
140.000 untersuchten Arten sind über ein Viertel mehr oder weniger vom | |
Aussterben bedroht. | |
## Thunfischarten erholt | |
Es gibt allerdings auch gute Nachrichten: Von den sieben am stärksten | |
befischten Thunfischarten haben sich die Bestände von vier Arten deutlich | |
erholt. „Diese Bewertungen der Roten Liste sind der Beweis dafür, dass | |
nachhaltige Fischereikonzepte funktionieren und langfristig enorme Vorteile | |
für die Lebensgrundlagen und die biologische Vielfalt mit sich bringen“, | |
sagte Bruce Collette, die beim IUCN für Thunfische verantwortlich ist. | |
In anderen Fällen reicht Schutz allein allerdings nicht. Komodowarane sind | |
auf der gleichnamigen, indonesischen Insel eigentlich gut geschützt. Wegen | |
des Klimawandels werden sie in den nächsten 45 Jahren jedoch wahrscheinlich | |
mindestens 30 Prozent ihres Lebensraums verlieren. | |
Der IUCN-Kongress diente auch der Vorbereitung der nächsten Konferenz der | |
UN-Biodiversitätskonvention in der chinesischen Großstadt Kunming, die | |
wegen der Coronapandemie auf April kommenden Jahres verschoben wurde. | |
Diese Konferenz soll für den Artenschutz so wichtig werden wie die Pariser | |
Klimakonferenz fürs Klima. Es wird erwartet, dass die Länder beschließen | |
werden, bis zum Jahr 2030 30 Prozent der Erde unter Schutz zu stellen. | |
Die Delegierten in Marseille stimmten über mehr als hundert Anträge ab. | |
Dabei zeigt sich die für internationale Organisationen einzigartige | |
Struktur der IUCN, wo nicht das Konsens-, sondern das Mehrheitsprinzip | |
gilt: So forderte ein Antrag ein Moratorium für den Abbau von Rohstoffen in | |
der Tiefsee. | |
Dieser könnte bereits in zwei Jahren beginnen, wenn die Internationale | |
Meeresbodenbehörde ISA erste Abbaulizenzen erteilt. Für das Moratorium | |
stimmten 81 Länder, 18 Länder stimmten dagegen und 28 enthielten sich. Auch | |
die Nichtregierungsorganisationen waren mit großer Mehrheit für das | |
Moratorium. Bindend ist diese Abstimmung allerdings nicht. Letztlich | |
entscheidet die ISA. | |
10 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Gentechnik-fuer-Artenvielfalt/!5793088 | |
[2] https://twitter.com/IUCN/status/1436268354738741249 | |
[3] /Konvention-zum-Artenschutz/!5795232 | |
## AUTOREN | |
Christian Mihatsch | |
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