| # taz.de -- Konvention zum Artenschutz: Plan zur Rettung der Vielfalt | |
| > Die Menschheit verhandelt über neue Maßnahmen zum Schutz der | |
| > Biodiversität. Nächsten Frühjahr sollen sie stehen. | |
| Bild: Der Lebensraum des Komodowaran wird kleiner – ein Thema für die Biodiv… | |
| Berlin taz/afp | Angesichts der Klimakrise und des Eingriffs der Menschen | |
| in die Natur wird die Rote Liste bedrohter Tier- und Pflanzenarten immer | |
| länger – stark gefährdet ist nun auch der berühmte Komodowaran. Etwa 28 | |
| Prozent der mehr als 138.000 erfassten Arten gelten nunmehr als bedroht, | |
| wie die Weltnaturschutzunion (IUCN) [1][auf ihrem Kongress am Wochenende in | |
| Marseille] bekanntgab. | |
| Von insgesamt 138.374 erfassten Arten gelten nun 38.543 als bedroht. | |
| Zahlreiche Echsen und Schildkröten wurden in höhere Bedrohungskategorien | |
| aufgenommen. Die IUCN unterteilt bedrohte Arten in drei Kategorien: | |
| „gefährdet“, „stark gefährdet“ und „vom Aussterben bedroht“. | |
| Der Komodowaran aus Indonesien, von dem nur noch einige tausend Exemplare | |
| in freier Wildbahn leben, galt zuvor bereits als „gefährdet“. Die größte | |
| Echse der Welt wurde nun als „stark gefährdet“ eingestuft. Der Lebensraum | |
| der bis zu drei Meter langen und 90 Kilo schweren Tiere [2][werde sowohl | |
| durch die globale Erwärmung als auch durch menschliche Aktivitäten | |
| bedroh]t, erklärte die IUCN. | |
| „Es wird erwartet, dass der Anstieg der Temperaturen und damit des | |
| Meeresspiegels ihren Lebensraum in den nächsten 45 Jahren um mindestens 30 | |
| Prozent verringern wird“, warnte die Organisation. Während die Komodowarane | |
| innerhalb des Nationalparks in Indonesien „gut geschützt“ sind, seien die | |
| Tiere außerhalb „von einem erheblichen Verlust ihres Lebensraums“ durch den | |
| Menschen bedroht. | |
| Schlechter noch als dem Komodowaran ergeht es Cantors | |
| Riesenweichschildkröte und der Riesen-Erdschildkröte. Sie wurden von | |
| „gefährdet“ beziehungsweise „stark gefährdet“ nun als „vom Aussterb… | |
| bedroht“ eingestuft. | |
| ## Klimawandel und Überfischung bedrohen Meere | |
| Auch mehr als ein Drittel (37 Prozent) aller mehr als tausend untersuchten | |
| Hai- und Rochenarten gelten als bedroht. 2014 waren es noch 24 Prozent. | |
| Nach Angaben der IUCN ist Überfischung ein großes Problem. 31 Prozent der | |
| Arten litten zudem unter der Verschlechterung oder dem Verlust ihres | |
| Lebensraums und zehn Prozent unter den Folgen des Klimawandels. Die Kleinen | |
| Schwarzspitzenhaie etwa wurden aufgrund des Fischereidrucks auf die Rote | |
| Liste genommen und als „gefährdet“ eingestuft. „Wir stehen kurz vor einem | |
| sechsten Massenaussterben“, sagte Craig Hilton-Taylor, der für die | |
| Erstellung der Liste verantwortlich ist. Es drohe „eine große Krise“. | |
| Durch Tierschutzmaßnahmen konnten aber auch Erfolge erzielt werden, betonte | |
| die IUCN. Vier Thunfischarten konnten sich demnach dank der Umsetzung | |
| regionaler Fangquoten erholen. Von den sieben am stärksten befischten Arten | |
| wurden diese vier demnach in der Roten Liste zurückgestuft. Spektakulär | |
| verbessert habe sich der Bestand des atlantischen Roten Thuns, einer | |
| bislang stark gefährdeten Thunfischart, der von der Liste genommen wurde. | |
| Die Biodiversitätsbeauftragte der IUCN, Jane Smart, sagte: „Das zeigt, dass | |
| Artenschutz funktioniert. Wenn wir die richtigen Dinge tun, vermehrt sich | |
| eine Spezies.“ Sie mahnte jedoch, „wachsam zu bleiben“. Die Erkenntnisse | |
| dürften kein „Freifahrtschein“ etwa für die Fischerei sein. Trotz der | |
| Verbesserungen sind laut IUCN viele regionale Thunfischbestände noch immer | |
| erschöpft. Der IUCN-Kongress berät in Marseille noch bis zum 11. September | |
| über den Erhalt der Artenvielfalt. | |
| Auch die Vertragsstaaten der Konvention zur biologischen Vielfalt (CBD) | |
| suchen gerade Antworten auf die Herausforderung des Artensterbens. Soll die | |
| Menschheit 30 Prozent der Erde unter Naturschutz stellen? Oder nur 20 | |
| Prozent, dafür aber richtig? Vergangene Woche haben die Vertragsstaaten der | |
| UN-Biodiversitätskonvention (CBD) die weiteren Verhandlungen dazu | |
| vorbereitet, die im Frühjahr in einen neuen strategischen Plan münden | |
| sollen. Mit ihm wird die Konvention zum Erhalt der biologischen Vielfalt | |
| künftig umgesetzt. | |
| ## China und Russland verzögern Verhandlungen | |
| „Diese Verhandlungsrunde war offener und fairer als die bisherigen“, sagt | |
| Friedrich Wulf von der Schweizer Naturschutzorganisation Pro Natura. Die | |
| Umweltverbände versuchen, die Themen nachhaltige Landnutzung sowie die | |
| Rechte indigener Bevölkerung starkzumachen. Vor allem einige Länder des | |
| Globalen Südens wehren sich gegen Pläne, ein Drittel ihres Landes unter | |
| Schutz zu stellen. Auch China und Russland sprechen sich gegen weiträumige | |
| Schutzgebiete aus. „China ist die größte Fischerei-Nation der Welt, | |
| Russland hat Interessen vor allem in der Antarktis“, sagt Thilo Maack, der | |
| die UN-Verhandlungen für Greenpeace verfolgt. „Beide Staaten verzögern | |
| Einigungen, so lange sie können“, kritisiert er. [3][Der strategische Plan | |
| für den Erhalt der Biodiversität] sei wichtig, aber nur, „wenn die Ziele | |
| diesmal auch überprüft und umgesetzt werden“. | |
| Lediglich einen Beobachterstatus haben die USA bei den Verhandlungen. | |
| Obwohl sie die CBD einst mit ausgearbeitet haben, haben sie die Konvention | |
| nicht unterzeichnet. Die Gegner einer Ratifizierung befürchteten, dass der | |
| Vertrag die Souveränität der USA einschränken und Unternehmen behindern | |
| könnte. So enthält die CBD einen Anhang, das sogenannte „Nagoya-Protokoll�… | |
| das Ländern die Rechte an ihrem „genetischen Eigentum“ sichert, also etwa | |
| an Pflanzen, die sich zu Medikamenten verarbeiten lassen. Doch auch ohne | |
| UN-Konvention betreiben die USA ihre eigene Biodiversitätspolitik, die auf | |
| dem Gesetz über gefährdete Arten von 1973 beruht. Und ganz im Einklang mit | |
| der Debatte in den UN-Verhandlungen hatte der demokratische Präsident Joe | |
| Biden in diesem Frühjahr angekündigt, 30 Prozent der Land- und | |
| Wasserflächen der USA zu schützen. Bislang sind nur 12 Prozent der | |
| US-Landfläche formell geschützt. Wie Biden den Schutz der Artenvielfalt, | |
| insbesondere auf privatem Land, definieren wird, ist jedoch unklar. | |
| Umweltverbände haben Biden aufgefordert, die Ratifizierung der CBD erneut | |
| zu versuchen. Nötig wäre es. „Für die Hohe See – dem Teil der Ozeane | |
| außerhalb nationaler Hoheitsgewässer mit einer Fläche von 43 Prozent der | |
| Erdoberfläche – gibt es derzeit keine umfassenden Schutzinstrumente“, sagt | |
| Maack von Greenpeace, „hier zerstören Fischerei, Tiefseebergbau und Öl- und | |
| Gasgewinnung wichtige Ökosysteme“. | |
| 5 Sep 2021 | |
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| [1] /Gentechnik-fuer-Artenvielfalt/!5793088 | |
| [2] /Rezo-veroeffentlicht-neues-Video/!5799129 | |
| [3] /Abkommen-zu-Biodiversitaet/!5652374 | |
| ## AUTOREN | |
| Heike Holdinghausen | |
| Gabriel Popkin | |
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