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# taz.de -- Die nächste Klimaklage: Karlsruhe soll CO2-Budget anordnen
> Junge Menschen und die DUH klagen gegen das bereits verschärfte
> Klimaschutzgesetz: Das Verfassungsgericht soll eine CO2-Obergrenze
> einfordern.
Bild: Vorschlag der Umwelthilfe:schneller Effekt zum CO2 Einsparen durch Tempol…
Berlin taz | Im Kampf um eine anspruchsvolle deutsche Klimapolitik setzen
junge Menschen und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wieder auf ihren
stärksten Verbündeten: Das Bundesverfassungsgericht. Am Dienstag haben
deshalb neun Kinder und junge Erwachsene mit Hilfe der DUH eine
Verfassungsbeschwerde gegen das Klimaschutzgesetz (KSG) des Bundes erhoben.
Der Grund: Das Gesetz ist ihnen trotz Nachbesserungen nicht ehrgeizig
genug, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.
„Das Bundesverfassungsgericht hat letztes Jahr mein Grundrecht auf Zukunft
und Klimaschutz bestätigt“, sagte Gustav Strunz aus Hamburg, einer der
Beschwerdeführer bei der Vorstellung am Mittwoch. [1][Damals hatte das
höchste deutsche Gericht in einem Beschluss mehr Anstrengung in der
Klimapolitik der Regierung gefordert.] „Trotzdem ist die Bundesregierung
ihrer Verpflichtung aus dem Grundgesetz auch mit dem aktualisierten
Klimaschutzgesetz nicht nachgekommen. Deshalb ziehe ich erneut vor
Gericht.“
[2][Den KlägerInnen und der DUH fehlt auch im neuen KSG, das im Herbst 2021
verschärfte Ziele bekommen hat,] vor allem ein Budget für die
Treibhausgase, die Deutschland auf dem Weg bis 1,5 Grad weltweiter
Erwärmung noch ausstoßen darf. An diesem „Budget-Ansatz“ hatte sich auch
das Bundesverfassungsgericht bei seinem Beschluss vom 24. März 2021
orientiert.
Deshalb habe „Deutschland das ihm zustehende Budget zur Einhaltung des
Pariser Klimaschutzabkommens zu beachten“, sagte Rechtsanwalt Remo Klinger,
der für die DUH schon viele Urteile zu Klimaschutz und Luftreinhaltung
erstritten hat und auch an der wegweisenden Klage im letzten Jahr beteiligt
war. Auch im neuen KSG sieht Klinger „die Zielsetzung zu niedrig, um auch
nur ansatzweise dem Pariser Abkommen gerecht zu werden.“ Deshalb verstoße
auch das novellierte KSG gegen die Verfassung.
[3][Einen solchen „Budgetansatz“ fordert von der Politik auch der
„Sachverständigenrat für Umweltfragen“ (SRU), ein Beratungsgremium der
Bundesregierung.] Darin würde ein weltweites „Restbudget“ von
Treibhausgasemissionen bis zur Erreichung von 1,5 Grad globaler Erwärmung
berechnet und pro Kopf weltweit auf Staaten heruntergebrochen. Der SRU
beruft sich damit auf eine [4][Modellrechnung des UN-Klimarats IPCC.]
[5][Die Bundesregierungen der Vergangenheit haben allerdings bisher diese
Rechenmethode immer abgelehnt,] weil sie nicht im Pariser Abkommen angelegt
ist – und sicher auch, weil sie den Spielraum der Regierung noch deutlich
stärker einschränken würde: Das „Budget“ Deutschlands wäre nach diesen
Rechnungen etwa 2027 erschöpft – auch das neue KSG rechnet aber erst 2045
mit „Klimaneutralität“, also mit Netto-Null-Emissionen.
Die KlägerInnen unter dem Dach der DUH kritisieren am neuen
Klimaschutzgesetz noch andere Punkte: So sei bislang völlig unklar, wie
eine „Lastenverteilung“ zwischen dem Bund und den Bundesländern bei
Maßnahmen zum Klimaschutz aussehen müsse. Das Gesetz brauche da eine
Konkretisierung ebenso wie in der Frage, wie „Senken“, also
Kohlenstoffspeicher in Wäldern, Böden und Mooren, in Zukunft verbessert und
angerechnet würden.
Die DUH hat konkrete Vorschläge für die Umsetzung schärferer Ziele und die
Einhaltung des „Budgets“: Ein Tempolimit auf Autobahnen, Landstraßen und in
Städten bringe sofort acht Millionen Tonnen CO2-Einsparung pro Jahr; die
Umwandlung von CO2-speicherndem Grünland und Feuchtgebieten in Ackerböden
sei zu verbieten; der Neubau von jährlich 400.000 Wohnungen müsse
„klimazielkompatibel“ etwa durch ein sofortiges Verbot von neuen Gas- und
Ölheizungen umgesetzt werden, so die Forderungen. Für
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch ist klar: „Wenn sich diese
Bundesregierung solchen konkreten Maßnahmen verweigert, müssen wir diese
auf dem Klageweg durchsetzen.“
26 Jan 2022
## LINKS
[1] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/20…
[2] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/deutsche-umwe…
[3] https://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/01_Umweltgutachten/2016_20…
[4] https://www.ipcc.ch/sr15/
[5] /CO2-Budget-fuer-Deutschland/!5642592
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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